Omikron: Das sagen die Experten

Noch kann keiner sagen, wie die neue Corona-Variante die aktuelle Lage beeinflusst. Aufgrund der multiplen Mutationen am Spike-Protein sei aber mit einer weltweiten fünften Welle zu rechnen, warnt der US-Immunologe Anthony Fauci. Virologe Christian Drosten befürchtet die erste Immunfluchtvariante.

Omicron Schriftzug

Die meisten Experten zeigen sich alarmiert hinsichtlich der neu entdeckten und von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als besorgniserregend eingestuften Corona-Variante B.1.1.529. Nach Angaben des US-Regierungsberaters Anthony Fauci (Nachrichtenagentur Reuters) wurden bis zum 30. November 2021 226 Omikron-Fälle in 20 Ländern bestätigt, darunter mindestens elf EU-Staaten.

Bis zum Mittwochmittag (01. Dezember 2021) meldete die europäische Gesundheitsbehörde ECDC 59 erfasste Infizierte: 16 Fälle in den Niederlanden, 14 in Portugal, 9 in Deutschland, jeweils 4 in Italien und Dänemark, jeweils 3 in Schweden und Österreich, in Belgien und Spanien jeweils 2 sowie 1 Fall in Tschechien und auf der zu Frankreich zählenden Insel Réunion. Wissenschaftler und Gesundheitsexperten aus aller Welt beobachten die derzeitige Lage. Trotz noch ausstehender Forschungsdaten gibt es einen klaren Tenor: Impfen reduziert das Erkrankungsrisiko.

Das sagen die Experten

Virologe Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité und Mit-Entdecker des SARS-Erregers, äußert sich in einem heute-journal-Interview des ZDF über die Omikron-Variante: „Wir wissen tatsächlich nicht allzu viel darüber. Ich muss sagen, dass ich im Moment schon ziemlich besorgt bin. Ich bin überrascht, so viele Mutationen in dem Virus zu sehen.“ Und weiter: „Keiner kann im Moment sagen, was da auf uns zukommt. Was man aber wirklich mit Sicherheit sagen kann: Es ist besser, wenn man geimpft ist. Und es ist noch besser, wenn man geboostert ist.“

Sehr schlechtes Timing

Nach Aussage des SPD-Gesundheitspolitikers Karl Lauterbach kommt Omikron „zur Unzeit.“ Es gäbe nichts Schlimmeres, als wenn sich innerhalb einer schweren Infektionswelle noch eine gefährliche Mutation ausbreitet. Nach Rücksprache mit Israel wirkt Lauterbach optimistischer: „In Israel gibt es Hinweise, dass der Corona-Impfstoff Comirnaty von BioNTech/Pfizer auch gegen Omikron 90% Wirksamkeit habe“, so der Bundestagsabgeordnete bei Twitter. Am Mittwochabend ergänzt er seinen Tweet mit einer Linkempfehlung: „Das ist der beste Thread zu Omikron. In der Quintessenz wissen wir derzeit 1) dass Omikron sehr gefährlich ist und 2) dass es noch immer unklar ist ob die Gefahr auch für Geimpfte wirklich grösser ist.“

Untersuchungsergebnisse abwarten

Marylyn Addo, Virologin und Leiterin der Infektiologie am Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf (UKE), rechnet in den kommenden zwei Wochen mit ersten Untersuchungsergebnissen über die neue Corona-Variante Omikron. Derzeit wisse man noch nicht, wie ansteckend die in Südafrika entdeckte Variante ist und welche Krankheitsverläufe zu erwarten sind. Angesichts der multiplen Mutationen und vollen Krankenhäuser appellierte Addo jedoch dringend, sich impfen zu lassen (Tagesschau-Liveticker vom Mittwoch).

Frisch nach einer Impfung gibt es ausreichend Antikörper

Ebenfalls besorgt über die neue Coronavirus-Variante ist die Münchner Virologin Ulrike Protzer. „Die Variante B.1.1.529 könne dazu führen, dass sich das Virus schneller vermehre oder auch infektiöser werde“, so Protzer im Deutschlandfunk. Ferner sei es möglich, dass Antikörper das Virus nicht mehr so effizient beseitigten. Frisch nach einer Impfung gebe es aber ausreichend Antikörper, um auch Varianten-Viren zu neutralisieren. Deshalb rief sie dazu auf, Booster-Impfungen mit den jetzt verfügbaren Impfstoffen vorzunehmen. Ob später noch eine Impfung oder ein angepasster Impfstoff benötigt wird, könne man jetzt noch nicht sagen.

Warnung vor Spekulationen und Panik

Vor Spekulationen und übereilter Panik warnt der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit: „Wir wissen bezüglich der Übertragbarkeit der Virus-Variante, der möglichen Schwere bei einer Erkrankung oder Impfdurchbrüchen noch zu wenig.“ Ferner sei noch gar nicht klar, ob sich Omikron durchsetzen werde. Erfreulich sei allerdings, dass mit einigen Schnell- und mit den PCR-Tests die neue Variante detektiert werden kann. „Auch geht niemand davon aus, dass die vorhandenen Impfstoffe /impfung/covid-19-impfung bei der neuen Variante gar nicht mehr helfen“, so der Virologe. Für die Bevölkerung gelte weiterhin: Impfung, Maskentragen und Abstandhalten schützen vor einer Corona-Infektion.

Wer sich impfen lässt fängt nicht bei null an

Auch Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), setzt auf die Impfung. So betonte er auf einer Digitalveranstaltung des Bundesgesundheitsministeriums in Berlin: „Alle Menschen, die sich impfen lassen, fangen nicht bei null an, wenn sie sich mit einer neuen Corona-Variante infiziert haben.“ Geimpfte hätten auf jeden Fall schon einen „gewissen Impfschutz“, auch wenn noch nicht klar ist, wie hoch die Schutzwirkung gegenüber Omikron genau ausfällt.

Eventuell auch bald Entwarnung

Der Hallenser Virologe Alexander Kekulé ist vorsichtig optimistisch. In einem Interview mit n-tv stellte er sogar die Überlegung an, dass „wir in drei Wochen wieder Entwarnung geben“. Jetzt müsste man erst einmal Zellkulturen anlegen, um die Mutationseigenschaften zu überprüfen. „Erst danach kann man sehen, ob eine Gefahr von Durchbrüchen besteht“, so der Virologe. Im besten Fall sind Menschen, die bereits geimpft oder genesen sind, „perfekt immun“ gegen Omikron.

Unterschiedliche Ansichten zum Thema Impfstoffe und deren Wirksamkeit

Stéphane Bancel, der CEO des Impfstoffherstellers Moderna, prognostiziert für die derzeit zugelassenen Corona-Impfstoffe eine deutlich verringerte Schutzwirkung. Alle Wissenschaftler, mit denen er gesprochen habe, wären sich dahingehend einig, so Bancel am Dienstag zur Financial Times. Die jetzigen mRNA-Impfstoffe werden mit der Omikron-Variante zu kämpfen haben. Wie stark der Wirksamkeitsverlust sei, kann bislang noch nicht beziffert werden. Hierfür sind die entsprechenden Untersuchungen abzuwarten.

Ugur Sahin, Geschäftsführer und Mitbegründer des in Deutschland ansässigen Unternehmens BioNTech, gibt sich optimistischer: „Wir halten es für wahrscheinlich, dass die Menschen vor schweren, durch Omikron verursachten Infektionen, geschützt sind“, äußerte Sahin gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Als schwere Erkrankung bezeichnete er die Notwendigkeit einer Krankenhaus- oder Intensivbehandlung. Im Wall Street Journal beruhigte er die aufgeheizten Gemüter: „Macht euch nicht verrückt, der Plan bleibt derselbe: Beschleunigt die Verabreichung einer dritten Auffrischungsimpfung.“

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Stand:
02.12.2021
Quelle:

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