
Hantavirus-Infektionen sind durch Hantaviren ausgelöste Erkrankungen, die hauptsächlich über den Kontakt mit infizierten Nagetieren und deren Exkrementen übertragen werden. Diese Viren gehören zur Familie der Bunyaviridae und sind weltweit verbreitet. Die beiden bedrohlichsten Syndrome, die durch Hantaviren verursacht werden, sind das Hantavirus-Kardiopulmonale Syndrom (HCPS) und das Hämorrhagische Fieber mit renalem Syndrom (HFRS).
Ätiologie
- Erreger: Hantaviren der Familie Bunyaviridae. Untergruppierungen sind Andes-, Dobrava-Belgrad-, Hantaan-, Puumala-, Seoul- und Sin-Nombre-Viren.
- Reservoir: Nagetiere, insbesondere Mäuse und Ratten.
- Übertragung: Inhalation von viruskontaminierten Aerosolen aus Nagetierexkrementen, Bisse, direkter Kontakt.
- Pathophysiologie: Hantaviren infizieren Endothelzellen, was zu erhöhter Gefäßpermeabilität und vaskulärer Dysfunktion führt.
Vorkommen
- Verbreitung: Weltweit, mit unterschiedlichen Hantavirus-Typen je nach Region. In Deutschland sind insbesondere Puumalavirus (PUUV) und Dobrava-Belgrad-Virus (DOBV) verbreitet.
- Fallzahlen: Die jährlich nach Infektionsschutzgesetz gemeldeten Hantavirus-Fälle in Deutschland schwanken stark, von einem Minimum von 72 Fällen im Jahr 2006 bis zu einem Maximum von 2.825 Fällen im Jahr 2012. Erhöhte Infektionszahlen treten etwa alle zwei bis drei Jahre auf, hauptsächlich konzentriert auf bestimmte Regionen Deutschlands.
Symptome
- Inkubationszeit: zwei bis vier Wochen.
- Ein Großteil der Infektionen verläuft asymptomatisch oder mit milden, unspezifischen Symptomen. Der weitere Krankheitsverlauf hängt vom Virentyp ab.
Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS)
- 1. Phase: Hohes Fieber, Schüttelfrost, Lethargie, Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Sehstörungen, gelegentlich Haut- und Schleimhautblutungen oder Petechien, Erythem der oberen Körperhälfte, konjunktivale Blutungen, Epistaxis.
- 2. Phase: Akuter Blutdruckabfall, Thrombozytopenie. Kann zum Schock führen.
- 3. Phase: Akute tubulointerstitielle Nephritis, Nierenversagen mit tubulärer Proteinurie und Hämaturie, gelegentlich Lungenbeteiligung.
Bei Überlebenden verbessert sich die Nierenfunktion nach drei bis zehn Tagen, ein Übergang in eine chronische Niereninsuffizienz ist selten. Die Letalität liegt bei fünf bis 15%.
Nephropathia epidemica
Bei Infektionen durch die in Deutschland endemischen Virusarten, PUUV und DOBV, kommt es meistens zu einer abgemilderten Form des HFRS mit einer Letalität von unter einem Prozent:
- Symptome: Fieber, kolikartige Flankenschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen, Meningismus, Sehstörungen und konjunktivalen Einblutungen.
Hantavirus-Kardiopulmonales Syndrom (HCPS)
Dieser Verlauf wird hauptsächlich durch Hantaviren, die in Nord- und Südamerika endemisch sind, ausgelöst. Die Letalität liegt bei 25 bis 40%.
- 1. Phase: unspezifische Symptome wie Schwindel, Übelkeit und Erbrechen, Bauchschmerzen.
- 2. Phase: Husten, Tachypnoe und Dyspnoe, Lungenödem, kardiale und pulmonale Insuffizienz, Entwicklung ARDS.
Diagnostik
- Anamnese und klinische Untersuchung: Erhebung epidemiologischer Hinweise auf Nagetierkontakt und typische klinische Symptome.
- Serologie: Nachweis von Hantavirus-spezifischen IgM- und IgG-Antikörpern.
- PCR: Direktnachweis von Hantavirus-RNA in Blut oder Gewebeproben, nur in früher Krankheitsphase möglich.
Therapie
- Keine kausale Therapie verfügbar.
- Symptomatische Therapie: Schmerz- und Fiebermanagement, Kreislaufunterstützung, ggf. intensivmedizinische Überwachung.
Prophylaxe/Impfung
- Aktuell (Juli 2024) ist keine Impfung verfügbar.
- Expositionsprophylaxe: Maßnahmen zur Vermeidung von Kontakt mit Nagetieren und deren Exkrementen.
- Hygienemaßnahmen: Regelmäßige Reinigung und Desinfektion von Bereichen mit möglichem Nagetierbefall, Bekämpfung von Nagetieren im direkten Wohnbereich.