
Hintergrund
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ihre Schätzungen zur Übersterblichkeit während der Corona-Jahre 2020 und 2021 überarbeitet. Gemäß der im Fachmagazin „Nature“ publizierten Daten lag die Übersterblichkeit deutlich über den offiziell gemeldeten Covid-19-Todeszahlen [1]. Eine große Diskrepanz wurde vor allem in Ländern mit mittleren Einkommen festgestellt. Die Zahlen für Deutschland zeigen ein anderes Bild.
Weltweit 14,83 Millionen mehr Tote
In den beiden ersten Jahren der Coronapandemie (2020 und 2021) starben rund 14,83 Millionen Menschen mehr als ohne die Pandemie zu erwarten gewesen wäre. Die WHO hatte im Mai schon einmal von 14,9 Millionen zusätzlichen Todesfällen berichtet. Mit der verfeinerten Analyse präzisieren die ExpertInnen ihre Einschätzung.
Besonders von hoher Übersterblichkeit betroffen waren Länder mit mittleren Einkommen in Südamerika. So hätte beispielsweise Peru fast doppelt so viele Todesfälle erlitten. In Mexiko, Bolivien und Ecuador lag die Zahl um 50% höher, so die DatenanalystInnen. In ärmeren Ländern fiel die Übersterblichkeit weniger hoch aus, weil die Bevölkerung dort in der Regel jünger sei und daher auch weniger Menschen an Covid-19 starben, heißt es in der Analyse weiter [1].
Globale Übersterblichkeit fast dreimal so hoch
Global betrachtet war die Übersterblichkeit fast dreimal so hoch wie die Zahl der offiziell gemeldeten 5,4 Millionen Covid-19-Todesfälle. Die aktuell veröffentlichte Zahl von 14,83 Millionen umfasst allerdings auch Todesfälle, bei denen die Todesursache nicht richtig angegeben wurde, solche von vermutlich infizierten, aber nicht getesteten PatientInnen sowie Todesfälle von Menschen mit Krankheiten oder Verletzungen, die wegen der überlasteten Gesundheitssysteme nicht rechtzeitig behandelt werden konnten [1].
Übersterblichkeit in Deutschland
Für Deutschland korrigierten die WHO-ExpertInnen die ursprüngliche Schätzung von 195.000 in den beiden Jahren auf eine Übersterblichkeit von 122.000. Eine Studie der Universität Duisburg-Essen (UDE) berücksichtige für 2020 die demografische Entwicklung und kam zu dem Ergebnis, dass ein Teil der zusätzlichen Todesfälle auf die wachsende Anzahl der über 80-Jährigen zurückzuführen sei [2].
Auffällig war hierzulande die hohe Übersterblichkeit im Oktober 2022: Nach einer Hochrechnung des Statistischen Bundesamts (Destatis) sind allein im Oktober dieses Jahres 92.954 Menschen gestorben. Das sind 19% oder 14.560 Fälle über dem Median der Jahre 2018 bis 2021 für diesen Monat [3].
Auch das EuroMOMO-Netzwerk weist für Deutschland in zwei Oktoberwochen eine hohe Übersterblichkeit („high excess“) aus – im Gegensatz zu den Nachbarländern, in denen die Übersterblichkeit weiterhin niedrig („low excess“) bzw. moderat („moderate excess“) war [4].
Fazit
Ob dies allein auf die Covid-19-Toten zurückzuführen ist, ist unklar. Auch wenn die SARS-CoV-2-Todesfälle Mitte Oktober ein zwischenzeitliches Maximum erreichten, könnten sie die Differenz nur zum Teil erklären, so die Destatis-ExpertInnen. „In welchem Ausmaß weitere Faktoren zu den erhöhten Zahlen im Oktober beigetragen haben, lässt sich derzeit nicht einschätzen. Zu dieser Frage können die später vorliegenden Ergebnisse der Todesursachenstatistik zusätzliche Hinweise geben“, heißt es in der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts [3].