Lebendimpfstoff: Geringes Risiko für Schwangere

Generell sollten bei Schwangeren keine Lebendimpfstoffe eingesetzt werden. Geschieht dies dennoch einmal, sind die Schäden offenbar geringer als erwartet, vor allem wenn es sich um Vakzine mit abgeschwächten Erregern handelt.

Schwangere-Arzt

Im Prinzip müssten Schwangere wie Immunsupprimierte behandelt werden. Ihr Immunsystem ist heruntergefahren, weil sie die zum Teil fremden DNA-Bestandteile des Kindes tolerieren müssen. Diese Immunmodulation trägt allerdings auch dazu bei, dass die werdenden Mütter empfänglicher für Infektionen sind und diese auch schwerer verlaufen können. Dies ist mit ein Grund weswegen bei Schwangeren von der Impfung mit Lebendvakzinen abgeraten wird.

Kann man bei Epidemien doch LAV impfen?

Nun kann es aber zu Situationen kommen, bei denen dennoch eine Impfung nötig ist – beispielsweise beim Ausbruch einer Epidemie. Wie groß ist also das Risiko von Schwangen und ihrem Nachwuchs bei einer Impfung mit abgeschwächten Lebendimpfstoffen (LAV= live attenuated vaccine)? Um diese Frage zu beantworten haben mexikanische Wissenschaftler 15 Studien analysiert, bei denen LAV gegen Pocken, Röteln, Poliomyelitis (orale Vakzine), Gelbfieber und Dengue-Fieber eingesetzt wurden. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich auf die gesamte Schwangerschaft inklusive drei Monate vor der Konzeption.

Kein Risiko für Fehl- und Frühgeburt

Ergebnis: Generell ließ sich kein Zusammenhang zwischen der LAV und Schäden für die Schwangerschaft finden. Im Einzelnen betrug das Risiko (Odds Ratio OR, Konfidenzintervall= KI) für

  • Totgeburt OR 1.04; (95% KI 0.74-1.48), Daten aus neun Studien
  • Fehlgeburt OR 0.98; (95% KI 0.87-1.10), Daten aus neun Studien
  • Angeborene Fehlbildungen OR 1.09; (95% KI 0.98-1.21), Daten aus zwölf Studien
  • Frühgeburt OR 0.99; (95% KI 0.90-1.08), Daten aus nur fünf Studien
  • Tod der Neugeborenen OR 1.06 (95%KI 0.68-1.65), Daten aus fünf Studien

Fehlbildungsrisiko nur bei Pocken-Impfstoff

Lediglich bei der Impfung mit abgeschwächtem Pockenimpfstoff ließ sich ein Zusammenhang mit Problemen feststellen: So war das Risiko für  Fehlbildungen um etwa ein Viertel erhöht (OR 1.24; 95% KI 1.03–1.49); das Risiko für Fehlgeburten war um das Vierfache gesteigert, wenn die Pockenimpfung nach dem ersten Trimester stattgefunden hatte  (OR 4.82; 95% KI 2.38–9.77).

Schlechte Studienqualität

Obwohl sich in dieser Metaanalyse keine Belege für Schwangerschaftsrisiken durch LAV finden ließen, schränken die Autoren das Ergebnis dahingehend ein, dass die Studienqualität insgesamt zu wünschen übrigließ. Auch wenn das Risiko für eine Impfung mit abgeschwächten Lebendimpfstoffen nur klein erscheine, müsse es immer gegenüber dem Nutzen für Mutter und Kind abgewogen werden.

Autor:
Stand:
30.04.2020
Quelle:
  1. Laris-González A et al. (2020):  Safety of Administering Live Vaccines During Pregnancy: A Systematic Review and Meta-Analysis of Pregnancy Outcomes. Vaccines (Basel). 2020;8(1). doi: 10.3390/vaccines8010124. PMID: 32168941
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