
Es liegt auf der Hand, dass Patienten, die nach einer Operation eine Infektion entwickeln, perioperativ kränker sind und auch ein höheres Sterberisiko haben als Patienten, denen eine solche Infektion erspart bleibt. Dabei geht es nicht nur um Wundinfektionen, sondern um alle Lokalisationen, beispielsweise auch um Harnwegsinfekte oder Pneumonien. In der Regel wird in der Chirurgie in Bezug auf die Mortalität und Morbidität nur eine Zeitspanne von 30 Tagen nach der Operation – der perioperative Zeitraum – erfasst.
Infektionsrisiko für das erste postoperative Jahr
Doch wie sieht es im weiteren Verlauf für die Patienten aus? Das wollten Wissenschaftler der Harvard- Universität in Boston (Massachusetts, USA) wissen. Daher untersuchten sie in einer retrospektive Kohortenstudie aus dem US-amerikanischen Register der Veterans Health Administration die Daten von Patienten, die sich zwischen Januar 2008 und Dezember 2015 einem größeren chirurgischen Eingriff unterzogen hatten. Dabei wurden zwei Gruppen mit einander verglichen: Patienten mit einer Infektion innerhalb der ersten 30 Tage postoperativ, und solche die dies in diesem Zeitraum nicht erlitten hatten.
Über 600.000 Patientendaten ausgewertet
Insgesamt gingen Daten von 659.486 Patienten in die Auswertung ein. 23.815 dieser Operierten (3,6 %) hatten bis Tag 30 postoperativ und 6,6 % bis zu einem Jahr nach der Operation eine Infektion entwickelt. Am häufigsten waren Infektionen an der Operationsstelle (40,2 %), Harnwegsinfekte (27,5 %), Pneumonie (14,8 % und Sepsis (8,8 %) registriert worden. Die Spätinfektionen (Tag 31-365) schlossen all diese Lokalisationen mit ein.
Dreimal mehr Spätinfektionen
Bei der statistischen Auswertung stellte sich heraus, dass die Patientengruppe mit der perioperativen Infektion ein 3,2fach erhöhtes Risiko für Spätinfektionen hatte. Außerdem war das Risiko, ein Jahr nach der OP an einer Spätinfektion zu sterben, um das 1,9fache erhöht im Vergleich zu den Patienten, denen die perioperative Infektion erspart geblieben war.
Mehr Prävention von postoperativen Infektionen
Offenbar verändert eine postoperative Infektion das Immunsystem längerfristig, schließen die Bostoner Wissenschaftler aus ihren Ergebnissen. Sie belegen, dass postoperative Infektionen auch über den als „kritisch“ eingeschätzten Zeitraum der ersten 30 Tage nach OP hinaus zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen können. Dieses Spätrisiko werde derzeit unterschätzt, betonen die Autoren der Studie. Die Prävention postoperativer Infekte müsse daher weiter verbessert werden.