
Hintergrund
CAR-T-Zell-Therapien gehören zu den modernen, individuellen Immuntherapien gegen maligne Neoplasien. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie Tumoren erkennen, die für das Immunsystem „unsichtbar“ sind. Die Abkürzung „CAR“ steht dabei für „chimärer Antigenrezeptor“. Der CAR wird aus verschiedenen Bausteinen zusammengesetzt und kann Tumorantigene binden, für die es bislang keine passenden T-Zell-Rezeptoren gab. Er wird gentechnologisch in T-Zellen integriert, die zuvor beim jeweiligen Patienten entnommen wurden. Die CAR-T-Zellen werden dem Patienten anschließend per Infusion verabreicht. Nach dem Andocken des CARs an die Zielstruktur auf der Tumorzelle wird die CAR-T-Zelle stimuliert und bringt die Tumorzelle zum Absterben.
Bisheriger Einsatz der CAR-T-Zellen
Bisher zugelassen sind CAR-T-Zell-Therapien bei akuter lymphatischer Leukämie (ALL) der B-Zellreihe und diffus großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL), bei primär mediastinalem B-Zell-Lymphom (PMBCL) und bei Patienten mit multiplem Myelom, die zuvor mindestens 3 Therapien erhalten haben. Trotz guter therapeutischer Erfolge insbesondere bei ALL gibt es Optimierungsbedarf wie Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg in einer Pressemitteilung erklärt: „Sie (Patienten mit ALL) sprechen zwar sehr häufig auf die CAR-T-Zell-Therapie an, erleiden dann aber oft einen Rückfall.“ Bei Lymphknotenkrebs und multiplem Myelom besteht ein noch größerer Verbesserungsbedarf, weil die Ansprechraten deutlich geringer sind als bei ALL.
Ziele des neuen Forschungsverbunds
Um die bereits vorhandenen CAR-T-Zell-Therapien zu optimieren und vor allem auch um neue CAR-T-Zell-Therapien für andere Tumorarten, wie beispielsweise Brustkrebs oder Lungenkrebs, zu entwickeln, hat die Julius-Maximilians-Universität Würzburg den Forschungsverbund „Fighting Cancer with Optimal Personalized Immunotherapies“ (IMAGINE) ins Leben gerufen. Zu den insgesamt 7 Partnern in IMAGINE gehören verschiedene Biotech-Firmen und das Max-Planck-Institut für Biochemie, Planegg. Das Projekt wird koordiniert durch Prof. Dr. Markus Sauer, Inhaber des Lehrstuhls für Biotechnologie und Biophysik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Dem neuen Verbund steht ein Budget von 12 Millionen Euro zur Verfügung. Gefördert wird IMAGINE vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Erstes konkretes Ziel von IMAGINE
Sauer beschreibt das nächste konkrete Ziel von IMAGINE: „Wir möchten eine superauflösende Mikroskopie-Plattform entwickeln, die im klinischen Alltag einsetzbar ist.“ Die Plattform soll automatisiert und mit hohem Probendurchsatz tumorspezifische Antigene auf Tumorzellen erkennen. Außerdem soll sie die Qualität der im Labor erzeugten Antigen-Rezeptoren für die CAR-T-Zellen charakterisieren. „Damit könnten die beiden Zielmoleküle, Tumorantigene und Rezeptoren, mit bislang ungekannter Präzision identifiziert werden“, führt Sauer aus.
Potenzial von IMAGINE und CAR-T-Zell-Therapien
„Die Immuntherapie mit CAR-T-Zellen ist von höchster Bedeutung, weil sie das Potenzial hat, Monate oder Jahre dauernde konventionelle Krebstherapien durch eine Einmalbehandlung mit CAR-T-Zellen zu ersetzen“, erklärt Prof. Dr. Michael Hudecek vom Universitätsklinikum Würzburg. Dadurch würden die Ressourcen des Gesundheitssystems geschont und die Wiedereingliederung der Patientinnen und Patienten in den Beschäftigungsprozess unterstützt. IMAGINE legt den Grundstein dafür, dass CAR-T-Zellen in naher Zukunft auch für die Behandlung häufiger Krebsformen wie Brustkrebs, Lungenkrebs, Darmkrebs und Bauchspeicheldrüsenkrebs zum Einsatz kommen kann,“ ergänzt Einsele und führt weiter aus: „Zusätzlich sind Immuntherapien zukünftig auch bei Infektionserkrankungen, Autoimmunerkrankungen, degenerativen Erkrankungen und Herz-Gefäßkrankheiten denkbar.“