Welchen Einfluss hat Cholesterin auf das Demenzrisiko?

In einer prospektiven Kohorte aus Norwegen untersuchten Forscher den Einfluss einer familiären Hypercholesterinämie auf das Demenzrisiko. Auch der Einfluss von Statinen wurde berücksichtigt. Es erfolgte ein Vergleich mit einer gesunden Kontrolle-Gruppe.

LDL Cholesterol

Hintergrund

Die häufigste Form von Demenz ist Alzheimer. Die Inzidenz liegt bei 13% bei Menschen über dem 65. Lebensjahr und steigt mit zunehmendem Alter auf 45% (ab 85 Jahren). Da es bislang keine kausale Therapie für die Erkrankung gibt und gleichzeitig der demographische Wandel eine Zunahme der Krankheitsfälle verstärkt, liegt ein bedeutender Fokus auf der Identifikation von Risikofaktoren und entsprechenden Präventionsmaßnahmen.

Kardiovaskuläre Risikofaktoren sind auch bedeutend für die Demenz-Entwicklung. Ein Drittel aller Demenzfälle könnte mit kardiovaskulären Risikofaktoren assoziiert sein und daher vermeidbar. Zu den kardiovaskulären Risikofaktoren zählt – neben Rauchen, Adipositas, Bluthochdruck und Diabetes mellitus – auch eine Hypercholesterinämie. Dabei sind die LDL-Cholesterin-Werte mit dem Demenzrisiko assoziiert. Hohe LDL-Spiegel scheinen mit neurodegenerativen Prozessen assoziiert zu sein und die Ergebnisse neuerer Studien weisen auf eine Verbindung zwischen Entzündung, Dyslipidämie, Arteriosklerose und Demenz hin.

Die familiäre Hypercholesterinämie stellt ein mögliches Modell zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Arteriosklerose und Demenz dar. Diese hereditäre Erkrankung wird durch eine Mutation im LDL-Cholesterin-Rezeptor ausgelöst. Bei Menschen mit familiärer Hypercholesterinämie treten hohe LDL-Cholesterinwerte von Geburt an auf und erhöhen das Risiko einer frühen Arteriosklerose und von kardiovaskulären Erkrankungen.

Zielsetzung

Ein Team um Dr. Liv Mundal vom Oslo University Hospital, Norwegen, untersuchte, ob Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie ein erhöhtes Demenzrisiko haben und ob eine Statin-Therapie das Demenzrisiko bei diesen Patienten beeinflusst [1].

Methodik

Die Datenerhebung fand im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie statt, die zwischen 2008 und 2018 in Norwegen durchgeführt wurde. Die statistische Auswertung erfolgte im Zeitraum von Januar 2021 bis Februar 2022. In die Studie wurden Menschen mit genetisch bestätigter familiärer Hypercholesterinämie und eine nach Alter und Geschlecht gematchte Kontrollen ohne familiäre Hypercholesterinämie aus der norwegischen Bevölkerung einbezogen.

Eine Demenz wurde nach der anerkannten ICD-Klassifikation definiert. Registriert wurden Fälle von Demenz allgemein, vaskulärer Demenz und Alzheimer-Demenz. Daneben wurden Daten zur Statin-Einnahme aus verschiedenen Patienten- und Verschreibungsregistern in Norwegen berücksichtigt (Norwegian Patient Registry, Cause of Death Registry, Norwegian Prescription Database). Berechnet wurden die Hazard Ratios (HR) für das Demenzrisiko von Personen mit familiärer Hypercholesterinämie und den gematchten Kontrollen. Die kumulierten Statin-Tagesdosen wurden ebenfalls berechnet.

Ergebnisse

Insgesamt gingen 3.520 Individuen mit familiärer Hypercholesterinämie in die Studie mit ein. Davon war ca. die Hälfte (52 %) weiblichen Geschlechts und das mittlere Alter bei Studieneintritt lag bei 51,8 Jahren. Die Kontrollgruppe bestand aus 69.713 Individuen mit korrespondierender Alters- und Geschlechtsverteilung.

Demenzrisiko bei familiärer Hypercholesterinämie

Innerhalb des Beobachtungszeitraums von 10 Jahren entwickelten 62 Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie und 1.294 der Kontroll-Probanden eine Demenz. Damit liegt, betrachtet man die Größe der Gesamtgruppen (einer Person mit familiärer Hypercholesterinämie wurden 20 Kontroll-Personen gegenübergestellt), kein bedeutender Unterschied zwischen beiden Gruppen vor. Die meisten Demenzfälle traten bei Menschen ab 70 Jahren auf (39 Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie [62,9%] und 870 Kontroll-Personen [62,7%]). Insgesamt zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Demenzrisiko zwischen beiden Gruppen (HR für Demenz 0,9%; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,7-1,2).

Statin-Therapie ohne Einfluss

Es zeigte sich keine Assoziation zwischen den kumulierten Statin-Tagesdosen und Demenz bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie, unabhängig von der Statin-Dosis (niedrig = unter 5.000 Tagesdosen, hoch = über 10.000 Tagesdosen).

Fazit

Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Menschen mit einer familiären Hypercholesterinämie kein erhöhtes Demenzrisiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung haben. Eine Statin-Therapie bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie scheint das Demenzrisiko ebenfalls nicht zu beeinflussen.

Limitationen der Studie sind das relativ junge Alter der Teilnehmenden. Bezüglich der Ergebnisse zur Statin-Therapie könnte diese das Demenzrisiko bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie beeinflusst haben. Der ausbleibende Dosiseffekt könnte durch die geringe Zahl von Demenzfällen in den einzelnen Dosisgruppen verzerrt sein.

Quelle:

Mundal et al. (2022): Association of Familial Hypercholesterolemia and Statin Use With Risk of Dementia in Norway. JAMA Network Open, DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.7715

 

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