T1DM: Komorbiditäten bei Erwachsenen im ersten Jahr nach Diagnose

Typ-1-Diabetes bringt ein hohes Risiko für Komorbiditäten mit sich. Deshalb ist es wichtig, Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen und zu modifizieren. Dazu zählen unter anderem Bluthochdruck und erhöhte Blutfette.

Pankreas_Sekretion

Diabetes mellitus Typ 1 kann in jedem Alter neu auftreten, auch bei Erwachsenen. Wie alle Diabetesformen geht auch der Typ-1-Diabetes (T1DM) mit einem hohen Risiko für Komorbiditäten einher. Zu den häufigsten gehören die Hypertonie und die Dyslipidämie. Gerade ihre Prävalenz wird jedoch bei Patientinnen und Patienten mit neu aufgetretenem T1DM häufig unterschätzt. Dabei sind insbesondere kardiovaskuläre Risikofaktoren wahrscheinlich bereits bei der Erstdiagnose des T1DM gehäuft vorhanden.

Frühzeitige Prävention

Es braucht ab Diagnosezeitpunkt kardioprotektive Maßnahmen und eine intensive glukosesenkende Therapie. Gerade letztere kann die Inzidenz von mikrovaskulären Komplikationen senken oder sie ganz vorbeugen. Zu den gut modifizierbaren Risikofaktoren zählen neben der Hyperglykämie die Hypertonie und die Dyslipidämie. Für eine erfolgreiche Prävention oder Verzögerung von mikro- und makrovaskulären Komplikationen ist die Einstellung dieser Risikofaktoren deshalb entscheidend. Eine deutsche Kohortenstudie hat sich näher mit dem Thema der Risikofaktoren im ersten Jahr nach Diagnosestellung befasst. Die Daten wurden im Journal »Frontiers in Endocrinology« publiziert.

Zielsetzung

Die Studie sollte zwei unterschiedlich aufgesetzte deutsche Kohortenstudien miteinander vergleichen, um die Prävalenz von kardiovaskulären Risikofaktoren und Diabetes-assoziierten Komplikationen bei neu diagnostiziertem T1DM in Erwachsenen zu untersuchen.

Methodik

Für die Studie wurden die Daten von 1.511 Menschen mit T1DM aus der Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation (DPV) und von 268 Freiwilligen der Deutschen Diabetes Studie (GDS) ausgewertet. Beide Studien sind prospektiv aufgebaut.

Eingeschlossen wurden Teilnehmende mit einem neu diagnostizierten T1DM (<12 Monate) im Zeitraum 2009 bis 2017. Alle Teilnehmenden waren zwischen 18 und 69 Jahren alt, mit einem durchschnittlichen Alter von 36 Jahren. Die beiden Kohorten glichen sich hinsichtlich der Geschlechts- und BMI-Verteilung (41% weiblich, BMI 26 kg/m²). Die Diabetesdiagnose musste anhand der in den aktuellen Leitlinien beschriebenen Kriterien gestellt worden sein.

Ausgeschlossen wurden Menschen mit einem anderen spezifischen Diabetestyp, Schwangerschaft oder schlechter glykämischer Kontrolle (HbA1c >9%). In der GDS-Kohorte galten zusätzlich schwere renale Erkrankungen (Stadium III und höher, geschätzte GFR <60 ml/min·1,73m²) oder ein Nachweis eines akuten inflammatorischen Syndroms (hsCRP >1 mg/dl) als Ausschlusskriterium.

Zu allen Teilnehmenden waren Daten zur Patientenvorgeschichte und der aktuellen Medikation sowie Laborparameter und klinische Parameter vorhanden.

Risikofaktoren und Komorbiditäten

Alle Risikofaktoren und Komorbiditäten wurden anhand fester Richtwerte gemäß der zu dem Zeitpunkt jeweils gültigen Leitlinien erhoben. Eine Dyslipidämie wurde deshalb definiert als Triglyzeride im Serum von ≥150 mg/l und/oder einem Gesamtcholesterin von ≥200 mg/dl und/oder HDL-Cholesterin von ≤40 mg/dl und/oder LDL-Cholesterin von ≥160 mg/dl. Als hyperton galten Teilnehmende mit einem systolischen Blutdruck von ≥140 mmHg und/oder einem diastolischen Blutdruck von ≥90 mmHg.

Diabetes-assoziierte Komplikationen wurden in der GDS patientenberichtet erfasst und in der DPV basierend auf ICD-Diagnosen der behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Erfasst wurden unter anderem Myokardinfarkte, Schlaganfälle, diabetische Fußsyndrome und periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK).

Augeuntersuchungen erfolgten durch geschulte Ophthalmologen anhand der ADA-Leilinien. Für die diabetische Nephropathie galt die Albuminurie als Marker. Eine Mikroalbuminurie lag vor bei Albuminwerten im Urin von 30-300 mg/l und eine Makroalbuminurie ab 300 mg/l.

Ergebnisse

Die Teilnehmenden beider Kohorten ähnelten sich hinsichtlich BMI, Übergewicht/Adipositas, Alter, Geschlechtsverteilung und der Basischarakteristika. Nur beim Rauchen unterschieden sie sich signifikant (p<0,05): Teilnehmende der GDS rauchten regelmäßiger und mehr Zigaretten pro Tag als Teilnehmende in der DPV-Kohorte (39,5% vs. 28,2% bzw. 12,9±16,5 vs. 3,7±7,3). Daten zum Rauchverhalten wurden jedoch in beiden Studienkohorten nicht systematisch erfasst (GDS 55% vs. DPV 73%).

Teilnehmende der GDS wurden routinemäßig auf Diabetes-assoziierte Autoantikörper gescreent. Bei ihnen hatten 92,5% Autoantikörper. In der DPV-Kohorte wurden nur 39% der Teilnehmenden auf Diabetes-assoziierte Autoimmunität getestet. Hier lag die Rate bei 88,8%.

Der durchschnittliche HbA1c lag in der GDS bei 6,4±0,8% und in der DPV bei 7,0±1,1%. Eine gute glykämische Kontrolle erreichten in der GDS 88%, in der DPV nur 54% der Teilnehmenden.

Auch die Prävalenz einiger kardiovaskulären Risikofaktoren unterschied sich in den beiden Gruppen. Während die Prävalenz von Hypertonie bei ca. 24% in beiden Kohorten lag, bekamen in der DPV-Kohorte 13% Antihypertensiva und in der GDS-Kohorte 9%. Männer waren signifikant häufiger von Bluthochdruck betroffen als Frauen (p<0,001). Dyslipidämien fanden sich bei 77% der DPV-Teilnehmenden und 41% der GDS-Teilnehmenden, während nur 7% in der DPV-Kohorte lipidsenkende Medikamente erhielten und 2% in der GDS-Kohorte (p<0,05). Auch die Prävalenz von Retinopathien und Nephropathien war in der DPV-Gruppe signifikant höher als in der GDS-Gruppe (10% vs. 3% und respektive 18% vs. 7%; p<0,001).

Fazit

Die Daten aus beiden Kohorten ähnelten sich in manchen Bereichen, während sie sich in anderen deutlich unterschieden. Teilnehmende in beiden Kohorten hatten im Durchschnitt eine gute glukometabolische Kontrolle. Diabetische Nephropathien und Retinopathien waren die häufigsten Komplikationen bei T1DM. Bis zu jede 10. Person war bereits innerhalb des ersten Jahres nach Diagnose des Diabetes mellitus Typ 1 betroffen.

Das Management von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Dyslipidämie war in beiden Kohorten unzureichend. Besonders im Hinblick darauf, dass es sich hierbei um das erste Jahr nach Neudiagnose handelt, braucht es bessere Kontrollen und Einstellung der Risikofaktoren der Betroffenen mit T1DM, um Komorbiditäten und Folgeerkrankungen des Diabetes zu vermeiden.

Autor:
Stand:
01.11.2022
Quelle:

Zaharia O.P. et al. Comorbidities in recent-onset adult type 1 diabetes: a comparison of German cohorts. Frontiers in Endocrinology 2022; 13. DOI: 10.3389/fendo.2022.760778

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