
Afamelanotid ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Melanocortin-Rezeptor-Agonisten. Als Strukturanalogon des α-Melanozyten-stimulierenden Hormons (α-MSH) hat es eine Bindungspräferenz für den Melanocortin-1-Rezeptor (MC1R) auf Melanozyten in der Haut. Nach der Bindung an diesen Rezeptor wird – unabhängig von der Sonneneinstrahlung – die Synthese des schwarz-braunen Pigments Eumelanin stimuliert. In Folge wird die Haut pigmentbedingt dunkler und die Breitbandabsorption von UV- und sichtbarem Licht erhöht. Zudem wirkt Eumelanin antioxidativ, indem das Pigment freie Radikale bindet. Laut Herstellerfirma soll sich dies ebenfalls positiv auf den Lichtschutz auswirken.
Die verstärkte Hautpigmentierung setzt etwa zwei Tage nach der Implantation ein und hält zwei Monate an.
Dosierung von Scenesse
Scenesse wird von der Firma Clinuvel (Uk) Limited als etwa reiskorngroßes Implantat mit 16 mg Wirkstoffgehalt Afamelanotid angeboten. Es wird alle zwei Monate subkutan über dem Beckenkamm implantiert. Es löst sich im Gewebe auf und muss nicht wieder entfernt werden.
Die Prävention sollte über einen Zeitraum mit verstärkter Sonneneinstrahlung erfolgen und kann zum Beispiel von Frühjahr bis Frühherbst andauern. Pro Jahr sollen laut Herstellerempfehlung drei bis maximal vier Implantate eingesetzt werden. Vor einer Implantation müssen Ärzte an einer speziellen Schulung der Herstellerfirma teilnehmen
Symptomfreie Zeit in Studien nahezu verdoppelt
Für subkutan eingesetzte Implantate mit dem Wirkstoff Afamelanotid gibt es bei erythropoetischer Protoporphyrie bislang zwei placebokontrollierte Phase-III-Studien (Europa und USA). Dabei sollte ermittelt werden, wie lange sich Patienten mit EPP symptomfrei in der Sonne aufhalten können. Während des Studienzeitraums von 180 Tagen betrug diese bei Patienten, die Afamelanotid implantiert bekamen, durchschnittlich 115,6 Stunden. In der Placebogruppe waren es 60,6 Stunden. Somit kann Afamelanotid die beschwerdefreie Aufenthaltsdauer im Freien deutlich erhöhen und die Lebensqualität von EPP-Patienten erheblich verbessern.
Die erythropoetische Protoporphyrie ist eine seltene Erbkrankheit der Haut. Ursache ist ein Gendefekt, der die Aktivität des Enzyms Ferrochelatase verringert. Ferrochelatase ist am Ende der Häm-Synthese für den Einbau von Eisen-Ionen in den Protoporphyrin-Ring verantwortlich. Bei EPP erhöht sich die Protoporphyrin-Konzentration in den Erythrozyten, der Leber und den Blutgefäßen. Eine Lichtexposition verursacht bei Betroffenen schmerzhafte Hautreaktionen, die oft als „Lichtallergie“ bezeichnet werden. Typische Symptome sind brennende Schmerzen im Gesicht und an den Händen, die häufig von Hautrötung und Schwellungen begleitet werden. Neben der Lichtdermatose erhöht der Protoporphyrin-Überschuss das Risiko von Gallensteinen und Leberschäden.
Der Gendefekt als Ursache der EPP kann nicht kausal behandelt werden. Um Beschwerden zu verhindern, konnten Betroffene bislang nur Sonnenlicht meiden und auf einen übermäßigen Aufenthalt im Freien verzichten. Mit Afamelanotid erhöht sich die Hautpigmentierung und bietet so einen gewissen Lichtschutz.
Afamelanotid wurde ursprünglich zur Hautkrebs-Prophylaxe entwickelt, erhielt für diese Indikation aber nie eine Zulassung.