Corona-Impfungen in Apotheken geplant

Um die Impfkampagne weiter voranzutreiben, forderten verschiedene Politiker und Akteure im Gesundheitswesen COVID-19-Impfungen in Apotheken zu ermöglichen. Aus den Beschlüssen der Bund-Länder-Konferenz vom 2. Dezember 2021 geht hervor, dass dieses Vorhaben nun umgesetzt werden soll.

Impfung Apotheke

Aufgrund neuer, hochansteckender SARS-CoV-2-Virusvarianten wie Omikron, einer zu niedrigen Impfquote sowie dem nachlassenden Impfschutz, ist eine Ausweitung der Impfkampagne gegen das Coronavirus nötig. Zahlreiche Politiker unterschiedlicher Parteien, wie der CDU-Politiker und Präsident des Deutschen Städtetags Markus Lewe und die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel sprachen sich daher, ebenso wie verschiedene Akteure im Gesundheitswesen, für COVID-19-Impfungen in Apotheken aus. Während die Länderchefs auf der Bund-Länder-Konferenz Mitte November noch gegen dieses Vorhaben stimmten, ist nun eine Umsetzung geplant.

Leopoldina fordert sofortige Maßnahmen

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina betont in einer Stellungnahme die kritische Lage und die bevorstehende massive gesellschaftliche Herausforderung des Corona-Winters. Ein Anstieg der Todesfälle durch COVID-19 sowie die Unterversorgung anderer Schwerstkranker in Krankenhäusern müssten verhindert werden.

Grundimmunisierung und Auffrischungsimpfung so schnell wie möglich

Das Hauptproblem in Deutschland sei die zu hohe Zahl noch ungeimpfter Menschen, wie der Vergleich mit anderen Ländern mit höheren Impfquoten und Modellierungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zeigten. Hinzu komme der abnehmende Impfschutz einige Monate nach der Impfung. Daher seien sowohl die Grundimmunisierung Ungeimpfter als auch Auffrischungsimpfungen so schnell wie möglich nötig.

Apotheken und andere Berufsgruppen einbinden

Die Leopoldina fordert daher bis Weihnachten rund 30 Millionen Booster-Impfungen durchzuführen. Hierzu sollen auch weitere medizinische Berufsgruppen wie Apotheker, Amts- und Zahnärzte, Pflegekräfte und Hebammen in die Impftätigkeit einbezogen werden. Unterstützt werden sollen diese dabei durch die Bundeswehr, das Technische Hilfswerk sowie andere anerkannte private Hilfsorganisationen der Katastrophenvorsorge. Impfzentren sollen wiedereröffnet, mobile Impfangebote verstärkt werden. Einer raschen Einführung der Impfpflicht für Gesundheitsberufe soll eine allgemeine Impfpflicht folgen.

GMK-Beschluss fordert Impfung in Apotheken

In einem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) vom 29. November 2021 wird der Bundesgesetzgeber ebenfalls dazu aufgefordert die COVID-19-Impfung durch Apotheken und Zahnärzte zu ermöglichen. Es sollen Rechtsänderung vorbereitet werden, die eine befristete Ausnahmegenehmigung hierfür schaffen. Dazu sei insbesondere §132j SGB V – Regionale Modellvorhaben zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken – zu ergänzen. Der Beschluss hebt auch die Notwendigkeit hervor, dass ausreichend Impfstoff zur Verfügung stehen müsste.

KBV: Impfen bleibt originär ärztliche Aufgabe

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) befürwortet die Impfung in Apotheken hingegen nicht. „Die Corona-Pandemie bekommen wir nur gemeinsam in den Griff – und zwar jeder an seinem Platz“, erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV bereits Ende September im Rahmen einer Pressemitteilung. „Die Durchführung einer Impfung ist und bleibt eine originär ärztliche Aufgabe.“ Sein Stellvertreter, Dr. Stephan Hofmeister ergänzte, dass die Apotheken die Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen sieben Tage die Woche sicherstellen sollten – „und das jeden Tag 24 Stunden lang“.

Ärztliche Ausbildung nötig

Impfungen schlössen ebenso die Impfanamnese, die Aufklärung zur Impfung, den Ausschluss von akuten Erkrankungen und Kontraindikationen sowie bei bestehenden Erkrankungen die Bewertung, ob eine Impfung durchgeführt werden kann, ein, erklärte Hofmeister weiter. „All dies setzt eine entsprechende ärztliche Aus- und Weiterbildung voraus, über die Apotheker jedoch nicht verfügen“, führte Gassen aus.

RKI-Präsident kritisiert Ärzteverbände

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, kritisierte die Einstellung der Ärzteverbände. Es sei eine nationale Kraftanstrengung nötig, um möglichst alle zu impfen. Impfstoff sei genug vorhanden. „Auch wenn es vermutlich rechtliche und organisatorische Hindernisse geben würde: In der derzeit herrschenden Notlage finde ich schon bemerkenswert, dass bestimmte Interessengruppen das Eigeninteresse offenbar über das Gemeinwohl stellen“, sagte Wieler im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur.

Apotheken wollen Impfungen ermöglichen

Die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Gabriele Regina Overwiening erklärte in einer Pressemitteilung, die Apotheken könnten Auffrischungsimpfungen in den Offizinen ermöglichen, „wenn der Gesetzgeber das will und Verstärkung an der Front der Impfenden gefordert ist“.

Vorbereitungszeit und freie Entscheidung

Im Rahmen der Pilotprojekte zur Grippeschutzimpfung in Apotheken gebe es derzeit bundesweit etwa 2.600 Apothekerinnen und Apotheker, die eine Impfschulung absolviert haben, so Overwiening. Diese wären voraussichtlich am schnellsten einsatzfähig. Bei allen anderen bräuchte es etwas Zeit zur Vorbereitung.

Zudem seien die Apothekenteams auch mit anderen pandemiebedingten Aufgaben ziemlich eingespannt. Jede Apotheke müsste daher für sich entscheiden, ob sie Impfungen anbieten kann. „In Summe bin ich aber sicher, dass wir einen nennenswerten Beitrag leisten könnten.“, zeigte sich die ABDA-Präsidentin optimistisch.

150.000 Booster-Impfungen täglich

Die ABDA legte sich nicht auf eine Zahl fest, wie viele Impfungen Apotheken bis zum Frühjahr stemmen könnten. Der Bundesverband Deutscher Apothekerkooperationen (BVDAK) führt allerdings eine Blitzumfrage unter den Mitgliedern durch. Diese ergab, dass sich knapp 50% (etwa 5.000) der Mitgliedsapotheken grundsätzlich vorstellen können, zu impfen, obwohl die meisten noch nie geimpft hätten. Laut BVDAK seien durchschnittlich 30 Booster-Impfungen pro Tag und Apotheke vorstellbar, also insgesamt 150.000 Auffrischungsimpfungen. Die Voraussetzung sei jedoch, dass genügend Impfstoff vorhanden ist.

Niederschwelliges Angebot soll Arztpraxen entlasten

Insbesondere in ländlichen Regionen könnten die Apotheken die Impfquote anheben, heißt es in der Pressemitteilung der BVDAK.  Sie böten eine niederschwellige Alternative zu überlaufenen und überlasteten Arztpraxen. Zudem seien impfende Apotheken bereits in zehn anderen europäischen Ländern wie Frankreich und Großbritannien etabliert. Die Apotheken hätten ihre Leistungsfähigkeit bei den Antigenschnelltests und digitalen COVID-19-Zertifikaten bereits unter Beweis gestellt.

Beauftragung durch Landkreise

Dr. Stefan Hartmann, 1. Vorsitzender des BVDAK forderte die Politik dazu auf, endlich vorauszudenken. „Wir nähern uns gedanklich sehr schnell einer allgemeinen Impfpflicht! Zudem hat die südafrikanische Variante Deutschland bereits erreicht“. Die Frage des Haftungsrisikos sei laut Kritikern der Impfungen in Apotheken nicht kurzfristig lösbar. Dem hält der Verband den Vorschlag entgegen, dass die Landkreise Apotheken und andere Dritte zur Booster-Impfung beauftragen könnten. An der Bürokratie dürfe eine Impfung mit Hilfe der Apotheker nicht scheitern.

Bund und Länder planen Impfangebot in Apotheken

Auf der Bund-Länder-Konferenz vom 2. Dezember 2021 einigten sich die Beteiligten nun darauf, den Kreis der Impfenden deutlich auszuweiten. Neben Apotheken sollen auch Zahnärzte und Pflegefachkräfte zur Impfung gegen das Coronavirus berechtigt werden. Die ABDA-Präsidentin, Gabriele Regina Overwiening erklärte in einem Statement, dass es nun auf das schnelle, aber auch genaue Ausarbeiten des rechtlichen und fachlichen Rahmens ankomme. Nicht alle, aber viele Apotheken würden schnell in der Lage sein, den Menschen mit Impfungen zu helfen.

Kurzfristig Delegation durch Ärzte

Langfristig ist eine gesetzliche Änderung geplant, um den Kreis der Impfenden auszuweiten. Kurzfristig sollen die Corona-Impfungen durch die neuen Leistungserbringer durch Ärzte delegiert werden. Overwiening verspricht sich davon allerdings keine wesentlichen Effekte. „Wirkungsvoller könnte es sein, wenn beide Heilberufe in dieser Notlage so viel wie möglich impfen und nicht der oder die eine dem oder der anderen diese Aufgabe überlässt.“

Krisenstab und Impfpflicht

Unter der Leitung von Generalmajor Carsten Breuer soll zudem ein neuer Bund-Länder-Krisenstab im Bundeskanzleramt die Impfkampagne, Impfstofflieferung und -verteilung koordinieren. Bund und Länder wollen bis Weihnachten bis zu 30 Millionen Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen ermöglichen. Die Kanzlerin außerdem an, dass der Bundestag im kommenden Jahr über eine allgemeine Impfpflicht entscheiden soll. Der Ethikrat solle dazu bis Jahresende eine Empfehlung abgeben.

Autor:
Stand:
03.12.2021
Quelle:
  1. ABDA: Beschluss: Bund und Länder wollen impfende Apotheker (02.12.2021)
  2. ABDA: Statement – COVID-19-Impfungen: Apotheken stehen bereit (02.12.2021)
  3. ABDA: Corona-Pandemie: DST für Impfangebote in Apotheken (30.11.2021)
  4. ABDA: Pressemitteilung – Apotheken könnten Auffrischungsimpfungen gegen COVID-19 anbieten (26.11.2021)
  5. Bundesregierung: Beschlüsse der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 2. Dezember 2021
  6. BVDAK: Pressemitteilung – BVDAK-Kooperationen fordern, das Angebot
  7. BVDAK: Pressemitteilung – BVDAK-Kooperationen fordern, das Angebot impfwilliger Apotheker jetzt anzunehmen (30.11.2021)
  8. FAZ: Wieler kritisiert Arztverbände : „Stellen Eigeninteressen offenbar über Gemeinwohl“ (25.11.2021)
  9. GMK: Beschluss – Impfungen in Apotheken und bei Zahnärzten (29.11.2021)
  10. KBV: Pressemitteilung – KBV-Vorstand: „Impfen ist und bleibt eine originär ärztliche Aufgabe“ (24.09.2021)
  11. Leopoldina: Ad-hoc-Stellungnahme – Coronavirus-Pandemie: Klare und konsequente Maßnahmen – sofort! (27.11.2021)
  12. Rbb24: Bund und Länder wollen Corona-Maßnahmen verschärfen (30.11.2021)
  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken
  • Senden

Anzeige

Orphan Disease Finder

Orphan Disease Finder

Hier können Sie seltene Erkrankungen nach Symptomen suchen:

 

Seltene Krankheiten von A-Z
Schwerpunkt Seltene Erkrankungen