
Hintergrund
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) veröffentlichte eine Stellungnahme zur frühen Nutzenbewertung von Upadacitinib bei vorbehandelter Colitis ulcerosa (CU). Dazu hatte der pharmazeutische Unternehmer (pU) ein Dossier vorgelegt. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hatte vorab einen Zusatznutzen als nicht belegt gesehen (1,2).
Fragestellungen
Bei der CU mit mittelschwerer bis schwerer Krankheitsaktivität sind als „konventionelle“ Induktionstherapie systemische Kortikosteroide indiziert. Bei unzureichendem Ansprechen stehen Biologicals wie ein TNF-α-Antagonist (Adalimumab, Infliximab oder Golimumab) oder Vedolizumab oder Ustekinumab zur Verfügung. Ein Reservetherapeutikum ist der JAK-Inhibitor Tofacitinib.
Bei der Nutzenbewertung geht es um zwei Fragestellungen (2):
- Sicherheit und Effektivität bei konventionell vorbehandelten Patienten
- Sicherheit und Effektivität bei mit Biologika vorbehandelten Patienten
Als zweckmäßige Vergleichstherapie (ZVT) wurde jeweils Ustekinumab gewählt.
Eingeschlossene Studien
Es wurden keine klinischen Studien vorgelegt, die einen direkten Vergleich von Upadacitinib mit der ZVT ermöglichen. Um die Intervention Upadacitinib zu bewerten, wurde das Studienprogramm U-ACHIEVE herangezogen und auf der Seite der ZVT Ustekinumab mit der Studie UNIFI. Die beiden doppelblinden, randomisierten, kontrollierten Studien (RCTs) sollen einen adjustieren indirekten Vergleich über den Brückenkomparator Placebo ermöglichen.
U-ACHIEVE
In der Induktionsphase wurde Upadacitinib mit Placebo verglichen. Patienten, die auf das Prüfpräparat angesprochen hatten, wurden in die 52-wöchige Erhaltungsphase eingeschlossen. Sie wurden im Verhältnis 1:1:1 auf 15 mg Upadacitinib einmal täglich (n=148), 30 mg einmal täglich (n=154) und Placebo (n=149) randomisiert.
UNIFI
Die RCT UNIFI bestand ebenfalls aus einer Induktionsphase und einer Erhaltungsphase. In der 44-wöchigen Erhaltungsphase wurden die Patienten 1:1:1 zu 90 mg Ustekinumab alle zwölf Wochen (n=172), Ustekinumab alle acht Wochen (n=176) und Placebo (n=175) randomisiert.
Patientencharakteristika und Begleitmedikation
Die Patienten litten mehrjährig an einer CU. Der Anteil besonders schwer erkrankter Patienten ließ sich in den Studien nicht direkt vergleichen, da eine unterschiedliche Einteilung erfolgte.
In beiden Studien mussten Biologika vor Studienbeginn mit unterschiedlich langen Wash-out-Phasen abgesetzt werden. Die Behandlungen mit Aminosalicylaten und Methotrexat konnte fortgesetzt werden. Die maximal erlaubte Kortikosteroiddosis lag zu Studienbeginn bei 30 mg (U-ACHIEVE) und bei 20 mg (UNIFI) Prednisolonäquivalent.
Thiopurine waren in der Studie UNIFI erlaubt, in der Studie UACHIEVE untersagt. In der Studie U-ACHIEVE durften Patienten CU-bezogene Antibiotika anwenden (2).
Bewertung der AkdÄ
Den indirekten Vergleich in den Studien hält die AkdÄ für die Nutzenbewertung für ungeeignet. In die Erhaltungsstudie von U-ACHIEVE wurden nur Patienten eingeschlossen, die auf Upadacitinib angesprochen hatten. Eine Aussage zur Effektivität und Sicherheit von Upadacitinib bei allen potenziell für die Therapie infrage kommenden Patienten ließe sich daraus nicht ableiten.
Upadacitinib sollte wegen des Risikos schwerer Nebenwirkungen nur nach Versagen der Biologika eingesetzt werden. Die Daten der Einzelstudien zeigten geringere Remissionsraten nach einem Versagen von Biologicals. Es wurde kein indirekter Vergleich getrennt nach Vorbehandlung der Patienten vorgelegt.
In den Studien wurden die Daten von Patienten, die in der Induktionsphase nicht angesprochen hatten, nicht in die Analyse einbezogen. Für die klinische Praxis sei es laut der AkdÄ jedoch relevant, bereits bei der Einleitung der Induktionstherapie die Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Remission einzuschätzen.
Die AkdÄ hält die Ähnlichkeit zwischen den beiden Studien für nicht ausreichend, um einen validen indirekten Vergleich durchzuführen. Sie schließt sich der Einschätzung des IQWiG an und sieht einen Zusatznutzen ebenfalls als nicht belegt (2).
Colitis ulcerosa und Upadacitinib
CU ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED). Es treten blutige Durchfälle und krampfartige Schmerzen auf.
Upadacitinib ist seit Juli 2022 zur Behandlung erwachsener Patientinnen und Patienten mit mittelschweren bis schweren aktiven CU zugelassen, die auf eine konventionelle Therapie oder ein Biologikum unzureichend angesprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder diese nicht vertragen haben. Der selektive reversible JAK-Inhibitor unterbricht die proinflammatorische Signalkaskade mehrerer Zytokine (2).