
Das ambitionierte Ziel von UNAIDS (Aids-Programm der Vereinten Nationen) zur Diagnostik und Behandlung von HIV-Trägern ist für Deutschland annähernd erreicht. Deutlich schlechter sieht es hingegen für Europa insgesamt und im Speziellen für Osteuropa aus, wie Experten auf der Europäischen AIDS-Konferenz beklagten. Das AIDS-Programm der Vereinten Nationen (UNAIDS) lautet 90-90-90 und sieht vor, bis Januar 2020 90% der HIV-Träger zu diagnostizieren, davon wieder 90% zu behandeln und wiederum bei 90% die Virussuppression zu erreichen. Laut Robert-Koch-Institut (Epidemiologisches Bulletin 46-19, vom 14.11.2019) geht man davon aus, dass 88% der HIV-Träger in Deutschland diagnostiziert wurden; 93% werden mit einer antiretroviralen Therapie (ART) behandelt und bei 95% ist dies auch erfolgreich, wie Dr. Luisa Hellmich auf der Tagung der Dermatologischen Wissenschafts- und Fortbildungsakademie in Köln berichtete.
Damit ergänzte sie die epidemiologischen Daten, die auf der 17. Europäischen AIDS-Konferenz in Basel vorgestellt wurden. Danach leben in der europäischen WHO-Region 2,2 Millionen Menschen mit HIV.
Der Westen ist nah an 90-90-90
In Westeuropa nehmen die geschätzten Neuinfektionen ab; sie sind in den vergangenen zehn Jahren um 30% zurückgegangen. Westeuropa kommt somit nahe an die Zielwerte von 90-90-90% heran − nämlich 86%, 79%, 73%.
HIV-Inzidenz steigt in Osteuropa
Anders in Mittel- und Osteuropa: Hier sind die Neuinfektionen um 125% bzw. um 60% gestiegen. Etwa 82% der neuen Diagnosen im Jahr 2017 stammten aus Osteuropa. Damit liegt Osteuropa hinsichtlich der UNAIDS-Ziele deutlich zurück: 76%, 34%, 26%.
Unterschiedlich häufige Übertragungswege
Die Übertragungsrisikomuster unterscheiden sich zwischen den verschiedenen europäischen Regionen: Übertragungen durch MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) und heterosexuelle Kontakte sind für die große Mehrheit der Fälle in West- und Mitteleuropa verantwortlich, während in Osteuropa fast ein Viertel der Fälle auf Benutzer von Injektionsdrogen (IDU) und ein sehr hoher Anteil auf Übertragungen durch heterosexuelle Kontakte zurückzuführen ist.
Migranten stecken sich oft erst nach der Einwanderung an
Für die HIV-Epidemiologie wird auch die Migration – hauptsächlich aus Afrika, aber auch aus anderen Regionen – zunehmend wichtig. So sind bei den Neuerkrankungen 47% der Patienten nicht in dem Land geboren, in dem sie diagnostiziert wurden. Aber sie schleppen das Virus meist ein, denn ein bis zwei Drittel der Migranten steckten sich erst nach ihrer Ankunft in Europa mit HIV an.
Prävention verstärken
Wie die Experten weiterhin betonen, stehen wirksame Präventionsmöglichkeiten zur Verfügung, um die Umsetzung der UNAIDS-Ziele bald zu erreichen: Tests in der Bevölkerung, Einsatz von PrEP/PEP (PRä- und Post-Expositions-Prophylaxe) bei HIV-negativen und Behandlung von HIV-positiven Personen, Verwendung von Kondomen und Schadensminderung. Diese gilt es verstärkt publik zu machen und einzusetzen, hieß es auf der 17. Europäischen AIDS-Konferenz.