
Bedingte Zulassungen werden vor allem als Reaktion auf Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit wie bspw. durch die Corona-Pandemie ausgesprochen, da durch sie eine frühzeitige Verfügbarkeit von Arzneimitteln für den Einsatz in Notsituationen ermöglicht wird. Das Verfahren besteht aus verschiedenen Kontrollen und Gegenkontrollen und beruht auf einem Peer-Review-System, an dem viele Experten beteiligt sind: zwei für die Bewertung zuständige Berichterstatter, ein Gutachter, Fachausschüsse und Arbeitsgruppen (z. B. der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) für Sicherheit und die Arbeitsgruppe „Biotechnologie” für Qualität) und schließlich der Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA (mit Mitgliedern aus allen Mitgliedstaaten), der die Empfehlung ausspricht.
Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA kann eine bedingte Zulassung für ein Arzneimittel erteilen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels ist positiv
- der Antragsteller muss weitere umfassende Daten bereitstellen können
- das Arzneimittel erfüllt einen ungedeckten medizinischen Bedarf
- der Nutzen der sofortigen Verfügbarkeit des Arzneimittels ist größer als das Risiko
Wie bei jedem Arzneimittel kann die EMA, wenn neue Daten zeigen, dass der Nutzen des Arzneimittels die Risiken nicht mehr überwiegt, regulatorische Maßnahmen ergreifen, wie zum Beispiel die Aussetzung oder den Widerruf der Genehmigung für das Inverkehrbringen.
Aufgabe der EU-Kommission
Die rechtliche Verantwortung für die Marktzulassung liegt bei der Europäischen Kommission. Nach einer positiven Empfehlung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA überprüft diese die „Zuverlässigkeit aller Elemente, die die Marktzulassung stützen“ wie bspw.:
- wissenschaftliche Begründungen
- Produktinformationen
- Schulungsmaterial für Angehörige der Gesundheitsberufe
- Kennzeichnung
- Pflichten des Impfstoffentwicklers
- Anwendungsbedingungen und mögliche Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten
Bevor sie ihren Beschluss fasst, konsultiert die Kommission die Mitgliedstaaten, die für die Vermarktung und Verwendung des Produkts in ihren Ländern zuständig sind (per Komitologieverfahren – Prüfverfahren). Wenn die Mitgliedstaaten die Zulassung mit qualifizierter Mehrheit befürworten, kann die Kommission mit der Annahme ihres Beschlusses zur Genehmigung der Vermarktung fortfahren.
Unterschied zur Notfallzulassung
Bei der Notfallzulassung handelt es sich im Gegensatz zur bedingten Zulassung nicht um eine Zulassung, sondern um die Zulassung der vorübergehenden Anwendung eines nicht zugelassenen Präparats. Die bedingte Marktzulassung stellt sicher, dass Pharmakovigilanz, Herstellerkontrollen einschließlich Chargenkontrollen für Impfstoffe und andere Verpflichtungen nach der Zulassung rechtsverbindlich sind und von den wissenschaftlichen Ausschüssen der EMA kontinuierlich bewertet werden, und dass erforderlichenfalls regulatorische Maßnahmen ergriffen werden können.