
Aufgrund zu niedriger Impfquoten und steigenden Nachfrage nach Auffrischungs-, aber auch Erst- und Zweitimpfungen gegen das Coronavirus, ist eine schnelle Organisation und Durchführung der Erweiterung der Impfkampagne notwendig. Im Rahmen der Bund-Länder-Konferenz vom 2. Dezember 2021 wurde daher beschlossen, Apotheker, Zahn- und Tierärzte als impfberechtigte Berufsgruppen einzubinden. Hierzu verfassten SPD, Grüne und FDP den Entwurf eines »Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie«. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hat nun Stellung zu diesem Entwurf bezogen.
ABDA unterstützt Impfberechtigung
Durch eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) werden die zusätzlichen Leistungserbringer in einem neuen §20b befristet zur Schutzimpfung gegen das Coronavirus berechtigt. Die ABDA erklärt, die Apothekerinnen und Apotheker seien bereit, ihren Beitrag zu diesem gesetzgeberischen Vorhaben zu leisten und die Vereinigung unterstütze das Anliegen ausdrücklich. Allerdings seien bestimmte Punkte des Gesetzesentwurfs überarbeitungsbedürftig.
Blitzumfrage zeigt Impfbereitschaft
In einer Blitzumfrage der Vereinigung wurden vom 3. bis 7. Dezember 2021 etwa 6.800 Apothekenmitarbeiter befragt, darunter waren knapp 4.000 Apothekenleiter. Es sprachen sich 44,5% der Leiter dafür aus, bei passenden Rahmenbedingungen Impfungen gegen das Coronavirus anbieten zu wollen. Zudem gaben 7,6% an bereits eine Schulung zu Grippeschutzimpfungen absolviert zu haben. „Wenn die nötigen Änderungen am Infektionsschutzgesetz und der Corona-Impfverordnung jetzt zügig über die Bühne gehen, bin ich zuversichtlich, dass Impfungen in Apotheken früh im ersten Quartal 2022 starten können.“, so Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA.
Ärztliche Schulungen
Um die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Durchführung einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus zu erlangen, sollen die neuen Impfberechtigten ärztliche Schulungen absolvieren, die auf die vorhandenen Fähigkeiten des jeweiligen Berufsbildes zugeschnitten sind. Neben dem Setzten der Spritze zählen auch Anamnese, Aufklärung, Impfberatung sowie die Beobachtung nach der Impfung und die Anwendung von Notfallmaßnahmen im Falle einer akuten Impfreaktion zur Durchführung dazu.
Schulungen durch Rettungssanitäter ermöglichen
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Schulungen zu den Impfungen durch ärztliche Referenten durchgeführt werden. Auf Grundlage der Erfahrungen mit den Schulungen der Modellvorhaben zur Grippeschutzimpfung in Apotheken nach §132j SGB V empfiehlt die ABDA den Kreis der möglichen Referenten auf Rettungssanitäter bzw. Personen mit Qualifikation zur Durchführung der Ersthelferschulung nach den Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zu erweitern. Ausschließlich ärztliche Referenten zu gewinnen habe sich als schwierig gezeigt und könne daher einer zügigen Umsetzung des §20b IfSG entgegenstehen.
Eigenständige Entwicklung des Schulungsmaterials
Laut §20b Abs. 3 soll das Mustercurriculum für die Schulungen von Apothekern bis zum 31. Dezember 2021 gemeinsam von Bundesärztekammer (BÄK) und Bundesapothekerkammer (BAK) entwickelt werden. Die Standesvertretung der Apotheken hält die Zusammenarbeit mit der BÄK in diesem Fall jedoch nicht für nötig. Die BAK verfüge aufgrund des bestehenden Materials für die Schulungen zu Grippeschutzimpfungen über ausreichend Erfahrung, um das Curriculum eigenständig zu entwickeln. Zudem sei so eine zeitnahe Umsetzung noch vor dem 31. Dezember möglich. Die bundesweite Anwendung sei zudem durch die Beauftragung der BAK bereits gewährleistet.
Ergänzungsschulungen
Apotheker, die bereits im Rahmen der Modellvorhaben zur Grippeschutzimpfung Schulungen absolviert haben, sind auch zur Durchführung von COVID-19-Impfungen bei Personen ab 18 Jahren berechtigt. Der neue §20b IfSG sieht vor, dass Schulungen zur Impfung gegen SARS-CoV-2 dazu berechtigen, bereits Personen ab 12 Jahren zu impfen. Der dafür vorgesehene Impfstoff Comirnaty von BioNTech/Pfizer ist mit dem für Erwachsene identisch und es lägen bereits ausreichende Erfahrungswerte vor, heißt es in der Begründung des Gesetzesentwurfs. Für Apotheker, die zur Grippeschutzimpfung berechtigt sind, sollen daher Ergänzungsschulungen für Personen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren entwickelt werden.
Ausnahme vom Berufsrecht
In der Begründung zum §20b Abs. 1 IfSG findet sich zudem, dass Schutzimpfungen nur durchgeführt werden dürfen, wenn das Berufsrecht dem nicht entgegensteht. Maßgeblich seien hierbei die jeweiligen Berufsordnungen der Kammern.
Diese Einschränkung wird laut ABDA jedoch vom Wortlaut des eigentlichen Paragraphen nicht getragen und sei zudem nicht zielführend. Denn die Berufsordnung der Landesapothekerkammer Thüringen sehe derzeit keine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Ausübung der Heilkunde vor, sodass thüringer Apotheken keine Impfungen durchführen könnten. Zwar bricht nach Artikel 31 Grundgesetz Bundesrecht das Landesrecht, dennoch empfiehlt die ABDA hier eine Klarstellung.
Geeignete Räumlichkeiten
Die Durchführung der COVID-19-Impfungen durch Apotheker muss in geeigneten Räumlichkeiten mit der erforderlichen Ausstattung erfolgen. Alternativ ist die Einbindung ein andere Strukturen, wie mobile Impfzentren laut des Gesetzesentwurfes möglich. Die ABDA regt an, eine Ausnahme vom Grundsatz der Einheit der Betriebsräume nach §4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) für den Geltungszeitraum des §20b IfSG einzuführen. Auf diese Weise könnten externe Räumlichkeiten für die Durchführung der Corona-Impfungen auch ohne Einbindung in andere Strukturen genutzt werden.
Auch Zahn- und Tierärzte wollen impfen
Auch die Bundestierärztekammer (BTK) sowie die Bundeszahnärztekammer (BZTK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) erklären in ihren jeweiligen Stellungnahmen, sie seien bereit den Kampf gegen die Corona-Pandemie durch Mitwirken an der Impfkampagne zu unterstützen. Rechtliche und organisatorische Aspekte sind hier ebenso weiter zu klären. Die BTK schlägt beispielsweise vor, dass Tierärzte bis dahin in Impfzentren als zusätzliche Schicht eingesetzt werden oder mit Hausarztpraxen zusammenwirken. In letzterem Fall wäre dann ein humanmedizinischer Kollege greifbar, wenn es wirklich Komplikationen geben sollte.
Humanmediziner sehen Vorhaben weiter kritisch
Damit spielt die BTK wohl auf die Stellungnahme der BÄK an, die sich weiterhin gegen Impfungen außerhalb des humanmedizinischen Sektors ausspricht. Sie gibt zu bedenken, dass neben der Aufklärung und Impfanamnese, bei seltenen, aber durchaus schwerwiegenden Impfkomplikationen ärztliche Notfallmaßnahmen eingeleitet werden müssten, wofür eine einmalige ärztliche Schulung nicht ausreiche. Nach Einschätzung der BÄK gebe es derzeit weniger ein ärztlich-personelles, sondern vielmehr ein logistisches Problem, das die Verfügbarkeit von Impfstoffen betreffe. Das Einbeziehen anderer Berufsgruppen in die Impfkampagne sei im Falle akuter personeller Engpässe in Impfzentren oder mobilen Impfteams unter ärztlicher Delegation denkbar, zu favorisieren seien hierfür zunächst aber Medizinstudierende und medizinische Fachangestellte.