Pränatale Opioidanalgetika-Exposition erhöht das ADHS-Risiko

Wenn Schwangere Opioid-Analgetika einnehmen, steigt damit das Risiko fürs Kind, später ein Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) zu entwickeln. Allerdings ist dieses erhöhte Risiko laut einer norwegischen Studie erst ab einer Einnahmedauer von mehr als fünf Wochen nachweisbar.

ADHS

Eine Schwangerschaft ist zweifellos eine körperliche Belastung – noch schwerer wird es, wenn Schmerzen wie Migräne oder Rückenschmerzen hinzukommen. In den letzten Jahren werden Opioid-Analgetika zunehmend häufiger auch bei nicht -tumorbedingten Schmerzen verordnet − ein Trend, der auch Schwangere betrifft. Die Prävalenzschätzungen bei schwangeren Frauen reichen von 1 % in multinationalen Erhebungen auf der Grundlage von Selbstauskünften der Mütter bis zu 3 % in Norwegen und 14 %-28 % in den USA.

ADHS-Risiko durch Drogen bekannt

Nun stellt sich bei jeder Substanz, die Schwangere einnehmen, die Frage, ob diese dem Kind schadet. Aus früheren Studien mit Schwangeren, die illegale Morphin-Derivaten konsumiert hatten, ist bekannt, dass damit ein erhöhtes Risiko für eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei den Nachkommen verbunden ist. Doch wie sieht es damit bei den legalen Opioid-Analgetika bei Schwangeren aus? Das wollten norwegische Forscher wissen.

Norwegische Kohortenstudie

Für ihre Kohortenstudie verwendeten sie Daten der norwegischen Mutter-, Vater- und Kind-Kohortenstudie (1999-2008), die mit nationalen Gesundheitsregistern verbunden ist. Insgesamt wurden die Daten von 73.784 lebend geborene Einzelkinder von 62.013 Müttern, die vor und/oder während der Schwangerschaft über eine schmerzbedingte Erkrankung berichteten, ausgewertet.

Dauer der Opioid-Analgetika-Therapie

Der Opioid-Konsum wurde auch daraufhin analysiert, wann im Schwangerschaftsverlauf (früh und mittel und/oder spät) und wie lange diese Analgetika (≥5 Wochen vs. ≤4 Wochen) eingenommen worden waren.

Im Hinblick auf die ADHS-Diagnose der Kinder im Alter von fünf Jahren wurde unterschieden, ob schon eine ADHS-Diagnose gestellt wurde oder ob die Kinder nur einzelne Symptome des ADH-Syndroms zeigten (gemessen mit der Conners Parent Rating Scale-Revised).

Insgesamt wurden 73.480 Kinder auf ADHS bzw. ADHS-Symptome hin analysiert. Dabei fanden sich insgesamt 1.726 Kinder mit manifester ADHS-Diagnose (2,3 %) und 667 Kinder mit ADHS-Symptomen (2,1 %), die mindestens einmal während der Schwangerschaft einem analgetischen Opioid ausgesetzt waren. Die häufigsten berichteten Schmerzzustände waren Migräne (43,5 %), Rückenschmerzen (43,0 %) und Schmerzen im Beckengürtel (23,2 %).

Erhöhtes ADHS-Risiko bei 5 Wochen Exposition

Es wurde kein Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der pränatalen analgetischen Opioidexposition und der ADHS-Diagnose oder den Symptomen gefunden. Anders bei der Einnahmedauer: Eine Exposition von 5 oder mehr Wochen war mit einem erhöhten Risiko für eine ADHS-Diagnose verbunden (HR, 1,60, 95% CI, 1,04-2,47). Bei einer Exposition von 4 Wochen oder weniger ergab sich kein erhöhtes Risiko. Ebenfalls wurde kein Zusammenhang zwischen der pränatalen Opioid-Exposition und dem Auftreten von ADHS-Symptomen gefunden.

Weitere Studien nötig

Die Autoren warnen davor, ihr Ergebnis dahingehend zu interpretieren, dass Opioid-Analgetika bei einer Einnahme unter fünf Wochen ungefährlich im Hinblick auf das ADHS-Risiko seien. Vielmehr plädieren sie für weitere Studien, um dieses Ergebnis zu verifizieren.

Autor:
Stand:
02.12.2021
Quelle:

Trønnes JN et al. (2021): Association of Timing and Duration of Prenatal Analgesic Opioid Exposure With Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder in Children. JAMA Netw Open. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2021.24324. PMID: 34524436

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