
Die Entwicklung des Mikrobioms setzt mit der Geburt ein und dauert zwei bis drei Jahre, wie Professor Dr. Liam O’Mahony von der University of Ireland in Cork erläuterte. Und sie hängt von vielen Faktoren ab: Schon bei der Geburt per via naturalis sammelt das Neugeborene Bakterien. Weiter geht es mit der Ernährung: Brustfütterung und später die Art sowie die Zubereitung und Fütterungsmethode der Nahrungsmittel sorgen für die Aufnahme von mehr Bakterien-Spezies.
Diverses Mikrobiom, gutes Immunsystem
Weitere Einflüsse sind beispielsweise der Gesundheitszustand der Mutter oder Arzneimittel, die in der Pränatalphase bzw. in der frühen Kindheit aufgenommen wurden. Auch die Wohnverhältnisse, Toxin-Exposition (Rauchen!) und Haustiere beeinflussen das Mikrobiom. Ein weiterer Faktor: das soziale Umfeld. Babys inkorporieren ebenfalls Bakterien, die vom Kontakt mit Geschwistern, weiteren Verwandten, Freunden der Familie etc. stammen. Im Prinzip gilt hier: je mehr und je verschiedener die Keime, desto besser für ein starkes Immunsystem, dass zwischen „eigen“ und „fremd“ unterscheiden kann.
Wenig Sozialkontakte durch Lockdown
Was aber, wenn nur wenige Keime aufgenommen werden? Welche Auswirkungen hat es in Bezug auf die Allergie-Häufigkeit, wenn diese Sozialkontakte wegfallen? Das wollten Wissenschaftler der Universität Dublin herausfinden. Dazu nutzen sie die bisher nie dagewesene Situation des Lockdowns während der Corona-Pandemie. Die staatlich verordnete Kontaktbeschränkung führte zu tiefgreifenden Einschränkungen im Sozialverhalten – sowohl familiär als auch im erweiterten sozialen Umfeld. In die CORAL-Studie (Längsschnittstudie zu den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf allergische und autoimmune Dysregulationen) wurden die Lebensverhältnisse von Säuglingen untersucht, die von März bis Mai 2020 – also während des ersten irischen Lockdowns − geboren worden waren. Es wurden 365 Kinder in die Studie aufgenommen. Im Alter von sechs Monaten füllten die Eltern einen Fragebogen zu Impfungen und Ernährung (Stillen, Zeitpunkt und Art der Zufütterung etc.) aus. Zudem wurde eine Stuhlprobe untersucht, die im Alter von 12 und 24 Monaten wiederholt wird. Des Weiteren erfolgen Allergietests im Alter von einem und zwei Jahren.
Allergie-Inzidenz steigt
Wie O’Mahony berichtete, liegen jetzt ganz aktuell die Ein-Jahres-Daten zur Allergiehäufigkeit vor: Verglichen mit einer Baby-Gruppe, die vor dem Lockdown geboren worden war (n= 1540) haten 7% der CORAL-Kinder auf mindestens ein Nahrungsmittelallergen reagiert (Kontrollgruppe 4%). Eine Atopische Dermatitis haben 25,3% der CORAL-Kinder entwickelt, bei der Vergleichsgruppe waren es nur 15,5%. Die Untersuchungen zum Mikrobiom laufen noch, doch ist davon auszugehen, dass die erhöhte Allergiehäufigkeit mit einem eingeschränkten Keimspektrum im Darmmikrobiom korreliert, so O‘Mahony.