
Seit der Antike wird ein Zusammenhang zwischen Schmerzen und dem Wetter diskutiert. So geben beispielsweise drei Viertel aller Arthritis-Patienten an, dass sie bei bestimmten Wetterlagen – beispielsweise, wenn ein Tiefdruckgebiet im Anmarsch ist, oder bei Kälte – mehr Schmerzen haben. Obwohl einige Wissenschaftler diese Berichte als Befindlichkeitsstörungen oder Einbildung abtun, gab es viele Versuche, diese Relation zu beweisen. Doch diese Studien brachten meist keine eindeutigen Ergebnisse. Mal waren die Stichproben zu klein oder das Patientenkollektiv zu heterogen; mal war die Beobachtungszeit zu kurz oder es standen nicht genug Wetterparameter zur Verfügung.
Datensammlung mittels Smartphone-App
Doch die moderne Technik bietet neue Möglichkeiten, auch dem Zusammenhang zwischen Wetter und Schmerzen auf die Spur zu kommen. Das dachten sich jedenfalls Wissenschaftler aus Manchester (Großbritannien). Sie verwendeten für ihre Studie „Cloudy with a Chance of Pain“ eine speziell programmierte App, die sich Schmerz-Patienten auf ihr Handy laden konnten. Dies taten auch mehr als 13.000 Personen. Allerdings blieben nicht alle bei der Stange. Immerhin konnten die Daten von 2658 Teilnehmern in ganz Großbritannien ausgewertet werden.
Patientenangaben mit lokalen Wetterdaten abgeglichen
Diese täglichen Angaben (u. a. bestehen Schmerzen und wenn ja, wie stark, Schlafqualität, Stimmung, Aufenthalt im Freien, körperliche Aktivitäten) wurden mit den Wetterparametern Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Luftdruck und Windgeschwindigkeit abgeglichen. Diese Werte wurden bei den Wetterstationen abgerufen, die am nächsten der mittels GPS georteten Handys lagen.
Relative Luftfeuchtigkeit macht am meisten zu schaffen
Aus der gigantischen Datenmenge ließ sich berechnen, dass es vor allem eine Zunahme der relativen Luftfeuchtigkeit ist, die den Probanden mehr Schmerzereignisse bescherte. Die Odds Ratio betrug (OR) 1,139 (95% -Konfidenzintervall 1,099–1,181) pro 10-prozentigem Anstieg, d.h.: steigt die Luftfeuchtigkeit um zehn Prozent an, steigt das Schmerzrisiko um jeweils etwa 14 Prozent.
Auch die Zunahme der Windgeschwindigkeit wirkt sich offenbar auf Schmerzereignisse aus: Nimmt der Wind um 1 m/ s zu, steigt das Risiko für Schmerz um 2% (OR 1,02 (KI 1,005–1,035).
Kein Einfluss durch Temperatur
Interessant war, dass die Außentemperatur offenbar keinen signifikanten Einfluss auf die Schmerzen hatte (OR 0,996 (0,985–1,007) pro 1 ° C Anstieg).
Der sinkende Atmosphärendruck bei Wetterverschlechterung hatte ebenfalls keinen Einfluss. Stieg hingegen der Luftdruck, war die Wahrscheinlichkeit für Schmerzen jedoch etwas geringer, und zwar etwa 1,4 % pro 10-mbar-Anstieg (OR 0,962, KI 0,937–0,987).
Schlechte Stimmung – hohes Schmerzrisiko
Ein weiterer statistisch unabhängiger Risikofaktor für Schmerzereignisse war die Stimmungslage, die bei der täglichen App-Meldung ebenfalls abgefragt wurde. Bei sehr schlechter Stimmung war das Risiko, unter Schmerzen zu leiden vier Mal höher verglichen mit einer sehr guten Stimmung (OR 4,083).
Körperliche Aktivität – obwohl diese immer als positiv bei Schmerzsyndromen bewertet wird – hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Schmerzen (OR 0,939, 0,881–1,002; hohe versus niedrige Aktivität).
Wettereinfluss vorhanden, aber eher gering
Fazit der Manchester Epidemiologen: Es gibt tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Wetter und Schmerzen, vor allem ist offenbar die relative Luftfeuchtigkeit mit einer Schmerzzunahme verbunden. Insgesamt war der Einfluss des Wetters auf Schmerzereignisse zwar statistisch signifikant, aber doch eher „bescheiden“. Berechnet man die „schlimmste“ Kombination der Wettervariablen, würde die Wahrscheinlichkeit eines Schmerzereignisses im Vergleich zu einem durchschnittlichen Tag um etwas mehr als 20% steigen.
Vom Wetterbericht zur Schmerzvorhersage
Trotzdem könnten die Ergebnisse für Schmerzpatienten durchaus von Nutzen sein: Der Wetterbericht ließe sich quasi als Schmerzvorhersage nutzen und somit eventuell helfen, die Tagesaktivitäten entsprechend zu planen.