Zunehmende Infektionen mit Affenpocken wahrscheinlich

Das Bundesgesundheitsministerium rechnet in Deutschland mit einer zunehmenden Anzahl von Affenpocken-Fällen. Eine Infektionswelle wird aber nicht erwartet. Das Robert Koch-Institut erarbeitet aktuell Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Affenpocken-Patienten und Kontaktpersonen. Diese könnten Impfungen sowie Isolations- und Quarantänemaßnehmen umfassen.

Affenpocken

Stand Montag (23.05.2022) gibt es weltweit mehr als 130 bestätigte Affenpocken-Infektionen und Verdachtsfälle, so etwa in Spanien, Portugal, Frankreich, Italien, Nordamerika, Lateinamerika und Australien. Auch hierzulande sind vier Patienten nachweislich mit dem Affenpockenvirus (monkeypox virus; MPV) infiziert – drei in Berlin, einer in München. Weitere Proben werden untersucht, mögliche Betroffene sollen ausfindig gemacht werden. Wie aus einem Bericht für den Gesundheitsausschuss des Bundestags hervorgeht, ist aufgrund der vielfältigen Kontakte der derzeit Infizierten in Europa und auch in Deutschland mit weiteren Affenpocken-Erkrankungen zu rechnen.

Das wissen wir über die Affenpocken-Erkrankung

Nach heutigem Kenntnisstand handelt es sich bei den bestätigten Infektionen um die weniger gefährliche westafrikanische Affenpocken-Variante, weitere Genomanalysen stehen noch aus. Das Virus ist nah mit dem Variolavirus – dem Erreger der echten Pocken – verwandt, verursacht in der Regel aber nur milde Symptome wie Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, Lymphknotenschwellung, Erschöpfung und Hautausschlag. Die Hauteffloreszenzen können stark jucken oder schmerzen und treten üblicherweise im Gesicht, an Händen, Füßen oder den Mundschleimhäuten auf. Die Erkrankung heilt meist von selbst aus und hinterlässt keine bleibenden Schäden. Schwere Erkrankungen und in Einzelfällen tödliche Verläufe sind jedoch möglich, insbesondere bei immungeschwächten Patienten. Als Therapieoption ist in der Europäischen Union (EU) seit Januar 2022 Tecovirimat zugelassen, aber noch nicht breit verfügbar.

Höchstes Infektionsrisiko sexuelle Kontakte unter Männern

Affenpocken gehören zu den Zoonosen. Das Virus entstammt ursprünglich von Primaten und anderen freilebenden Tieren, zum Beispiel Nagern. Die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Krusten, durch Aerosole in der Luft sowie kontaminierte Materialien. Das höchste Infektionsrisiko geht momentan von sexuellen Kontakten unter Männern aus, heißt es in einer Mitteilung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Gemäß der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lag die längste bisher dokumentierte Übertragungskette von MPV bei sechs Fällen. Ungeachtet dessen sei ungeschützter Verkehr – unabhängig der sexuellen Orientierung – grundsätzlich zu vermeiden, erklärt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in einem Gespräch auf der Weltgesundheitsversammlung in Genf. Zeitgleich warnt er vor einer Stigmatisierung von Männern mit gleichgeschlechtlichen sexuellen Kontakten.

Landesweite Epidemie nicht zu erwarten

Gemäß der aktuellen Risikoeinschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) wird die Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland durch Affenpocken derzeit als gering bewertet. Zu dieser Einschätzung kommt auch Jimmy Whitworth, Professor für internationale öffentliche Gesundheit an der London School of Hygiene and Tropical Medicine (LSHTM). Die aktuelle Ausbreitung sei zwar sehr ungewöhnlich, so der Professor, eine landesweite Epidemie wie im Fall von COVID-19 ist allerdings nicht zu erwarten. Dennoch handelt es sich „um den ernsten Ausbruch einer ernsten Krankheit“, was jetzt entsprechende Handlungsmaßnahmen erfordert. Zur systematischen Erfassung und einer Unterbrechung der Infektionskette sollten deshalb diagnostizierte Infektionsfälle gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) gemeldet und Kontaktpersonen ermittelt werden.

Impfung vorhanden

Nach Angaben der WHO gibt es eine wirksame Impfung gegen Affenpocken, die Kontaktpersonen mit einem erhöhten Risiko angeboten wird. Hierbei handelt es sich um eine Weiterentwicklung des Vaccinia-Impfstoffs, der gegen echte Pocken eingesetzt wurde. Aufgrund der Ähnlichkeit der Viren sei eine Wirksamkeit von 85 Prozent zu erwarten. Die Bundesregierung hat etwa 100 Millionen Dosen Pockenimpfstoff eingelagert.

Autor:
Stand:
24.05.2022
Quelle:
  1. Weltgesundheitsorganisation (WHO), News: WHO working closely with countries responding to monkeypox; 20. Mai 2022
  2. Weltgesundheitsorganisation (WHO), Q&A: Monkeypox; 20. Mai 2022
  3. Weltgesundheitsorganisation (WHO), Details: Monkeypox; 19. Mai 2022
  4. Robert Koch-Institut (RKI): Epidemiologisches Bulletin 20/2022; 19. Mai 2022.
  5. Bundesgesundheitsministerium (BMG), Meldung: Die Unterstützung der Ukraine, ein neuer Pandemie-Pakt und die Affenpocken – Karl Lauterbach bei der Weltgesundheitsversammlung; 23. Mai 2022
  6. Tagesschau, Affenpocken: Gesundheitsministerium erwartet weitere Fälle; 23. Mai 2022
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