
Ein spanisches Forscherteam untersuchte in einer retrospektiven Kohortenstudie den Nutzen der Primärprävention mit Statinen in alten und sehr betagten Personen. Die Daten stützen nicht die weitverbreitete Verschreibung von Statinen, sondern belegen deren protektiven Effekt gegenüber atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankungen und eine reduzierte Mortalität nur für Patienten mit Typ-2-Diabetes unter 85 Jahren [1].
Hintergrund
Die Wirksamkeit von Statinen bei der Reduzierung kardiovaskulärer Ereignisse und der kardiovaskulären Mortalität in der Sekundärprävention bei Personen ab 75 Jahren ist gut belegt. Verordnungen von Statinen für ältere Patienten haben in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Jedoch fehlen bisher Belege für die Wirksamkeit von Statinen in der Primärprävention bei älteren Menschen über 74 Jahren.
Zielsetzung
Ein Forscherteam um Rafael Ramos untersuchte im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie, ob ein Zusammenhang zwischen einer Statinbehandlung und der Verringerung atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankungen (engl. cardiovascular disease, CVD) und der Mortalität bei alten und sehr betagten Erwachsenen mit und ohne Diabetes besteht.
Methodik
Die Wissenschaftler identifizierten aus der Datenbank des katalanischen Systems zur Primärversorgung (SIDIAP) für die Jahre 2006 bis 2015 46.864 Personen im Alter von mindestens 75 Jahren ohne klinisch bestätigte Kardiovaskularerkrankung und stratifizierten diese nach dem Vorliegen eines Typ-2-Diabetes mellitus und der Einnahme von Statinen.
Die Inzidenzen von atherosklerotischen CVD und der Gesamtmortalität für die verschiedenen Gruppen wurden mithilfe eines Cox-Modells (proportional hazards model) verglichen. Es erfolgte eine Adjustierung bezüglich des Propensity Scores für die Statinbehandlung. Der Zusammenhang zwischen dem Alter und der Wirkung von Statinen wurde über einen kategorischen Ansatz bewertet, wobei eine Stratifizierung nach alten (75 bis 84 Jahre) und sehr betagten (≥ 85 Jahre) Altersgruppen vorgenommen wurde. Zusätzlich wurde eine kontinuierliche Analyse mit additivem Cox-Proportional-Hazard-Modell durchgeführt.
Ergebnisse
Das mittlere Alter der berücksichtigten Personen lag bei 77 Jahren, mit einem Frauenanteil von 63%. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 5,6 Jahre.
Für Personen ohne Diabetes im Alter von 75 bis 84 Jahren wurden Hazard Ratios (HR) von 0,94 (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,86-1,04) für atherosklerotische CVD und von 0,98 (KI 0,91 bis 1,05) für die Gesamtmortalität bestimmt. Für Personen im Alter von über 85 Jahren lagen die HR bei 0,93 (KI 0,82 bis 1,06) und bei 0,97 (KI 0,90 bis 1,05).
Für Patienten mit Diabetes im Alter von 75 bis 84 Jahren lagen die Hazard Ratios bei 0,76 (0,65 bis 0,89) für atherosklerotische CVD und bei 0,84 (0,75 bis 0,94) für die Gesamtmortalität. Für Patienten im Alter von über 85 Jahren wurden HR von 0,82 (0,53 bis 1,26) und 1,05 (0,86 bis 1,28) ermittelt.
Fazit
Bei Personen im Alter von über 74 Jahren ohne Typ-2-Diabetes war eine Behandlung mit Statinen nicht mit einer Verringerung von atherosklerotischen CVD oder der Gesamtmortalität assoziiert. Bei Vorliegen eines Diabetes war die Inzidenz von atherosklerotischen CVD und die Gesamtmortalität statistisch signifikant verringert. Der positive Effekt war bei Patienten im Alter von über 85 Jahren reduziert und fehlte gänzlich bei Neunzigjährigen.
Die Autoren weisen darauf hin, dass die Studienergebnisse auf einer Reihe von Einschränkungen beruhen und Daten einer kontrollierten Studie im Jahr 2022 zu erwarten sind.
Die Studie wurde durch mehrere öffentliche nationale und einen europäischen Zuwendungsgeber gefördert.