
In den vergangenen Wochen häuften sich Berichte über Abrechnungsbetrug in Testzentren. Zum 1. Juli 2021 tritt nun eine Änderung der Coronavirus-Testverordnung (TestV) in Kraft, die strengere Regelungen für Testzentren einführt. Zeitlich wird die Vergütung für die Durchführung von Antigen-Schnelltests gesenkt. Die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatten sich zum Referentenentwurf kritisch geäußert. Die ABDA befürchtete, dass einige Apotheken künftig keine Tests mehr durchführen werden. In der neuen Verordnung wurde ein Teil der Forderungen berücksichtigt.
Beauftragung nach individueller Prüfung
Künftig gilt für privaten Teststellen keine Beauftragung durch Allgemeinverfügung mehr. Stattdessen kann eine Teststelle nur noch nach individueller Prüfung durch den öffentlichen Gesundheitsdienst beauftragt werden. Die Kriterien hierfür wurden konkretisiert.
ABDA forderte Sonderstellung
Die ABDA hatte in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf der neuen Testverordnung gefordert, Apotheken als berechtigte Leistungserbringer nach §6 Abs. 1 Nr. 3 TestV aufzunehmen oder die Vorgaben je nach Leistungserbringer abzustufen. Man könne bei Apotheken als Institutionen der Daseinsvorsorge unter staatlichem Auftrag und Überwachung grundsätzlich von einer ordnungsgemäßen und zuverlässigen Durchführung der Tests und entsprechender Anforderungen ausgehen. Das Gleichsetzen von Einrichtungen des Gesundheitswesens mit beliebigen gewerblich tätigen Dritten sei nach Meinung der ABDA verfehlt und sollte dringend korrigiert werden. Es lägen keinerlei Nachweise oder Erkenntnisse dazu vor, dass Einrichtungen des Gesundheitswesens auf der Grundlage der bisherigen Regelungen unsachgemäß oder gar in illegaler Weise agiert hätten.
Apotheken sind unmittelbar berechtigte Leistungserbringer
Der Gesetzgeber kam den Forderungen der ABDA nach. Neben Arztpraxen sind nun auch Zahnarztpraxen, Apotheken, medizinische Labore sowie Rettungs- und Hilfsorganisationen unmittelbar zur Erbringung der Leistung nach der Testverordnung berechtigt. Damit entfällt die Notwendigkeit einer Beauftragung zur Durchführung der Tests. Es entfällt damit im Gegensatz zu gewerblichen Dritten auch der Nachweis, dass infektionsschutz-, arbeitsschutz- und medizinprodukterechtliche Anforderungen gewährleisten werden können sowie der Nachweis der Zuverlässigkeit und Testkapazität.
Mehr Prüfmöglichkeiten für KVen
Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die die Abrechnungen kontrollieren, erhalten mit der neuen Verordnung mehr Prüfmöglichkeiten. Sie prüfen die Abrechnungen sowie deren Plausibilität und können stichprobenartig, wenn dazu Veranlassung besteht die korrekte Durchführung und Abrechnung der Tests überprüfen. Dazu müssen auf Verlangen alle erforderlichen Auskünfte und Dokumente herausgegeben werden. Zu Unrecht gewährte Vergütungen werden zurückgefordert.
Erhöhter Dokumentationsaufwand
Im Vergleich zu den bisherigen KBV-Vorgaben wird der Inhalt der Auftrags- und Leistungsdokumentation stark erhöht. Insbesondere die vorgesehene personenbezogene Dokumentation jedes einzelnen Tests ist mit hohem Aufwand und entsprechenden Datenschutzvorkehrungen verbunden. Künftig müssen die folgenden Angaben zum Nachweis dokumentiert werden.
- Öffnungszeiten des Leistungserbringers und Anzahl der testenden Personen pro Tag
- Bei der Abrechnung von Sachkosten: Kaufvertrag oder Rechnung bzw. bei unentgeltlicher Bereitstellung Nachweis des Bezugs
- Von jeder getesteten Person: Vorname, Familienname, Geburtsdatum und Anschrift der getesteten Person, Art der Leistung, Testgrund, Tag und Uhrzeit, Ergebnis und Mitteilungsweg
- PoC-Antigentests oder Antigentests zur Eigenanwendung: individuelle Test-ID gemäß der Marktübersicht des BfArM
- Positives Testergebnis: Nachweis der Meldung an das zuständige Gesundheitsamt
- Schriftliche oder elektronische Bestätigung der getesteten Person oder ihres gesetzlichen Vertreters über die Durchführung des Tests
Daten bis 31. Dezember 2024 speichern
Die Informationen sind lokal zu dokumentieren und bis zum 31. Dezember 2024 aufzubewahren und zu speichern. Es erfolgt keine Übermittlung an die KVen zur Abrechnung. Die Dokumente müssen aber auf Verlangen bei gezielter Überprüfung durch die KV vorgelegt werden.
KBV kann weitere Nachweise verlangen
Die KBV soll außerdem bis zum 9. Juli festlegen, welche Abrechnungsunterlagen von den Teststellen künftig außerdem gefordert sind, um die korrekte Auftrags- und Leistungsdokumentation zu erbringen. Ab 1. August sollen alle Teststellen darüber hinaus der zuständigen Gesundheitsbehörde monatlich standortbezogen die Zahl der von ihnen erbrachten Bürgertestungen und die Zahl der positiven Testergebnisse melden.
Senkung der Vergütung
Die neue Verordnung differenziert bei der Vergütung der Tests auf das Coronavirus nicht mehr zwischen den Leistungserbringern. So erhalten alle Testenden ein vermindertes Honorar von 11,50 Euro pro Test, die sich aufteilen in 8 Euro für die Durchführung und 3,50 Euro für die Sachkosten. Zum Vergleich: zuvor betrug die Vergütung für Apotheken insgesamt 18 Euro, zusammengesetzt aus 12 Euro für die Durchführung und 6 Euro für die Sachkosten. Begründet wird die Senkung damit, dass aufgrund der Manipulationsanfälligkeit der tatsächlichen Kosten, der Höchstbetrag entfällt und in jeden Fall immer die Pauschale vergütet wird. Durch die Vergütungsanpassung werde zudem den Marktentwicklungen Rechnung getragen.
Digitales Testzertifikat enthalten
In den 8 Euro für die Durchführung der Tests ist künftig auch die Erstellung eines digitalen COVID-19-Testzertifikats eingeschlossen. Ab 1. August soll die Vergütung der Bürgertests nur noch gewährt werden, wenn die Teststellen die Erstellung des Zertifikats und die Ergebnismitteilung über die Corona-Warn-App (CWA) anbieten.
Selbsttests unter Aufsicht
Die geänderte Verordnung sieht zudem vor, dass neben Antigen-Schnelltests auch überwachte Selbsttests zur Eigenanwendung in Testzentren oder Arztpraxen möglich sind inklusive eines Zertifikats über das Ergebnis. Diese sind allerdings nicht für Bürgertestungen zugelassen.
Einheitliche Vergütung für Sachkosten
Bei der Vergütung der Sachkosten wird nicht mehr wie im Referentenentwurf zwischen Selbst- und PoC-Antigentests unterschieden. Die KBV hatte in ihrer Stellungnahme zu bedenken gegeben, dass dies Möglichkeiten für Falschabrechnungen eröffnen würde. Für die Überwachung dieser Tests vor Ort sind nach wie vor 5 Euro vorgesehen.
Genesenenzertifikate
Eine Neuerung in der Testverordnung ist die Einführung und Vergütung für COVID-19-Genesenenzertifikate. Mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes Ende Mai 2021 wurde Apotheken das Ausstellen dieser sowie von Test- und Impfzertifikaten ermöglicht. Die Vergütung pro Genesenenzertifikat soll künftig 6 Euro betragen, sofern Systeme verwendet werden, die vom Robert-Koch-Institut dafür bereitgestellt werden. Wollen Ärzte beispielsweise ihr eigenes Praxisverwaltungssystem nutzen, wird die Vergütung auf 4 Euro gesenkt, wie bei den Impfzertifikaten auch.
Technische Lösung steht noch aus
Die Ausstellung von Test- und Genesenenzertifikaten ist bisher nicht möglich. Das Robert-Koch-Institut (RKI) schafft laut ABDA aber derzeit die technischen Voraussetzungen. Wie bei den Impfzertifikaten auch werden die Nachweise nach Übermittlung festgelegter Daten durch die Apotheke an das RKI von diesem generiert.