
Wissenschaftler des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) der Dresdner Hochschulmedizin und des Robert Koch-Instituts (RKI) analysierten unter Beteiligung mehrerer großer Krankenkassen Post-COVID-Verläufe von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.
Demnach wurden nach COVID-19 mehr Symptome und Erkrankungen diagnostiziert als bei Menschen ohne COVID-19-Anamnese.
„Die neu dokumentierten Diagnosen betreffen sowohl physische als auch psychische Erkrankungen sowie eine Vielzahl unterschiedlicher Organsysteme und Symptomkomplexe“, heißt es auf dem News-Portal der Technischen Universität Dresden.
Zielsetzung
Langfristige gesundheitliche Folgen einer COVID-19-Erkrankung stellen ein großes Problem für die öffentliche Gesundheit dar. Bislang gibt es jedoch nur wenige Erkenntnisse, wodurch sich das Post-COVID- bzw. Long-COVID-Syndrom genau auszeichnet und wie viele Menschen davon betroffen sind. Insbesondere fehlen Daten für Kinder und Heranwachsende. Unter Verwendung umfassender Gesundheitsdaten von mehr als 45 Prozent der deutschen Bevölkerung zwischen Januar 2019 bis Dezember 2020 untersuchte die Arbeitsgruppe um Dr. Martin Rößler vom Universitätsklinikum Dresden die Auswirkungen der SARS-CoV-2-Infektion.
Methodik
Die Forscher werteten in einer großen kontrollierten Kohortenstudie Daten von mehr 157.134 Personen (11.950 Kinder/Jugendliche und 145.184 Erwachsene) aus, die bis zum 30. Juni 2020 eine labormedizinisch bestätigte COVID-19-Diagnose erhalten hatten. In der Kontrollkohorte kamen auf jeden Infizierten fünf nicht-infizierte Personen mit vergleichbarem Hintergrund (Alter, Geschlecht, Grunderkrankungen, Nachbeobachtungszeitraum). Beide Arme wurden hinsichtlich 96 vordefinierter Symptome und Erkrankungen verglichen, die nach mindestens drei Monaten postinfektiös (in der Kontrollgruppe drei Monate nach dem Einschlussdatum) auftraten.
Ergebnisse
- Für alle Gesundheitsauswirkungen waren die Inzidenzraten in der COVID-19-Gruppe signifikant höher als im Kontroll-Arm, sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen.
- Bei Kindern und Heranwachsenden kam es mehr als drei Monate nach der akuten Corona-Infektion vor allem zu Unwohlsein, Müdigkeit und rascher Erschöpfung, Husten, Schmerzen im Hals- und Brustbereich sowie Angststörungen und Depressionen.
- Bezogen auf alle betrachteten Symptome und Erkrankungen lag die Häufigkeit neu dokumentierter Diagnosen um etwa 30 Prozent höher als bei Kindern ohne COVID-19-Erkrankung.
- Bei erwachsenen Post-COVID-Patienten wurden vermehrt Geschmacksstörungen, Fieber, Husten und Atembeschwerden diagnostiziert. Hier lag die Diagnoserate um circa 33 Prozent höher als in der Kontrollgruppe.
- Hinweis: Bislang sind die Studiendaten nur als Pre-Print veröffentlicht – eine abschließende fachliche Begutachtung (Peer-Review) steht noch aus.
Fazit
„Dies ist international eine der ersten, großen kontrollierten Kohortenstudien zu Post-COVID“, sagt Prof. Dr. Jochen Schmitt vom Universitätsklinikum Dresden. Die Daten deuten auf erhebliche neu auftretende gesundheitliche Belastungen hin. Ein entscheidender Vorteil der Studie sei, dass die methodischen Verfahren erstmals auch tragfähige Aussagen zu längerfristigen COVID-19-Folgen bei Kindern und Jugendlichen erlauben, so Schmitt. Es sei allerdings noch weitere Forschungsarbeit nötig, um die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen von Post-COVID bzw. Long-COVID zu bewerten.
„Künftige Analysen sollten einen Fokus auf die Persistenz möglicher Gesundheitsprobleme in der Studienpopulation legen. Zudem ist es wichtig, die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf spätere Phasen der Pandemie und damit einhergehende veränderte Versorgungsbedingungen zu untersuchen“, ergänzt Rößler.