Rote-Hand-Brief zu tolperisonhaltigen Arzneimitteln

Die Zulassungsinhaber informieren erneut über das Ergebnis einer kürzlich durchgeführten Evaluation bezüglich des Nutzen-Risiko-Verhältnisses für tolperisonhaltige Arzneimittel in den seit 2013 widerrufenen Indikationen (z.B. bei Erkrankungen des Bewegungsapparates muskuloskelettalen Ursprungs) hinweisen.

Rote-Hand-Brief

In Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sowie dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) möchten sie noch einmal auf folgende Fakten hinweisen.

Zusammenfassung

  • Tolperison ist seit 2013 nur noch zur symptomatischen Behandlung der Spastizität nach einem Schlaganfall bei Erwachsenen zugelassen, denn nur in dieser Indikation überwiegt der Nutzen die möglichen Risiken.
  • Daten aus verschiedenen europäischen Ländern deuten darauf hin, dass sich das Verschreibungsverhalten für Tolperison seit der Indikationseinschränkung im Jahr 2013 nicht tiefgreifend geändert hat und Tolperison weiterhin in den damals widerrufenen Indikationen (z.B. bei Erkrankungen des Bewegungsapparates muskuloskelettalen Ursprungs) verschrieben wird.
  • Die Behandlung mit Tolperison außerhalb der zugelassenen Indikation setzt Patienten einem Risiko z.B. für Überempfindlichkeitsreaktionen bis hin zu anaphylaktischen Reaktionen/anaphylaktischem Schock bei einem nicht nachgewiesenen Nutzen aus.
  • Bei der Verordnung von Tolperison in der zugelassenen Indikation sollten Angehörige der Gesundheitsberufe die Patienten auf das mögliche Risiko der Entwicklung von Überempfindlichkeitsreaktionen und die ggf. zu ergreifenden Maßnahmen beim Auftreten solcher Reaktionen hinweisen.

Hintergrund zu den Sicherheitsbedenken

Tolperison gehört zur Gruppe der zentral wirksamen Muskelrelaxanzien.

In einem 2013 für Tolperison abgeschlossenen Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 wurde festgelegt, dass tolperisonhaltige Arzneimittel nur zur symptomatischen Behandlung von Spastizität nach einem Schlaganfall bei Erwachsenen angewendet werden dürfen.

Die in diesem Risikobewertungsverfahren herangezogenen Daten aus klinischen Studien und Erfahrungen seit der Vermarktung zeigten, dass nur in dieser Indikation der Nutzen tolperisonhaltiger Arzneimittel in oraler Applikationsform die Risiken überwiegt.

Ein aktuelles Bewertungsverfahren des periodischen Unbedenklichkeitsberichts tolperisonhaltiger Arzneimittel zeigte jedoch, dass die Anwendungsbeschränkung nicht in allen europäischen Ländern ausreichend beachtet wird und es nach wie vor zu einem nicht unerheblichen Off-Label Use kommt.

Daten aus verschiedenen europäischen Ländern zeigen, dass das Verschreibungsverhalten für Tolperison nicht tiefgreifend geändert wurde.

Patienten, die in den nicht mehr zugelassenen Indikationen (z.B. bei Erkrankungen des Bewegungs-apparates muskuloskelettalen Ursprungs), mit Tolperison behandelt werden, sind demnach dem Risiko einer Hypersensitivitätsreaktion ausgesetzt, ohne dass nach derzeitigem Kenntnisstand ein substantieller Nutzen zu erwarten ist.

Im Hinblick auf das Risiko für schwerwiegende bis tödliche Hypersensitivitätsreaktionen ist das nicht akzeptabel.

Hinweis für den verschreibenden Arzt

Der verschreibende Arzt sollte bei der Verordnung von Tolperison die Patienten auf das Risiko der Entwicklung von Überempfindlichkeitsreaktionen und die ggf. zu ergreifenden Maßnahmen, wie den Abbruch der Behandlung und das sofortige Aufsuchen medizinischer Hilfe beim Auftreten solcher Reaktionen hinweisen.

PDF öffnenRote-Hand-Brief Tolperison Juni 2020

Autor:
Stand:
02.06.2020
Quelle:

Rote-Hand-Brief des BfArM, abgerufen am 02.06.2020

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