Resistente Stärke vorteilhaft für Blutzucker von Kindern

Resistente Stärke gilt seit einiger Zeit als möglicher Stabilisator des Blutzuckers nach dem Essen. Das könnte helfen, Diabetes bei stark übergewichtigen Kindern zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. Bisher gibt es jedoch nur wenig Evidenz dazu.

Lebensmittel resistente Stärke

Übergewicht ist ein weltweites Gesundheitsproblem. Viele gesundheitliche Folgen treten nicht sofort, sondern erst einige Jahre später auf. Das macht vor allem Adipositas im Kindheitsalter zu einem ernsten gesundheitlichen Risiko für die Betroffenen aber auch für die Gesellschaft. Häufig steckt hinter der Erkrankung ein vielschichtiges Problem, zu dem auch die Ernährung zählt. Gelingt es, das, was Kinder und Jugendliche essen, so zu modifizieren, dass es zwar gut schmeckt und sättigt, aber weniger dick macht, könnte auch das Adipositasrisiko sinken.

Resistente Stärke

Eine Möglichkeit, wie das gelingen könnte, ist über resistente Stärke. Dabei handelt es sich um eine Form der Stärke oder von Stärkebruchstücken, die nicht im Dünndarm verdaut werden kann. Sie ist resistent gegenüber alpha-Amylasen. Erst im Dickdarm fermentieren Mikroben diese resistente Stärke zu kurzkettigen Fettsäuren und anderen Stoffwechselprodukten. Das wirkt sich auf den gesamten Stoffwechsel und vor allem den postprandialen Glukosemetabolismus aus: Mahlzeiten mit einem hohen Anteil an resistenter Stärke sättigen vermutlich nicht nur, sie können auch dabei helfen, dass der Blutzucker nach dem Essen weniger stark ansteigt. Bei gesunden Erwachsenen scheint sich eine solche Ernährung teilweise auch vorteilhaft auf den postprandialen Insulinspiegel auszuwirken. Zusätzlich wird die Darmflora positiv beeinflusst und erwünschte Mikroben im Dickdarm werden besser versorgt.

Resistente Stärken wirken sich aber nicht nur auf den Zuckerstoffwechsel aus. Auch die Hormone Peptid YY, Glucagon-like Peptide 1 (kurz GLP-1) und Leptin wurden in früheren Studien durch eine Ernährung reich an resistenter Stärke beeinflusst. Dieses Zusammenspiel könnte sich sogar positiv auf die Inzidenz verschiedener Dickdarmerkrankungen auswirken und das Erkrankungsrisiko vieler Menschen verringern.

Eine Studie aus Sri Lanka hat sich deshalb nun genauer mit dem Thema befasst. In Sri Lanka ist die Prävalenz von Kindheitsadipositas hoch. Gleichzeitig wird jedoch in der Sri Lankischen Küche ein Lebensmittel häufig verzehrt, das reich an resistenter Stärke, Proteinen, Mineralien und Vitaminen ist: Reis. Würde resistente Stärke auch den Stoffwechsel von Kindern positiv beeinflussen, könnte das möglicherweise helfen, ein Gesundheitsproblem möglichst früh anzugehen. Bisher gibt es jedoch kaum oder keine Studien zu den direkten metabolischen und hormonellen Effekten von Mahlzeiten reich an resistenter Stärke im Kindesalter. Die Daten der Sri Lankisch-Britischen Studie dazu wurden im Journal »Archives of Disease in Childhood« veröffentlicht.

Zielsetzung

Bisher gibt es kaum Daten dazu, wie sich resistente Stärke auf den Glukosemetabolismus in Kinderkörpern auswirkt. Deshalb sollte mit der Studie aus Sri Lanka untersucht werden, wie sich Testmahlzeiten mit verschiedenen Zusammensetzungen aus resistenter Stärke und Proteinen auf die Plasmaglukose, den Insulinspiegel, Sättigungsscores und Verdauungshormone sowie Leptin von adipösen Kindern ohne Diabetes auswirken. Als sekundäres Ziel sollte verglichen werden, wie gut verschiedene Testmahlzeiten die Kinder sättigen können.

Methodik

Einschlusskriterien

Für die einfach verblindete, nicht-randomisierte Cross-over-Studie wurden 20 adipöse Kinder zwischen 10 und 14 Jahren rekrutiert. Keines der Kinder durfte neben der Adipositas weitere Komorbiditäten haben. Um eingeschlossen zu werden, musste der BMI (Body-Mass-Index) der Kinder oberhalb der 95. Percentile liegen und sie sollten normotensiv sein. Zusätzlich durfte kein (Prä-)Diabetes vorliegen (HbA1c <5,7%); Lipidprofile und Leberenzyme mussten normwertig sein und das Leberparenchym im Ultraschall normal oder maximal im Stadium I einer Fettlebererkrankung liegen.

Ausgeschlossen wurden Kinder mit Adipositas per magna (BMI mehr als drei Standardabweichungen oberhalb der Norm), Prädiabetes oder Diabetes (HbA1c ≥5,7%), einem Gesamtcholesterin ≥200 mg/dL, LDL ≥130 mg/dL, Bluthochdruck, Fettleber Stadium II oder III, chronischen Erkrankungen, einer Ei- oder Linsenallergie oder mit vegetarischer Ernährung.

Studiendesign

Die Studie wurde zwischen Dezember 2019 und Juni 2020 am Lady Ridgeway Kinderkrankenhaus in Colombo 8 in Sri Lanka durchgeführt.

Von allen Kindern wurden vor Studienbeginn demographische Daten erfasst. In drei aufeinander folgenden Kurzinterventionen wurden untersucht, wie sich drei verschiedene Testmahlzeiten auf den Stoffwechsel der Kinder auswirken. Dafür sollten die Kinder am Tag vor der jeweiligen Intervention abends zwischen 19 und 20 Uhr eine fest vorgegebene letzte Mahlzeit zuhause einnehmen und anschließend für 12 Stunden nüchtern bleiben. Am nächsten Tag erhielten sie eine von drei bereits vorab gekochten und erneut aufgewärmten Testmahlzeiten. Anschließend wurde ihnen zu verschiedenen Zeitpunkten innerhalb der nächsten drei Stunden Blut abgenommen, während die Kinder ruhig sitzen bleiben sollten. Die Blutproben wurden auf den Blutzucker, das Insulin, Leptin, GLP-1, Ghrelin und Peptid YY untersucht. Zusätzlich wurden Sättigungsscores mittels visueller Analogskala für Kinder 15, 60, 120 und 180 Minuten nach der jeweiligen Testmahlzeit erfasst.

Die drei Testmahlzeiten bestanden aus 200 g gekochtem Suduru Samba Reis (M1), 200 g Reis gekocht mit 3 g Kokosnussöl (M2) oder 180 g Reis gekocht mit 3 g Kokosnussöl und 20g Linsen (M3). Die Testmahlzeiten M2 und M3 hatten jeweils einen höheren Kohlenhydratgehalt sowie mehr resistente Stärke als die Testmahlzeit M1. Der Gesamtproteingehalt war in der Testmahlzeit M3 am höchsten. Zwischen den einzelnen Testmahlzeiten lag jeweils eine einwöchige Wash-Out Phase, um eine gegenseitige Beeinflussung zu vermeiden.

Ergebnisse

In die Studie wurden 12 männliche und 8 weibliche Kinder zwischen 10 und 14 Jahren eingeschlossen. Der durchschnittliche BMI lag bei den Jungen bei 25,15 kg/m² (Interquartilenabstand [IQR] 23,6 bis 27,3) und bei den Mädchen bei 27,05 kg/m² (IQR 24,61 bis 29,6). Alle Kinder hatten Anzeichen einer Acanthosis nigricans und lagen oberhalb der 90. Perzentile.

Effekt der Mahlzeiten auf den Stoffwechsel

Die drei getesteten Mahlzeiten wirkten sich unterschiedlich stark auf den Glukosemetabolismus aus. Die Mahlzeit M2 hatte den höchsten Gehalt an resistenter Stärke (3,98 g), aber auch etwas mehr Kohlenhydrate als die Mahlzeit M3. Die Mahlzeit M3 hingegen hatte durch die Linsen den höchsten Proteingehalt, während die Mahlzeit M1 sowohl den niedrigsten Gehalt an resistenter Stärke (1,44 g) als auch Kohlenhydraten (39,9 g) hatte und mit 197,4 kcal knapp vor der Mahlzeit M2 mit 199,8 kcal lag.

Auf den postprandialen Blutzucker wirkten sich die drei Mahlzeiten sehr unterschiedlich aus. Nach der Mahlzeit M2 - der Mahlzeit mit Reis und Kokosnussöl - wurden signifikant niedrigere postprandiale Blutzuckerwerte gemessen als nach den Mahlzeit M1 und M3 (p<0,05 für den maximalen Blutzuckeranstieg im Vergleich zu nach M1 und p<0,01 nach M3). Auch der Insulinspiegel stieg hier auf maximal 181,1 pmol/L an und lag damit signifikant niedriger als bei den anderen Mahlzeiten (p<0,05). Ein möglicher Grund dafür ist, dass Kokosnussöl laut der Studie den Gehalt von resistenter Stärke in Mahlzeiten weiter erhöhen kann. Dadurch würde die Testmahlzeit M2 mit dem höchsten Gehalt an resistenter Stärke den Blutzuckerspiegel am geringsten beeinflussen.

Nach der Testmahlzeit M3 hingegen wurden signifikant höhere Plasmaglukosespiegel und ein signifikant stärkerer Plasmainsulinanstieg gemessen (jeweils p<0,05). Dafür war der Ghrelinspiegel im Plasma in den ersten zwei Stunden nach der Mahlzeit signifikant niedriger als nach den Testmahlzeiten M1 und M2 (p<0,05). Auf den Spiegel von Peptid YY, GLP-1 und Leptin wirkten sich die drei Testmahlzeiten nicht signifikant unterschiedlich aus. Auch die Sättigungsscores unterschieden sich nicht signifikant (p=0,09).

Fazit

Resistente Stärke kann sich vorteilhaft auf den Glukosemetabolismus nach der Mahlzeit auswirken. Diese bereits für Erwachsene geltende Erkenntnis scheint sich in der Studie aus Sri Lanka auch für adipöse Kinder zu bestätigen: Die Testmahlzeit, die am meisten resistente Stärke enthielt und keine weiteren Proteinquellen, führte zu den niedrigsten postprandialen Werten für Blutzucker und Insulinanstieg. Auf postprandiale Sättigungsscores wirkt sich das jedoch nicht unmittelbar aus.

Da es sich nur um eine kleine Studiengröße handelt, sind die Ergebnisse nur bedingt aussagekräftig. Auch Crossover-Effekte sind möglich, da zwischen den jeweiligen Testmahlzeiten nur eine Woche lag. Ob es sich bei adipösen Kindern wirklich langfristig positiv auswirkt, viel resistente Stärke zu essen, lässt sich deshalb nicht sagen und bedarf größerer Langzeitstudien.

Autor:
Stand:
20.01.2023
Quelle:

Suntharesan J. et al. Acute postprandial gut hormone, leptin, glucose and insulin responses to resistant starch in obese children: a single blind crossover study. Archives of Diseases in Childhood 2022, 108:47-52.

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