
Die Chemotherapie neoadjuvant durchzuführen, ist wenig effektiv, berichtete Dr. Myriam Chalabi vom Netherlands Cancer Institute in Amsterdam [1]. Sie führt nur bei 5-7% der dMMR Kolonkarzinome zu einem pathologischen Ansprechen.
Dagegen hatte eine kurze neoadjuvante Immuntherapie mit zwei Infusionen Nivolumab und einer Infusion Ipilimumab in einer kleinen Studie (n=31) vor zwei Jahren eine 100%ige pathologische Ansprechrate erzielt [2]. Jetzt stellte Chalabi anlässlich des ESMO Congress 2022 die Ergebnisse der NICHE-2-Studie vor, die diese Ergebnisse an einer größeren Kohorte bestätigen sollte.
Einmal Nivolumab/Ipilimumab, einmal Nivolumab alleine
Die akademisch initiierte, nicht-randomisierte Studie wurde in sechs Zentren in den Niederlanden durchgeführt. 122 nicht vorbehandelte Patientinnen und Patienten mit nicht-metastasiertem dMMR Kolonkarzinom nahmen teil, darunter 74% mit einem radiologischen Hochrisikotumor (T4a, T4b und/oder N2).
Neoadjuvant erhielten alle einen Zyklus mit Nivolumab (3 mg/kg) plus Ipilimumab (1 mg/kg) und nach zwei Wochen einen weiteren Zyklus nur mit Nivolumab (3 mg/kg). Nach insgesamt sechs Wochen wurden die Patientinnen und Patienten operiert. Die Studie soll zeigen, dass die neoadjuvante Therapie bei dMMR Kolonkarzinom machbar und sicher ist.
Patientinnen und Patienten der Vorgängerstudie NICHE-1 wurden in die Auswertung mit integriert. Ziel war der Nachweis eines verbesserten krankheitsfreien Überlebens (engl. disease-free survival, DFS) nach drei Jahren. Dieser Endpunkt ist noch nicht auswertbar, Chalabi stellte aber die pathologischen Ansprechraten vor.
Kurze Therapie – überschaubare Toxizität
Irgendeine immunassoziierte Nebenwirkung entwickelte sich bei 61% der Patientinnen und Patienten, einen Grad ≥3 erreichten diese unerwünschten Ereignisse bei 4% (je einmal Amylase-Anstieg, Lipase-Erhöhung, Hepatitis, Myositis und Hautauschlag). Aufgrund solcher Nebenwirkungen kam es nur bei zwei Betroffenen (2%) zu einer Verzögerung der OP um maximal zwei Wochen.
Mit einer 98%igen Rate pünktlicher OPs war der primäre Sicherheitsendpunkt erreicht. Die mediane Zeit bis zur OP betrug nur 5,4 Wochen, betonte Chalabi. Es wurde bei allen OPs eine R0-Resektion erzielt.
Pathologisches Ansprechen überragend
In der per Protokoll behandelten Population (n=107) betrug die mediane Zeit zwischen Behandlungsbeginn und OP fünf Wochen. Die Resektrate zeigten bei 99% der Operierten ein pathologisches Ansprechen (50% oder weniger residuelles lebensfähiges Tumorgewebe), nur ein Patient hatte eine geringere pathologische Tumorregression. 95% der Kohorte wiesen ein majores pathologisches Ansprechen (MPR) mit höchstens 10% lebendes residuelles Tumorgewebe. 67% zeigten ein pathologisches Komplettansprechen (pCR) - mit nur vier Wochen neoadjuvanter Behandlung, betonte Chalabi.
Noch kein Rezidiv beobachtet
Bislang wurden die Patientinnen und Patienten im Median 13 Monate nachbeobachtet. 14 von ihnen hatten wegen einer ypN+-Erkrankung die Indikation zu einer adjuvanten Chemotherapie, die allerdings sechs ablehnten. Ein Rezidiv trat bislang nicht auf. In einer Hochrisiko-Population müsste die Rezidivrate in der Beobachtungszeit laut Chalabi bereits bei etwa 15% liegen.
Sie hofft, die Auswertung des zweiten primären Endpunkts der Studie, das 3-Jahres-DFS, im Jahr 2023 vorstellen zu können. Schon jetzt hat die neoadjuvante Kurztherapie mit Nivolumab und Ipilimumab ihrer Ansicht nach das Potenzial, ein Standard in der Therapiestandard des dMMR Kolonkarzinoms zu werden.
Die NICHE-Studie ist im European Union Clinical Trials Register unter der Nummer EudraCT 2016-002940-17 registriert. Sie wurde akademisch initiiert und von Bristol-Myers Squibb finanziert.