
Hintergrund
Die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 mit ihren zahlreichen Sublinien kann sich auf bemerkenswerte Weise den durch eine vorherige Impfung oder Infektion ausgelösten humoralen Immunantworten entziehen. Hier sollten bivalente Formulierungen, die auf den Vorläuferstamm von SARS-CoV-2 und den Omikron-Varianten BA.4/BA abzielen, helfen.
Mittlerweile wurden solche Corona-Impfstoffe sowohl von BioNTech/Pfizer als auch von Moderna als Auffrischimpfung zugelassen. Trotz der breiten Anwendung ist bislang aber wenig über die beim Menschen induzierten Antikörperreaktionen bekannt. Dies könnte daran liegen, dass die Wirksamkeit weniger gut ist als erhofft. Darauf deuten Studiendaten hin, die bislang allerdings nur als Preprint auf dem Server „BioRxiv“ erschienen sind.
Zielsetzung
Eine Arbeitsgruppe um Dr. Qian Wang vom Columbia University Irving Medical Center analysierte die Titer an neutralisierenden Antikörpern von mehreren Kohorten:
- Personen, die drei oder vier monovalente mRNA-Impfstoffdosen erhalten hatten
- Personen, die nach einer monovalenten mRNA-Impfung eine Durchbruchsinfektion mit der Omikron BA.4/BA.5-Variante durchlebten
- Personen, die mit BA.4/5-adaptierten bivalenten Impfstoffformulierungen geboostert wurden
Methodik
Unter Verwendung von Pseudovirus-Neutralisationsassays wurden die Seren auf das Neutralisierungspotenzial gegen den wildtypnahen SARS-CoV-2-Stamm D614G, gegen die Omikron-Sublinien BA.1, BA.2, BA.4/BA.5, BA.4.6, BA.2.75 und BA.2.75.2 sowie gegen mehrere verwandte Sarbecoviren, darunter SARS-CoV, GD-Pangolin, GX-Pangolin und WIV1, getestet.
Ergebnisse
Etwa drei bis fünf Wochen nach der Auffrischimpfung wiesen Personen, die als vierte Impfdosis einen bivalenten mRNA-Impfstoff gegen BA.4/BA.5 erhalten hatten, ähnliche neutralisierende Antikörpertiter auf wie diejenigen, die mit einer monovalenten mRNA-Impfstoffdosis geboostert worden sind. Dies bezog sich auf alle getesteten SARS-CoV-2-Varianten, einschließlich BA.4/BA.5.
Interessante Ergebnisse gab es auch bei den untersuchten Sarbecoviren. Hier zeigten die Probanden mit einer vierten Impfung eines monovalenten Impfstoffs leichte, aber signifikant höhere Titer an neutralisierenden Antikörpern gegen SARS-CoV, GD-Pangolin und WIV1 als diejenigen, die mit dem adaptierten Impfstoff geimpft worden waren.
Fazit
Ein als vierte Dosis verabreichter bivalenter BA.4/BA.5-mRNA-Impfstoff löste beim Menschen innerhalb des getesteten Zeitraums keine überlegene neutralisierende Antikörperreaktion aus als eine Auffrischimpfung mit der ursprünglichen monovalenten Impfstoffformulierung. Nach Ansicht der Studienautoren könnte das auf eine immunologische Prägung hindeuten. Ein abschließendes Urteil sei anhand der Daten aber nicht möglich. Folgestudien müssten zeigen, ob sich die Antikörperreaktionen auf den bivalenten Impfstoff mit der Zeit verändern, so die Forschenden.