
Wissenschaftler des New York State Department of Health (NYSDH) untersuchten in einer Kohortenstudie die Wirksamkeit des mRNA-Impfstoffs Comirnaty von BioNTech/Pfizer gegen COVID-19 und daraus resultierende Hospitalisierungen bei Kindern zwischen fünf und 17 Jahren im Bundesstaat New York (NYS). Im Untersuchungszeitraum vom 13. Dezember 2021 bis 30. Januar 2022 zirkulierte bereits die Omikron-Variante. Die Ergebnisse sind als Preprint bei »MedRxiv« einsehbar.
Zielsetzung
Die Wirksamkeit des COVID-19-Impfstoffs Comirnaty bei Kindern ist nach dem Auftreten der Omikron-Variante nur begrenzt belegt. Dies gilt insbesondere für die Altersgruppe der Fünf- bis Elfjährigen, die im Vergleich zu Kindern zwischen zwölf und 17 Jahren, die zwei 30 μg-Dosen erhalten, mit zwei 10 μg-Dosen geimpft werden. Die Forscher untersuchten die Wirksamkeit der Impfung bezüglich COVID-19-Infektionen und COVID-19-bedingte Hospitalisierungen in zwei Altersklassen: bei den Fünf- bis Elfjährigen sowie bei Kindern und Jugendlichen von zwölf bis 17 Jahren. Die Analyse stützt sich auf zwei Impfdatenbanken, einer Datenbank zu laborbestätigten COVID-19-Testergebnissen und einer Datenbank zu Krankenhausaufnahmen.
Methodik
Die Wissenschaftler verglichen die Inzidenzraten von COVID-19-Erkrankungen und COVID-19-bedingten Klinikeinweisungen bei vollständig geimpften Kindern (≥14 Tage nach der zweiten Impfung) mit den Inzidenzraten der Ungeimpften in der jeweiligen Altersgruppe. Das Verhältnis der Inzidenzrate der Geimpften zur Inzidenzrate der Ungeimpften gibt Aufschluss über das Inzidenzratenverhältnis (IRR). Daraus errechneten die Forscher die geschätzte Wirksamkeit des Impfstoffes (VE) in der jeweiligen Altersklasse.
Ergebnisse
In der Gruppe der Fünf- bis Elfjährigen mit 365.502 vollständig geimpften Kindern nahm die Schutzwirkung von Comirnaty gegen COVID-19 rasch ab. Lag die VE zu Beginn der Untersuchung noch bei 68%, betrug sie sechs Wochen später nur noch 12%. In der Gruppe der vollständig geimpften Kinder und Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren (852.384 Teilnehmer) sank die VE vom 13. Dezember 2021 bis zum 30. Januar 2022 von 66% auf 51%. Der nachlassende Schutz könnte mit dem Anstieg der Omikron-Ausbreitung assoziiert sein. In der Woche vom 13. Dezember 2021 wurde die Virusvariante bei 19% der Proben sequenziert. In der Woche vom 24. Januar machte der Omikron-Anteil bereits 99% der Sequenzierungen aus.
Weniger gravierend waren die Auswirkungen auf die Anzahl der Corona-bedingten Krankenhauseinweisungen. In der Gruppe der Kinder zwischen fünf und elf Jahren sank die VE von 100% in der Woche vom 13. Dezember 2021 auf 48% in der Woche vom 24. Januar 2022 – das heißt 28 bis 34 Tage nach der vollständigen Impfung. Bei den 12- bis 17-Jährigen war im gleichen Zeitraum ein Rückgang der VE von 85% auf 73% zu verzeichnen.
Da es sich bei Comirnaty um einen Impfstoff handelt, der auf Basis einer früheren Variante entwickelt wurde, sei das Ergebnis zwar enttäuschend, aber nicht völlig überraschend, sagte Dr. Eli Rosenberg, stellvertretender Direktor für Wissenschaft beim Gesundheitsministerium des Bundesstaates New York und Leiter der Studie, gegenüber der Zeitung »The New York Times«.
Dosis entscheidend
Als einen entscheidenden Faktor vermuten die Forscher die Impfstoffdosis. Zum besseren Verständnis verglichen sie die VE-Werte der Elf- und Zwölfjährigen. Die elfjährigen Kinder erhielten zweimal je eine Dosis mit 10 µg Comirnaty, Kindern im Alter von zwölf Jahren wurde der mRNA-Impfstoff in der höheren Dosis von je zweimal 30 µg verabreicht. Die zweite Impfung erfolgte im Zeitraum zwischen dem 13. Dezember 2021 und 2. Januar 2022. In der Woche vom 24. Januar erreichten die Elfjährigen einen VE-Wert von 11%, bei den Zwölfjährigen lag dieser bei 67%. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Schutzwirkung mit der Höhe der Dosis korreliert. Bei ähnlicher Physiologie der Kinder wirke sich die geringere Impfstoffdosis bei den jüngeren Kindern negativ auf die Effektivität des mRNA-Impfstoffs aus, so die Studienautoren.
Weitere Studie zeigt weniger starken Wirkverlust
Eine weitere Studie der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde »Centers for Disease Control and Prevention« (CDC) ermittelte ebenfalls einen abfallenden Wirkverlust von Comirnaty. Gemäß den erst kürzlich im »Morbidity and Mortality Weekly Report« veröffentlichten Ergebnissen verringerte sich die Schutzwirkung jedoch weniger stark. Von April 2021 bis Januar 2022 analysierte eine Arbeitsgruppe des »VISION Network«in Zusammenarbeit mit der CDC in zehn US-Bundesstaaten die mit einer COVID-19-Erkrankung assoziierte Notfallversorgung von 39.217 Kindern und 1.699 Klinikaufnahmen von Kindern und Jugendlichen zwischen fünf und 17 Jahren.
Für die COVID-19-bedingten Notfallbehandlungen lag die VE 14 bis 67 Tage nach der zweiten Dosis bei den Fünf- bis Elfjährigen bei 46%. Bei den Zwölf- bis 15-Jährigen betrug die VE 14 bis 149 Tage nach der zweiten Impfung 83%, bei den 16- und 17-jährigen Jugendlichen 76%; ab 150 Tagen nach der zweiten Dosis sank diese auf 38% bzw. 46%. Bei den Jugendlichen von 16 bis 17 Jahren konnte die VE durch eine Auffrischungsimpfung ≥7 Tage nach der dritten Dosis wieder auf 86% gesteigert werden. Für die Zwölf- bis 15-Jährigen reichten die Daten zur Abschätzung der VE nach einer Booster-Impfung nicht aus.
Bezüglich Klinikaufenthalten lag die VE 14 bis 67 Tage nach der zweiten Impfdosis bei Kindern zwischen fünf und elf Jahren bei 74%. Bei den Zwölf- bis 15-Jährigen betrug die VE 14 bis 149 Tage nach der zweiten Impfung 92% und bei den 16- und 17-Jährigen 94%, fiel nach mehr als 150 Tagen jedoch auf 73% beziehungsweise 88% ab.
Fazit
Eine abnehmende VE gegen COVID-19-bedingte Hospitalisierungen wurde sowohl in der CDC- als auch in der NYSDH-Studie bescheinigt (wenn auch in unterschiedlich starkem Ausmaß). Das ist vermutlich auf die nunmehr dominierende Omikron-Variante zurückzuführen, so die Studienautoren. Dennoch muss klar betont werden, dass die Impfung Kinder vor schweren COVID-19-Verläufen schützt. Ferner lässt eine Booster-Impfung, wie sie derzeit von der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts für Kinder ab zwölf Jahren und Erwachsene empfohlen wird, den Impfschutz wieder ansteigen. Die Experten raten dazu, entsprechende Impfangebote wahrzunehmen.