RSV-Impfung: Pfizer weckt Hoffnung auf neues Vakzin

Das US-Pharmaunternehmen Pfizer hat in einer aktuellen Pressemitteilung einen Durchbruch in der Impfstoffentwicklung gegen das Respiratory-Syncytial-Virus vermeldet. Die Erkrankungen bei Neugeborenen sollen durch einen Impfstoff für Schwangere um ca. 80% verhindert werden können.

Durchbruch

Die Bedeutsamkeit des Respiratory-Syncytial-Virus (RSV) wurde lange unterschätzt. Indessen ist der weltweit verbreitete Erreger die häufigste nachgewiesene Ursache für Atemwegsinfektionen bei Kindern unter 2 Jahren – und bis heute ohne kausale Therapie oder aktive Immunisierungsmöglichkeit [7].

Nach Tröpfcheninfektion und Replikation in den Atemwegen der Betroffenen schädigt RSV die Epithelzellen reversibel durch die Bildung von Synzytien. Durch eine Entzündungsreaktion und die Ablagerung von Mukus und Zelldetritus werden die Bronchien verlegt und es kommt zur klinischen Symptomatik [7]. Das Ausmaß von RSV-Infektionen reicht von selbstlimitierenden leichten Infekten der oberen Atemwege bis zu schweren, beatmungspflichtigen Lungenentzündungen. Nach aktuellen Schätzungen versterben jährlich über 100.000 Kinder weltweit an den Folgen einer RSV-Infektion [4].

Bislang wenige Therapieoptionen

Bis dato musste die Behandlung von RSV-Infektionen rein symptomatisch erfolgen, eine aktive Impfung oder kausale Therapie gegen RSV existierten nicht. Für Hochrisikokinder  empfiehlt eine aktuelle Leitlinie immerhin eine passive Immunisierung mit Palivizumab [3]; zudem gibt es seit neustem eine EMA-Zulassung für die passive Immunisiserung der Risikogruppe mittels „Beyfortus“ mit dem Wirkstoff Nirsevimab [1]. Die monoklonalen Antikörper richten sich auf verschiedene Arten gegen das F-Protein des Virus und blockieren somit das Eindringen des Erregers in die Epithelzellen [1⁠, 3].

Pfizer entwickelt aktiven RSV-Impfstoff

Pünktlich zum Beginn der RSV-Infektionswelle in den Wintermonaten November bis März hat das Pharmaunternehmen Pfizer nun einen Durchbruch in seiner Forschung an einem neuen Aktivimpfstoff gegen das Virus vermeldet: In einer Pressemitteilung vom 01. November 2022 berichtet das Unternehmen vom großen Erfolg der Phase-III-Studie MATISSE (Maternal Immunization Study for Safety and Efficacy), die die Anwendung des Impfstoffes „RSVpreF“ bei rund 7.400 Schwangeren in 18 Ländern untersuchte [5].

Schwangeren-Impfung schützt Neugeborenes

In der Vergangenheit wurde beobachtet, dass Neugeborene von Müttern, die eine milde RSV-Infektion durchgemacht haben, im Rahmen des sogenannten Nestschutzes vor der Erkrankung geschützt waren. Dieses Prinzip macht man sich nun zu Nutze: Der bivalente Impfstoff-Kandidat „RSVpreF“ sei Schwangeren im späten zweiten oder dritten Trimenon in einer Einmaldosis von 120 µg verabreicht worden. Die im Mutterlaib produzierten Antikörper sollen durch die Muttermilch an die Neugeborenen weitergegeben worden sein und richteten sich dann (ähnlich wie Palivizumab, jedoch mit größerer Wirksamkeit) gegen das virale Fusions-Protein (F).

Wirksamkeit

Nach Angaben der US-Pharmakonzerns sei die Wirksamkeit der Impfung enorm: 81,8% der schweren RSV-Infektionen der unteren Atemwege sollen in den ersten 90 Lebenstagen durch die maternale Immunisierung verhindert worden sein. In den ersten 6 Monaten läge die Wirksamkeit des Impfstoffes bei 69,4 %. Bereits in der Phase-II-Studie aus dem Frühjahr dieses Jahres hatte sich der Impfstoff-Kandidat als sicher erwiesen [8].

Untersuchungen bei Älteren

Die Wirksamkeit des Impfstoffes bei Erwachsenen ist aktueller Gegenstand der sogenannten RENOIR-Studie [6]. Vor wenigen Tagen hatte zudem auch das britische Unternehmen GSK gute Ergebnisse seines RSV-Impfstoffes in dieser älteren Altersgruppe veröffentlicht [2].

Zulassungsantrag bei FDA soll folgen

Laut ihrer Pressemitteilung hat Pfizer die Studie wegen der hohen Wirksamkeit des Impfstoffes auf Anraten des unabhängigen Data Monitoring Committee (DMC) vorzeitig abgebrochen und plant nun, die Zulassung bei der Food and Drug Administration (FDA) rasch zu beantragen.

Aktuell mangelt es noch an Transparenz des Pharmaunternehmens, welches noch längst nicht alle Studiendaten veröffentlicht hat – viele Fragen bleiben daher offen. Dennoch sind die aktuellen Entwicklungen in der RSV-Impfstoffforschung definitiv vielversprechend.

Autor:
Stand:
24.11.2022
Quelle:
  1. European Medicines Agency, Pressemitteilung, 16. September 2022
  2. Glaxo-Smith-Kline. Pressemitteilung, 02. November 2022
  3. Liese et al., Leitlinie zur Prophylaxe von schweren Erkrankungen durch Respiratory Syncytial Virus (RSV) bei Risikokindern, 30.10.2018
  4. Li et al. (2022): Global, regional, and national disease burden estimates of acute lower respiratory infections due to respiratory syncytial virus in children younger than 5 years in 2019: a systematic analysis. The Lancet, DOI: 10.1016/S0140-6736(22)00478-0
  5. Pfizer, Pressemitteilung, 01. November 2022
  6. Pfizer, Studienankündigung, 05. September 2021
  7. Robert Koch Institut, RKI-Ratgeber - Respiratorische Synzytial-Virus-Infektionen (RSV), Stand 06. Februar 2018
  8. Walsh et al. (2022): A Randomized Phase ½ Study of a Respiratory Syncytial Virus Prefusion F Vaccine. The Journal of infectious diseases, DOI: 10.1093/infdis/jiab612

 

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