Otitis Media

Besonders Kleinkinder leiden im Rahmen einer Mittelohrentzündung oftmals unter starken Otalgien und Fieber. Zumeist kann der Infekt durch Analgesie und schonende Maßnahmen gut behandelt werden, selten kommen auch Antibiotika oder eine operative Therapie zum Einsatz.

Otitis media

Definition

Akute Otitis media

Die akute Otitis media (AOM) ist eine schmerzhafte Entzündung des Mittelohres und entsteht meist durch eine aszendierende Infektion der oberen Atemwege.  Hierbei steigen die Erreger aus dem Nasen-Rachen-Raum über die Tuba auditiva in das Mittelohr auf und führen zu einer hyperämisierten, ödematös veränderten Schleimhaut mit entzündlichen Infiltraten und eitrigem Exsudat in der Paukenhöhle. Insbesondere Kinder sind in den Wintermonaten häufig von Mittelohrentzündungen betroffen [1].

Chronische Otitis media

Bei der chronischen Form liegt eine persistierende Entzündungsreaktion des Mittelohres vor, welche mit Otorrhö und ggf. einem Trommelfelldefekt einhergeht.

Die chronische Otitis media wird eingeteilt in:

  • chronische muköse Otitis media (glue ear)
  • chronische Otitis media mesotympanalis (COMM) mit zentralem Trommelfelldefekt und ohne knöcherne Entzündungsreaktion
  • chronische Otitis media epitympanalis (COME), auch bezeichnet als Cholesteatom, mit randständigem Trommelfelldefekt

Das Cholesteatom kann primär oder sekundär entstehen und führt im Verlauf zu einer entzündlichen Knochendestruktion im Mittelohr.

Epidemiologie

Im Kindesalter ist die akute Otitis media eine häufige Erkrankung, sie verläuft jedoch meist komplikationslos.

Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 4. Lebensjahr. Bis zum Abschluss des 3. Lebensjahres haben über zwei Drittel aller Kinder mindestens eine Episode einer akuten Otitis media, etwa die Hälfte dieser Kinder drei oder mehr Episoden erlitten [2].

Die chronisch muköse Otitis media hat ihren Erkrankungsgipfel um das 1. Lebensjahr herum. Mit dem 3. Lebensjahr haben fast alle Kinder mindestens eine Episode erlitten [3].

Eitrige Formen der chronischen Otitis media (COMM, COME) haben die höchste Inzidenz im 1. Lebensjahr (15.4 neue Fälle pro 1.000 Kinder pro Jahr) [4].

Ursachen

Die Otitis media beginnt als entzündlicher Prozess nach einer Infektion der oberen Atemwege, an der die Schleimhaut der Nase, des Nasopharynx, der Mittelohrschleimhaut und der Eustachischen Röhren beteiligt ist. Aufgrund des verengten anatomischen Raums des Mittelohrs verstopft das durch den Entzündungsprozess verursachte Ödem den engsten Teil der Eustachischen Röhre, was zu einer Verringerung der Ventilation führt. Dies wiederum bedingt eine Kaskade von Ereignissen, die zu einem Anstieg des Unterdrucks im Mittelohr, vermehrtem Exsudat aus der entzündeten Schleimhaut und einer Anhäufung von Schleimhautsekreten führt, was die Ansiedlung von Bakterien und Viren im Mittelohr ermöglicht.

In ca. 70% der Fälle sind Mischinfektionen mit viralen und bakteriellen Erregern nachweisbar [5]. In 20% der Fälle handelt es sich um rein bakterielle Infektionen [15]. Bei primär viralen Infektionen kann es zudem zu bakteriellen Superinfektionen kommen.

Bakterielle Erreger

  • Streptococcus pneumoniae
  • Haemophilus influenzae
  • Moraxella catarrhalis

Virale Erreger

  • RS-Virus (häufig Mischinfektion)
  • Parainfluenzaviren
  • Influenzaviren

Die chronische Otitis media kann sich aus rezidivierenden akuten Otitiden entwickeln. Die COMM entsteht auf Basis einer chronischen Tubenbelüftungsstörung oder eines persistierenden Trommelfelldefektes. Beim Cholesteatom wird unterschieden: das primäre Cholesteatom entsteht während der Embryonalentwicklung durch versprengtes ektodermales Epithel, das sekundäre durch Einwachsen der Plattenepithelzellen in das Mittelohr [6].

Häufigste Erreger

  • Pseudomonas aeruginosa (31%)
  • Staph. Aureus (19%)
  • Proteus mirabilis (7%)

Pathogenese

Die Infektion des Mittelohrs kann rhinogen oder seltener auch exogen entstehen.

Bei einer rhinogenen Infektion steigen die Erreger über den Nasen-Rachen-Raum in das Mittelohr auf und rufen eine Entzündung hervor. Bei einer exogenen Infektion gelangen die Erreger über das perforierte Trommelfell in die Paukenhöhle.

Insbesondere Kinder im Vorschul- und Schulalter sind wegen ihrer kürzeren Tuba auditiva und/oder einer Hyperplasie der Rachenmandel, welche den Eingang der Tuba auditiva verlegen kann, für eine Otitis media acuta prädisponiert.

Bei persistierendem Trommelfelldefekt nach AOM kann sich im Zusammenspiel von Infekt und chronischer Tubenbelüftungsstörung eine chronische Otitis media ausbilden. Hierbei kommt es durch die Tubenbelüftungsstörung zu einer Retraktion des Trommelfells, welche einen chronischen Entzündungsreiz setzt.

Bei der chronisch mukösen Otitis media sammelt sich daraufhin gebildetes zähes Exsudat im Mittelohr und wird nur langsam resorbiert (Mukotympanon).

Symptome

Leitsymptome der akuten Otitis media sind plötzlich einsetzende heftige Ohrenschmerzen (meist einseitig), welche mit Fieber, reduziertem Allgemeinzustand und einer Schallleitungsschwerhörigkeit einhergehen.

Bei Trommelfellperforation und Entleerung des Ergusses lassen Schmerzen und Fieber rasch nach.

Abzugrenzen ist das Seromukotympanon, welches als Paukenerguss ohne klinische Symptomatik definiert ist.

Leitsymptome der chronischen Otitis media sind schmerzlose Otorrhö und eine progrediente Schallleitungsschwerhörigkeit, die im Verlauf auch das Innenohrs schädigen kann. Zusätzlich kann ein Tinnitus auftreten und bei Befall der Bogengänge oder des N. fazialis auch Schwindel und eine Fazialisparese. Das primäre Cholesteatom ist oft ein Zufallsbefund, da die klinischen Symptome erst spät auftreten.

Bei der chronisch mukösen Otitis media treten zusätzlich Ohrenschmerzen auf und der gesamte Verlauf dauert, bei rezidivierenden Episoden, etwa 6-10 Wochen an.

Autor:
Stand:
07.10.2022
Quelle:
  1. Koitschev, A. et al. (2018). Akute Mittelohrentzündung. In: Gortner L, Meyer S, Hrsg. Duale Reihe Pädiatrie. 5. vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme. DOI:10.1055/b-005-145246.
  2. Vergison, A. et al. (2010). Otitis media and its consequences: beyond the earache. Lancet Infect Dis. DOI: 10.1016/S1473-3099(10)70012-8.
  3. Paradise, J. L. et al. (1997). Otitis media in 2253 Pittsburgh-area infants: prevalence and risk factors during the first two years of life. Pediatrics DOI:10.1542/peds.99.3.318.
  4. Monasta, L. et al. (2012). Burden of disease caused by otitis media: systematic review and global estimates. PLoS ONE DOI:10.1371/journal.pone.0036226.
  5. Berner et al. (2013). DGPI-Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. 6. Auflage Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) ISBN: 978-3-131-44716-6.
  6. Strutz et al. (2009): Praxis der HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie. 2. Auflage Thieme, ISBN: 978-3-131-16972-3.
  7. DEGAM Sk2-Leitlinie Ohrenschmerzen Nr.7. (2014).
  8. Schilder, Anne GM, et al. (2016). Otitis media. Nature reviews Disease primers. DOI.:10.1038/nrdp.2016.63
  9. Lieberthal AS et al. (2013). The diagnosis and management of acute otitis media. Pediatrics. doi: 10.1542/peds.2012-3488. Pediatrics. DOI: 10.1542/peds.2012-3488.
  10. Liese J, B. C. (2013). Kapitel Akute Otitis media. In: Handbuch der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infekiologie (DGPI), 6. Aufl., Stuttgart (Thieme), S.612-619.
  11. McDonald S. et al. (2008). Grommets (ventilation tubes) for recurrent acute otitis media in children. Cochrane Database Syst. Rev. DOI: 10.1002/14651858.CD004741.
  12. Lous J. et al. (2012). A systematic review of the effect of tympanostomy tubes in children with recurrent acute otitis media. Int J Pediatr Otorhinolaryngol. DOI: 10.1016/j.ijporl.2011.05.009.
  13. Alpert, HR. et al. (2011). Smoke-free households with children and decreasing rates of paediatric clinical encounters for otitis media in the United States. Tob Control. DOI: 10.1136/tc.2010.038711.
  14. Principi N. et al. (2012). Prevention of acute otitis media using currently available vaccines. Future Microbiol. DOI: 10.2217/fmb.12.23.
  15. Peter R. Issing (2010). Otitis media. DoctorConsult - The Journal. DOI: 10.1016/j.dcjwkp.2010.06.002
  16. Danishyar, Amina, and John V. Ashurst. Acute otitis media. (2017)
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