
Ob ambulante COVID-19-Patienten ein erhöhtes Risiko für eine venöse Thromboembolie (VTE) haben, ist umstritten. Unklar sind auch die Zusammenhänge zwischen einer Corona-Schutzimpfung und einer COVID-19-bedingten VTE; ebenso wenig gibt es Studien zu klinischen und genetischen Risikofaktoren. Eine retrospektive Kohortenstudie mit knapp 19.000 ambulanten COVID-19-Patienten wies jetzt ein klinisch relevant erhöhtes VTE-Risiko in der Akutphase der Infektion nach. Die Studienergebnisse sind im Fachmagazin »JAMA Internal Medicine erschienen.
Zielsetzung
Wissenschaftler von der University of Oxford, England, untersuchten die klinischen und genetischen Risikofaktoren für akut auftretende venöse Thromboembolien bei ambulanten Patienten mit COVID-19. Darüber hinaus analysierten sie den Einfluss der Corona-Impfung.
Methodik
Die retrospektive bevölkerungsbasierte Kohortenstudie umfasste 18.818 ambulante Patienten mit COVID-19 und 93.179 per Propensity-Score angepasste nicht infizierte Teilnehmer. Als primärer Studienendpunkt waren tiefe Venenthrombosen und Lungenembolien innerhalb von 30 Tagen nach einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus festgelegt. Das Alter der Patienten betrug im Schnitt 64,3 Jahre. Alle Daten entstammten der UK Biobank.
Ergebnisse
Bei den ambulanten COVID-19-Patienten war eine SARS-CoV-2-Infektion innerhalb des Beobachtungszeitraums mit einem erhöhten VTE-Risiko verbunden. Die Inzidenzrate bei den COVID-19-Betroffenen lag bei 50,99 pro 1.000 Personenjahre – verglichen mit 2,37 pro 1.000 Personenjahre bei den nicht Infizierten (HR, 21,42; 95%-KI: 12,63–36,31). Vollständig geimpfte Personen wiesen ebenfalls ein erhöhtes VTE-Risiko auf, wenngleich dies deutlich abgeschwächter war als bei den Nicht-Geimpften (HR, 5,95; 95%-KI, 1,82–19,5; p für Interaktion 0,02). Als unabhängige Risikofaktoren für eine COVID-19-assoziierte VTE wurden ermittelt:
- Höheres Lebensalter (HR 1,87 pro 10 Jahre)
- Männliches Geschlecht (HR 1,69)
- Adipositas (HR 1,83)
- Unvollständiger Impfstatus oder keine Impfung (HR 27,94)
- Angeborene Thrombophilie wie die Faktor-V-Mutation Typ Leiden bzw. APC-Resistenz (HR 2,05)
Fazit
Ambulante Patienten mit COVID-19 haben in der akuten Phase ein klinisch relevant erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien. Die Studienergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer Impfung, liefern Informationen zur VTE-Risikostratifizierung und zeigen den Bedarf an gezielten VTE-Prophylaxe-Strategien für ungeimpfte ambulante Patienten mit COVID-19, resümieren die Studienautoren.