
BNT162b2 enthält eine LNP (Lipidnanopartikel)-formulierte Nucleosid-modifizierte mRNA, die für die SARS- CoV-2-Spike-Domäne in voller Länge codiert und die ACE2-Bindungsstelle sowie andere Epitope, auf die SARS-CoV-2-neutralisierende Antikörper abzielen, authentisch präsentiert. Der Impfstoffkandidat wurde durch zwei Prolin-Mutationen modifiziert, um in einer Präfusionskonformation fixiert zu werden, die das intakte Virus nachahmt, mit dem die ausgelösten virusneutralisierenden Antikörper interagieren müssen.
Wirkweise
Die Impfstoff-mRNA, welche die kodierten Informationen zum Bau des Spike-Proteins enthält, gelangt vom Extrazellularraum in das Cytoplasma der Zelle. Zu keiner Zeit kommt sie in Kontakt mit der DNA im Zellkern, da der nukleäre Transport strengstens kontrolliert ist: Makromoleküle wie RNA und Proteine benötigen eine Assoziation mit Transportfaktoren, die als Kerntransportrezeptoren bekannt sind, wie Karyopherine, sogenannte Importine, um in den Kern einzutreten, und Exportine, um auszutreten. Protein, das aus dem Zytoplasma in den Zellkern importiert werden muss, trägt Kernlokalisierungssignale (NLS), die durch Importine gebunden sind. DNA wird auch an diese NLS gebunden und gelangt so in den Zellkern. RNA nicht. Darüber hinaus wird in der Zelle frei vorliegende RNA durch überall vorhandene Ribonukleasen sehr schnell abgebaut - Mit dieser Zersetzung, auch Degradation genannt, endet die Lebensdauer eines mRNA-Moleküls.
Nach der Impfung wird durch die aufgenommenen mRNA das Spike-Protein im Cytoplasma des Impflings ribosomal synthetisiert: Dabei findet die Translation der Basensequenzen der mRNA in Aminosäuresequenzen, statt. Diese wiederum werden zu Polypeptiden verknüpft. Die entstandene Proteinkette wird zum fertigen Spike-Protein modifiziert und in den Extrazellularraum abgegeben. Dieser Vorgang findet nur in den Zellen statt, die Impfstoff-mRNA aufgenommen haben. Die Spike-Proteine werden dann von Immunzellen analysiert, als körperfremd identifiziert und den T-Helferzellen präsentiert. Diese wiederum aktivieren das adaptive Immunsystem, wobei B-Zellen spezifische Antikörper produzieren, die sich gegen das Spike-Protein richten. Darüber hinaus werden B- und T- Gedächtniszellen gebildet (Immungedächtnis).
Studienlage
Präklinik
In präklinischen Studien lösten BNT162b1 und BNT162b2 vorteilhafte Virusantigen-spezifische CD4+ und CD8+ T-Zell-Antworten und in verschiedenen Tiermodellen hohe Mengen an neutralisierenden Antikörpern aus. Außerdem zeigten die Kandidaten einen vorteilhaften, schützenden Effekt in Primaten in einem SARS-CoV-2-Challenge-Modell. In einer präklinischen Studie an nicht-humanen Primaten verhinderte die Immunisierung der Tiere mit BNT162b2 eine Infektion mit SARS-CoV-2. Weiterhin zeigte die Vakzine schützende antivirale Effekte in Rhesusaffen sowie hohe Titer neutralisierender Antikörper und eine TH1-Zell-Antwort in Rhesusaffen und Mäusen.
In einem viralen Infektionsmodell erhielten Makaken zwei Injektionen mit je 100 µg BNT162b2 bzw. Salzlösung als Kontrolle. 55 Tage nach der zweiten Immunisierung wurden die Tiere intranasal (über die Nase) sowie intratracheal (über die Lunge) mit dem SARS-CoV-2-Virus in einer hohen Konzentration von ca. 1 Million sog. “plaque forming units” infiziert. Eine vorangegangene Immunisierung mit BNT162b2 reduzierte die Virusinfektion und es konnte keine virale RNA in den unteren Atemwegen der immunisierten Tiere nachgewiesen werden. In den meisten nicht-immunisierten Tieren (Salzlösung) wurde hingegen virale RNA detektiert.
Insbesondere induzierte BNT162b2 potente neutralisierende Antikörper in geimpften Makaken sowie Virusantigen-spezifische CD4+ und CD8+ T-Zell-Antworten. Rhesusaffen wurden an Tag 0 und Tag 21 (zwei Dosen) intramuskulär (IM) mit 30 µg oder 100 µg BNT162b2 bzw. Kontroll-Salzlösung geimpft. Nach der zweiten Immunisierung konnten im Serum der Rhesusaffen neutralisierende Antikörper mit einem geometrischen Titer-Mittelwert (geometric mean titer, GMT) von 962 (Tag 35 bei der 30 µg-Kohorte) oder 1.689 (Tag 28 bei der 100 µg-Kohorte) nachgewiesen werden.
Die neutralisierenden Antikörpertiter persistierten bis mindestens Tag 56, wobei die GMTs höher waren als die in einem Panel humaner Rekonvaleszenz-Seren.
Die Impfung mit BNT162b2 induzierte eine hohe Frequenz an CD4+ T-Zellen, die IFN-ɣ, IL-2 und TNF-α produzierten, hingegen waren fast keine IL-4-produziertenden CD4+ T-Zellen detektierbar. Dies deutet auf eine stark TH1-basierte Zellantwort hin, einem Immunprofil, von dem angenommen wird, dass es einen sicheren Impfstoff unterstützt. BNT162b2 induzierte zudem auch Spikeprotein-spezifische, IFN-ɣ-produzierende CD8+ T-Zell-Antworten, von denen angenommen wird, dass sie einen antiviralen Effekt unterstützen.
In einem präklinischen Mausmodell generierte eine einzelne IM-Immunisierung mit BNT162b2 (0,2 µg, 1 µg oder 5 µg) B- und T-Zell-Antworten in BALB/c-Mäusen sowie neutralisierende SARS-CoV-2-Pseudovirus-Antikörper, deren Titer bis Tag 28 stetig anstiegen (dem letzten Tag der Titer-Messung). CD4+ und CD8+ T-Zellen aus Splenozyten, welche aus mit BNT162b2 geimpften Mäusen isoliert wurden, waren stark positiv für IFN-ɣ und IL-2 und produzierten hohe Level an TH1-Zytokinen aber nur kleine Mengen TH2-Zytokine. Dies weist auf eine robuste, verstärkt TH1-gerichtete, adaptive T-Zell-Immunantwort hin.
NCT04380701
Die Studie NCT04380701 war die erste klinische Prüfung eines COVID-19-Impfstoffkandidaten in Deutschland.
- 456 Teilnehmer
- Start 23. April 2020
- Phase I/II
Die Studie besteht aus zwei Teilen: Teil A befasst sich mit der Dosisfindung und Teil B besteht aus der Rekrutierung von Expansionskohorten mit Dosierungen, die aus Teil A generiert wurden.
Die Impfstoffe BNT162a1, BNT162b1, BNT162b2 und BNT162c2 wurden unter Verwendung eines Prime / Boost-Regimes verabreicht. Der Impfstoff BNT162c2 wurde als Einzeldosis verabreicht.
Ziele:
Um die optimale Dosis für die weiteren Studien zu finden umfasste die Kohorte zur Dosisfindung der Phase-I/II-Studie einen Dosisbereich von 1 µg bis 100 µg. Außerdem sollten die Sicherheit und Immunogenität des Impfstoffes untersucht werden. Ziel der Studie ist es, die Auswirkungen einer wiederholten Impfung für die drei Impfstoffkandidaten, welche uridinhaltige mRNA (uRNA) oder nukleosidmodifizierte mRNA (modRNA) beinhalten, zu untersuchen. Der vierte Impfstoffkandidat, der selbstamplifizierende mRNA (saRNA) enthält, wird nach der Verabreichung einer einzigen Impfstoffdosis bewertet. Probanden mit einem höheren Risiko für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Infektion werden in den zweiten Teil der Studie aufgenommen.
Ergebnisse:
Vorläufige klinische Ergebnisse von rund 120 Probanden zeigten ein vorteilhaftes Gesamtverträglichkeitsprofil von BNT162b2 verglichen mit BNT162b1. Systemische Nebenwirkungen wie Fieber, Müdigkeit und Schüttelfrost waren bei BNT162b2 nur leicht bis moderat ausgeprägt und traten nur vorübergehend auf (1-2 Tage). Es gab keine schwerwiegenden Nebenwirkungen.
Zwei 30 µg-Dosen von BNT162b2 führten zu vergleichbaren neutralisierenden Antikörper-Mittelwerten (geometric mean titers, GMTs) wie die des Impfstoffkandidaten BNT162b1. Ibei älteren Probanden mit einem Alter von 65-85 Jahren lösten zwei Dosen über je 30 µg, die im Abstand von drei Wochen appliziert wurden, höhere neutralisierende Antikörper-GMTs aus, als in einem Panel aus 38 Rekonvaleszenz-Seren von Patienten, die sich von einer COVID-19-Erkrankung erholt hatten.
Mit BNT162b2 geimpfte Probanden wiesen verglichen mit BNT162b1 eine vorteilhafte Breite von Epitopen auf, die in SARS-CoV-2-Antigen-spezifischen T-Zell-Antworten erkannt werden. BNT162b2 zeigte eine gleichzeitige Induktion von hohen Leveln an CD4+ and CD8+ T-Zell-Antworten auf.
Weiterhin löste BNT162b2 T-Zell-Antworten gegen die Rezeptor-Bindungs-Domäne (RBD) und gegen den restlichen Teil des Spike-Glykoproteins aus, der nicht im BNT162b1-Impfstoffkadidaten enthalten ist. Die Unternehmen nehmen an, dass die Erkennung weiterer Spike-Epitope durch T-Zellen des Immunsystems das Potenzial haben kann, konsistentere Immunantworten in vielfältigen Bevölkerungsgruppen sowie in älteren Erwachsenen zu erzielen.
NCT04368728
Die Studie NCT04368728 ist eine randomisierte, verblindete, Placebo-kontrollierte Phase-II/III-Studie, die die Daten zu Sicherheit, Immunantwort und Wirksamkeit für den Zulassungsantrag evaluiert.
- 43998 Teilnehmer
- Start: 29.April 2020
- Phase II/III
Ziele:
Die primären Endpunkte der Studie beinhalten die Prävention einer COVID-19-Infektion in Teilnehmern, die vor der Impfung noch keine SARS-CoV-2-Infektion hatten, sowie die Prävention in Teilnehmern unabhängig von einer vorangegangen SARS-CoV-2-Infektion.
Zu den sekundären Endpunkten gehört die Prävention schwerer COVID-19-Infektionen in diesen Teilnehmergruppen. Die Studie wird weiterhin die Prävention einer Infektion mit SARS-CoV-2 untersuchen, dem Virus, das COVID-19 verursacht. Die primäre Wirksamkeitsanalyse wird eine ereignisgesteuerte Untersuchung basierend auf der Anzahl an Probanden mit symptomatischer COVID-19-Infektion sein. Das Studiendesign ermöglicht vorläufige Zwischenanalysen sowie unverblindete Bewertungen durch ein unabhängiges, externes Data Monitoring Committee.
Ergebnisse:
Die Auswertung der Daten zeigte in Probanden ohne vorherige SARS-CoV-2-Infektion einen 95%igen Impfschutz (p<0.0001). Auch in Probanden mit oder ohne vorheriger SARS-CoV-2-Infektion konnte ein Impfschutz erreicht werden. In beiden Fällen wurde der Impfschutz sieben Tage nach der zweiten Dosis ermittelt. Die Abschlussanalyse wurde, basierend auf dem Studienprotokoll, nach 170 bestätigten COVID-19-Fällen durchgeführt.
Davon wurden 162 Fälle in der Placebogruppe und 8 Fälle in der BNT162b2-Impfstoff-Gruppe nachgewiesen. Die Wirksamkeit der Impfung war über alle Alters- und Geschlechtsgruppen in der gesamten diversen Studienpopulation konsistent. Der Impfschutz bei Erwachsenen über 65 Jahren lag bei über 94%.
In der Studie traten insgesamt 10 schwere COVID-19-Verläufe auf. Davon wurden 9 in der Placebogruppe und einer in der BNT162b2-Gruppe beobachtet. Bislang konnte das Data Monitoring Committee keine schwerwiegenden Nebenwirkungen feststellen und auch eine Untersuchung der entblindeten Daten zur Impfstoffreaktion in einer randomisierten Subgruppe der finalen Phase-II/III-Analyse mit mindestens 8.000 der über 18-jährigen Probanden zeigte, dass der Impfstoff gut verträglich ist.
Die meisten Nebenwirkungen traten nur vorübergehend auf. Die einzigen schweren Nebenwirkungen (3. Grades), die in mehr als 2% der Probanden nach der ersten oder zweiten Impfung auftraten, waren Erschöpfung mit 3,8% sowie Kopfschmerzen mit 2,0% nach der zweiten Dosis. Wie auch schon in früheren Analysen traten bei älteren Studienteilnehmern weniger und schwächer ausgeprägte Nebenwirkungen auf.