ERS 2022: AECOPD - Antibiotika oder nicht?

Die Mehrzahl der akuten Exazerbationen bei COPD sind auf eine Infektion mit respiratorischen Viren zurückzuführen. Damit sind Antibiotika nicht unbedingt Mittel der ersten Wahl: Sie sind bei viralen Infekten nicht wirksam, gehen aber mit Nebenwirkungen einher.

Entscheidung

Bisherige Studienergebnisse zur Notwendigkeit der Antibiose bei akuter Exazerbation einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung (AECOPD) ließen keine klaren Schlüsse zu. Um zu belegen, dass Antibiotika nicht zwingend bei AECOPD nötig sind, wurde in Deutschland die ABACOPD-Studie aufgelegt. Wie Professor Dr. Gernot G:U. Rohde in Barcelona berichtete, umfasste die Studie Personen, die sich mit einer moderaten AECOPD in einer Notaufnahme vorstellten, ohne dass ein akutes respiratorisches Versagen oder die Notwendigkeit der Aufnahme auf die Intensivstation bestand [1]. Eine ambulant erworbene Pneumonie als klare Indikation für eine Antibiose wurde mit einem Procalcitonin-Spiegel von < 0,25 ng/ml und/oder dem Fehlen von Lungeninfiltraten auf dem Röntgenthorax ausgeschlossen.

Antibiotische Vorbehandlung üblich

Geplant war die Rekrutierung von knapp 1.000 Patientinnen und Patienten innerhalb von 18 Monaten. An 32 Zentren in Deutschland konnten aber letztlich nur 294 Betroffene in die Studie eingeschlossen werden. Grund war, dass fast alle Patientinnen und Patienten in den 30 Tagen vor Erstvorstellung in der Notaufnahme bereits mit Antibiotika behandelt worden waren. Von den 294 Studienteilnehmerinnen und –teilnehmern ohne antibiotische Vortherapie erhielten randomisiert 150 Sultamicillin, 144 Placebo. Ziel war der Nachweis der Nichtunterlegenheit der Placebogruppe.

Primärer Endpunkt nicht erreicht: Placebo war unterlegen

Ein Behandlungsversagen trat bei 15,3% der Patientinnen und Patienten im Antibiotika-Arm und bei 25,0% der Patientinnen und Patienten im Placebo-Arm auf. Das ergab einen signifikanten Unterschied zugunsten der Therapie mit Sultamicillin, gestand Rohde. Er führte das negative Studienergebnis unter anderem darauf zurück, dass in der Analyse fehlende Daten im Antibiotika-Arm als Erfolg, im Placebo-Arm aber als Therapieversagen gewertet wurden. In einer Sensitivitätsanalyse, in der fehlende Daten in beiden Studienarmen als Therapieversagen gewertet wurden, fand sich kein Unterschied in der Rate des Therapieversagens (Sultamicillin: 28%; Placebo 25%). Das bestätigte auch eine Per-Protokoll-Analyse nur der behandelten Patientinnen und Patienten ohne die Studienabbrüche (Therapieversagen mit Sultamicillin 18%, mit Placebo 17%).

COPD-Schweregrad ist relevant

Das ABACOPD-Studienteam prüfte, welche Einflussfaktoren für das Therapieversagen eine Rolle spielen. Während Alter, Geschlecht, Rauchstatus und bereits stattgehabte Exazerbationen in den letzten zwölf Monaten keinen Unterschied machten, fand sich bei einem GOLD-Stadium I–II ein klarer Hinweis auf einen Vorteil für die Placebogruppe, bei GOLD III oder IV dagegen nicht. Deshalb glaubt Rohde, dass in Stadium I oder II einer COPD bei moderaten akuten Exazerbationen Antibiotika zunächst unnötig sind. Damit kann zumindest diesen Betroffenen das Risiko von Nebenwirkungen erspart werden. Der Behandlung zugeschriebene unerwünschte Ereignisse traten in der ABACOPD-Studie immerhin bei 16,7% der Betroffenen in der Sultamicillin-Gruppe auf (Placebo 4,2%).

Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert. Sie ist auf ClinicalTrials.gov unter der Nummer NCT01892488 registriert

Quelle:

Prof. Dr. Gernot G.U. Rohde: „Randomized double blind placebo-controlled study to demonstrate that antibiotics are not needed in moderate acute exacerbations of COPD - Results from the ABACOPD study“, ERS International Congress 2022, Barcelona 4. September 2022, Abstract OA753

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