
Seit dem Sommer dieses Jahres besteht ein Versorgungsengpass paracetamol- und ibuprofenhaltiger Fiebersäfte für Kinder. Die beiden Wirkstoffe zählen laut dem Arzneimittelreport 2022 der Techniker Krankenkasse zu den Top drei der am häufigsten verordneten Wirkstoffe im pädiatrischen Bereich. Aber auch in der Selbstmedikation werden die schmerzlindernden und fiebersenkenden Substanzen häufig angewendet. Apotheken stellen derzeit vermehrt Rezepturarzneimittel her, um die Patientenversorgung zu sichern.
Aufgrund des aktuell hohen Infektionsdrucks gerade bei Kindern spitzt sich die Versorgunglage erneut zu. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat daher seine Empfehlungen zum Umgang mit der eingeschränkten Verfügbarkeit paracetamol- und ibuprofenhaltiger Arzneimittel für Kinder aktualisiert.
Kein Lieferabriss, aber Engpass
In einer Sondersitzung des Beirats für Liefer- und Versorgungsengpässe wurde über weiterführende Maßnahmen zur Abmilderung der Engpässe insbesondere paracetamol- und ibuprofenhaltiger Suppositorien und Säfte beraten. Dabei sei deutlich geworden, dass sich kein Lieferabriss abzeichne, die aktuell erhöhte Atemwegsinfektionsrate bei Kindern jedoch zu einem Mehrbedarf führe, der nicht vollumfänglich kompensiert werden könne.
Zusätzlich Verteilproblematik
Als im Sommer 2022 bekannt wurde, dass ein großer Hersteller der betroffenen Produkte keinen Wintervorrat produzieren würde, ist die Zahl der Einkäufe von Präparaten, die bis dahin weniger stark von dem Engpass betroffen waren, deutlich gestiegen. Dazu zählen Fiebersäfte mit Ibuprofen und Suppositorien mit Paracetamol. Das hatte erneut eine deutlich eingeschränkte Verfügbarkeit der Fiebermittel für Kinder zur Folge. Ebenso wurden regionale Ungleichverteilungen und die Bevorratung mit verfügbaren Beständen verstärkt. Daher kann laut BfArM neben dem erhöhten Bedarf auch weiterhin von einer Verteilproblematik ausgegangen werden.
Hohe Nachfrage kann nicht gedeckt werden
Die Daten, die das BfArM von den betroffenen Zulassungsinhabern erhalten hat, zeigen, dass die verfügbaren Bestände und Produktionsplanungen dem vorpandemischen Bedarf entsprechen. Die aktuell hohe Nachfrage könne damit laut der Behörde jedoch nicht gedeckt werden.
Empfehlungen zur Abmilderung der Engpässe
Der Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe spricht daher die folgenden Empfehlungen aus, die Apotheken, Großhandel und Ärzteschaft berücksichtigen sollen, um die Engpässe abzumildern.
- Keine Bevorratung über dem wöchentlichen Bedarf in Apotheken und beim Großhandel
- Bevorzugte Abgabe fester oraler Darreichungsformen, wie teilbarer Tabletten mit Paracetamol (ab 4 Jahren) und Ibuprofen (ab 6 Jahren)
- Fiebersäfte für Kinder und Jugendliche ab 9 Jahren sollen ausschließlich auf Rezept abgegeben werden, wenn die Einnahme fester Darreichungsformen nicht möglich ist
- Rezeptur- bzw. Defekturherstellung fiebersenkender Arzneimittel in der Apotheke
Rezepturarzneimittel werden erstattet
Im August haben sich der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. (ABDA) darauf geeinigt, dass Apotheken unter bestimmten Bedingungen als Kompensationsmaßnahme auf Rezepturarzneimittel zurückgreifen dürfen. Das DAC/NRF hat für die Apotheken neue Rezepturhinweise erarbeitet.
Zusätzlich hat der GKV-Spitzenverband den Krankenkassen dringend empfohlen, den Apotheken im Zeitraum der Lieferengpässe die höheren Kosten der Rezepturen zu erstatten. Die entsprechenden Verschreibungen sollen zudem bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Praxen gesondert berücksichtigt werden.