
Die Gruppe der Menschen, die der Corona-Impfung skeptisch gegenüberstehen, umfasst auch RisikopatientInnen, unter anderem solche die einer Hämodialyse bedürfen. Diese haben ein besonders erhöhtes Infektionsrisiko, weil die von den Nieren nicht ausreichend ausgeschiedenen Stoffwechselendprodukte im Körper akkumulieren und das Immunsystem schwächen. Darüber hinaus werden bei der Hämodialyse Antikörper ausgewaschen und die Funktion der Abwehrzellen beeinträchtigt.
Dennoch wird auch in dieser Hochrisikogruppe über den Nutzen eines an die Omikron-Varianten angepassten mRNA-Impfstoffs nach einer Grundimmunisierung diskutiert, schreibt das Uniklinikum Würzburg (UKW) in einer Pressemitteilung [1]. Eine Arbeitsgruppe um Prof. Martina Prelog, Immunologin am UKW, untersuchte jetzt die Immunantwort auf einen bivalenten Booster bei hämodialysepflichtigen PatientInnen. Die Ergebnisse wurden im „New England Journal of Medicine“ (NEJM) publiziert [2].
Immunantwort nach 5. Booster ausgewertet
Das Team hat mehr als 120 DialysepatientInnen im Würzburger KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation von der ersten Covid-19-Impfung an begleitet. 55 von ihnen entschieden sich nach der vierten Impfung für einen fünften Booster mit einem angepassten Impfstoff. 18 von ihnen hatten vor kurzem eine Omikron-Durchbruchsinfektion erlitten.
Im Detail wurden sechs und zwei Wochen vor der fünften adaptierten Impfung sowie zwei und vier Wochen danach:
- die Antikörperkonzentration im Serum gemessen
- die neutralisierende Wirkung gegen BA.4 und BA.5. bewertet
- die Bindungsaktivität der Antikörper gegen ihre Antigene bestimmt
Erneute Auffrischung erhöht Antikörperspiegel
Der erste Schutzschirm der Antikörper nahm sehr rasch ab, sagte Luise Schäfer, Doktorandin und Mitglied der Forschergruppe – obschon Personen mit einer Durchbruchsinfektion vor der fünften Impfung deutlich höhere Antikörperspiegel aufwiesen.
Von zwei Wochen vor bis zwei Wochen nach der fünften Impfung stieg die Anti-Spike-IgG-Konzentration in beiden Gruppen an:
- bei den PatientInnen mit einer Durchbruchsinfektion um den Faktor 2,5
- bei denjenigen, die ausschließlich Kontakt mit der mRNA für das Impf-Spike-Protein hatten, um den Faktor 7,3 [2]
Am Ende waren die Antikörper-Konzentrationen nach der Impfung in beiden Gruppen ähnlich hoch.
Hoher Nutzen bei Omikron-naiven Personen
Der Studie zufolge profitierten insbesondere die 37 Personen, die sich noch nicht mit der Omikron-Variante von SARS-CoV-2 infiziert hatten und bei denen die Antikörper zuvor deutlich abgefallen waren. „Mit der Verabreichung einer mRNA-Auffrischungsimpfung gegen Omikron lassen sich die neutralisierenden Antikörper jedoch wieder auf ein höheres Level bringen“, berichtet Schäfer [1].
Neutralisationsfähigkeit und Bindungsaktivität der Antikörper gestiegen
Die Neutralisationsfähigkeit der Antikörper gegen die neuen Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 war nach der fünften Impfung signifikant erhöht. Bei den Patienten ohne Durchbruchinfektion stieg sie zwei Wochen nach der adaptierten Auffrischung um den Faktor 4,9 gegen BA.4 und um den Faktor 3,3 gegen BA.5 [2].
Bei der Anti-Spike-IgG-Bindungsaktivität verzeichneten die Forschenden vier Wochen nach der Impfung einen Anstieg um 17% [2].
Fazit
Die Publikation zeigte als eine der ersten Arbeiten, dass mehrfach geimpfte dialysepflichtige PatientInnen Vorteile in der humoralen Immunabwehr haben, heißt es in der Pressemitteilung. Während die zelluläre Immunantwort, speziell die Abwehr durch T-Lymphozyten relativ konstant blieb, war die Antikörperantwort nach dem bivalenten Booster beindruckend, so Prelog.
„Immunologisch gesehen können also gerade Risikopatienten, wie Dialysepflichtige, von regelmäßigen Auffrischungsimpfungen profitieren, da sie dadurch hohe Antikörperspiegel entwickeln, die auch Immunfluchtvarianten wie Omikron gut neutralisieren können“, kommentiert die Immunologin [1].