
Die Hinzunahme der Immuntherapie könnte einen Unterscheid machen. Nach den ersten Ergebnissen der randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie KEYNOTE-412 verbessert sich durch die Hinzunahme von Pembrolizumab zur Strahlenchemotherapie (engl. Chemoradiation Therapy, CRT) mit Hochdosis-Cisplatin zwar das ereignisfreie Überleben (EFS).
Der Unterschied erreicht aber im Vergleich zur CRT alleine keine Signifikanz, berichtete Professor Dr. Jean-Pascal Machiels von den Universitätskliniken Saint-Luc in Brüssel anlässlich des ESMO Congresses 2022 [1].
Pembrolizumab parallel zur CRT und als Erhaltung
Weil die Wirksamkeit von Pembrolizumab mit oder ohne Chemotherapie zur Behandlung bei rezidivierten oder metastasierten Kopf-Hals-Tumoren gut etabliert ist, gab es eine starke Rationale, Pembrolizumab auch bei lokal fortgeschrittener Erkrankung einzusetzen, erläuterte er. In der Studie KEYNOTE-412 erhielten alle Patientinnen und Patienten eine CRT mit Cisplatin (100 mg/m² alle drei Wochen) sowie eine akzellerierte Bestrahlung mit insgesamt 70 Gy und randomisiert entweder Pembrolizumab (200 mg) oder Placebo i.v. alle drei Wochen.
Nach Ende der CRT war eine Erhaltungstherapie mit Pembrolizumab oder Placebo über maximal 14 Zyklen vorgesehen. Primärer Endpunkt der Studie war das ereignisfreie Überleben (engl. event-free survival, EFS), wobei als Ereignisse Versterben oder ein radiologisch oder pathologisch belegtes Rezidiv ausgewertet wurden.
Verschiedene Tumore eingeschlossen
Rekrutiert wurden Patientinnen und Patienten mit einem neu diagnostizierten, pathologisch bestätigten, nicht vorbehandelten lokal fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumor (entweder T3-T4 mit N0–N3 oder jeder N2a-N3-Tumor [T1-T4]). Am häufigsten waren Tumoren des Oropharynx (in jeder Gruppe etwa die Hälfte der Fälle), gefolgt von Larynxkarzinomen (je etwa 22%). In etwa einem Viertel der Tumore wurde das humane Papillomvirus (HPV) nachgewiesen. Eine Expression des Biomarkers PD-L1 (Abk. für engl. Programmed Death-Ligand 1) war bei 84-86% der Karzinome nachzuweisen (CPS-Wert ≥1), bei etwa 36% in beiden Gruppen war die PD-L1-Expression hoch (CPS-Wert ≥20).
Behandlung wurde häufig toleriert
Die CRT-Phase mit Pembrolizumab schlossen 86% der Patientinnen und Patienten ab (Placebo: 88%), die Erhaltungsphase noch 60% (Placebo 63%). Die Exposition mit der Behandlung war exzellent, meinte Machiels.
Er betonte, die Nebenwirkungen hätten dem entsprochen, was von den Therapien zu erwarten sei, und nannte Stomatitis, Strahlenschäden an der Haut, Nausea und Anämie als häufigste Nebenwirkungen insgesamt und Schilddrüsenfunktionsstörungen und Pneumonitis als häufigste immunvermittelten Nebenwirkungen.
Studienziel knapp verfehlt
Das mediane EFS war im Pembrolizumab-Arm noch nicht erreicht und lag mit Placebo-CRT bei 46,6 Monaten. Es ergab sich ein numerischer Unterschied in der Ereignisrate (Pembrolizumab: 42,5%, Placebo: 47,8%), der aber nicht statistisch signifikant war (Hazard Ratio [HR] 0,83; 95% Konfidenzintervall [KI] 0,68–1,03; p=0,0429 – die Überlegenheitsschwelle lag bei einem p-Wert von 0,0242).
Auch die Raten von Tod, lokoregionären Rezidiven oder Fernmetastasierungen zeigten keinen signifikanten Unterschied zwischen Pembrolizumab-CRT- und Placebo-CRT-Gruppe. Das Gesamtüberleben (engl. overall survival, OS) war nach einer vorläufigen Analyse ebenfalls nicht unterschiedlich (HR 0,90; 95% KI 0,71–1,15), der Median war aber in beiden Gruppen noch nicht erreicht und formal war auch eine OS-Analyse bei Verfehlen des primären Endpunkts ausgeschlossen worden.
PD-L1-Expression scheint relevant
Eine Subgruppenanalyse zeigte aber, dass die PD-L1-Expression möglicherweise eine Rolle spielt. Bei einem CPS-Wert ≥1 lag die HR für eine Ereignis zugunsten von Pembrolizumab bei 0,80 (95% KI 0,64–1,00), bei einem CPS-Wert < 1 bei 1,09 (95% KI 0,56–2,11). Daraufhin führte die Studiengruppe eine explorative Post-hoc-Analyse zum möglichen Einfluss der PD-L1-Expression durch. Bei einem CPS-Wert von ≥1 war das EFS, nicht aber das OS in den Studienarmen unterschiedlich.
Bei einem CPS-Wert ≥20 zeigte sich für beide Endpunkte ein Trend hin zu einer größeren Effektivität von Pembrolizumab zusätzlich zur CRT. Ob in einer Subgruppe mit hoher PD-L1-Expression der Einsatz von Pembrolizumab zusätzlich zur CRT gerechtfertigt ist, muss erst noch eine prospektive Studie untersuchen.
Laut Machiels bleibt es erst einmal dabei: Die Behandlung von lokal fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren ist eine Herausforderung.
Die Studie ist auf ClinicalTrials.gov unter der Nummer NCT03040999 registriert. Sie wurde von Merck Sharp & Dohme finanziert.