Assoziation von Brustkrebs und Vorhofflimmern

Frauen mit Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium haben unabhängig von der gewählten Therapie ein höheres Risiko Vorhofflimmern zu entwickeln. Tritt dieses neu nach der Brustkrebsdiagnose auf, erhöht es die kardiovaskuläre sowie die Gesamtmortalität.

Krebspatientin Krankenhaus

Hintergrund

Mit der signifikant verbesserten Wirksamkeit der Brustkrebstherapien in den letzten zwei Jahrzehnten hat sich auch der Zeitraum des Gesamtüberlebens nach der Brustkrebsdiagnose deutlich verlängert. Allerdings nehmen kardiovaskuläre Erkrankungen bei den Patientinnen zu und beschränken das Optimum der Krebstherapie.

Während Vorhofflimmern (VHF) in der Allgemeinbevölkerung zu einer erheblich erhöhten thrombotischen Morbidität sowie zu einer erhöhten kardiovaskulären Gesamtmortalität führt, gibt es bislang nur wenige wissenschaftliche Kenntnisse über die Prognose von Vorhofflimmern (VHF) nach einer Krebsdiagnose insbesondere bei Brustkrebs.

Zielsetzung

Die Studie untersucht die Inzidenz, Prävalenz sowie krebsspezifische Risikofaktoren und die Mortalität von VHF bei Brustkrebs in einer multiethnischen, repräsentativen Kohorte von Patientinnen im Früh- und Spätstadium.

Methodik

Für die Studie wurden Daten aus der US-amerikanischen Surveillance, Epidemiology and End-Results-Medicare-Datenbank verwendet. Es wurden Patientinnen berücksichtigt mit einem Alter über 66 Jahren und der Primärdiagnose Brustkrebs im Zeitraum der Jahre 2007 bis 2014. Brustkrebspatientinnen wurden mit Patientinnen ohne Krebsdiagnose im Verhältnis 1:1 gematcht und über ein Jahr lang nachbeobachtet um das primäre Auftreten von VHF zu ermitteln.

Die kumulative Inzidenz wurde mittels einer Überlebenszeitstatistik die konkurrierenden Risiken berücksichtigte berechnet. Anschließend wurden VHF-Risikofaktoren bei Brustkrebspatientinnen mit dem Cox-Proportional-Hazard-Modell ermittelt. Zuletzt wurde mittels Kaplan-Meier-Methode und einem angepassten Cox-Proportional-Hazard-Modell die Mortalität von Brustkrebspatientinnen mit inzidentem und prävalentem VHF berechnet.

Ergebnisse

Demographische Daten

In der Auswertung konnten Daten von 85.423 Patientinnen berücksichtigt werden. Hiervon hatten 9.425 Patientinnen (11,0%) bereits VHF vor der Brustkrebsdiagnose, deren mittleres Alter bei 81 Jahren (Interquartilsabstand (IQR): 75 bis 85 Jahren) lag. Bei 2.993 Patientinnen wurden neu diagnostiziertes VHF nach der Brustkrebsdiagnose diagnostiziert (3,9%) mit einem mittleren Alter von 78 Jahren (IQR 72-84 Jahre). Insgesamt waren die Brustkrebspatientinnen mit VHF im Vergleich zu solchen ohne VHF älter (78 bis 81 Jahre vs. 74 Jahre; p<0,001).

Die VHF-Inzidenz war nach einer Brustkrebsdiagnose bei denjenigen Patientinnen höher, die keine Resektion (23,5% vs. 10,4%; p<0,001) oder Bestrahlung (66,5% vs. 52,3%; p<0,001) hatten bzw. bei denen der Krebs zum Zeitpunkt der Diagnose bereits fortgeschrittenen war (14,8% vs. 6,3%; p<0,001).

Vorhofflimmer-Inzidenz

Die Inzidenz von neu aufgetretenem VHF nach der Brustkrebsdiagnose betrug nach 30 Tagen 0,6% (95%-Konfidenzintervall (KI): 0,5%-0,7%), nach sechs Monaten 2,1% (95%-KI: 1,9%-2,4%) und nach einem Jahr 3,3% (95%-KI: 3,0%-3,5%). Im Vergleich hierzu lag die Inzidenz von neu aufgetretenem VHF in der Kontrollgruppe ohne Krebs bei 1,8% (95%-KI: 1,6%-2,0%).

Assoziierte Risikofaktoren

Ein fortgeschrittenes Brustkrebsstadium nach AJCC (American Joint Committee on Cancer) (Stadium II/III/IV) war im Vergleich zum frühen Stadium I mit der Entwicklung von VHF assoziiert (Stadium II vs. I Hazard Ratio (HR): 1,51; 95%-KI: 1,37-1,65; Stadium III vs. I: HR: 2,63; 95%-KI: 2,35-2,94); Stadium IV vs. I HR: 4,21; 95%-KI: 3,74-4,74). Dies zeigte sich auch für die traditionellen kardiovaskulären Risikofaktoren wie Hypertonie (HR: 1,46; 95%-KI: 1,34-1,58), Diabetes (HR: 1,55; 95%-KI: 1,44-1,67) oder Schlaganfall in der Anamnese (HR: 1,70; 95%-KI: 1,53-1,88)

Mortalität

Patientinnen die ihre VHF-Diagnose innerhalb von 30 Tagen nach ihrer Brustkrebsdiagnose erhielten, hatten ein geringeres Ein-Jahres-Gesamtüberleben von 62,2% (95%-KI: 57,6%-67,1%) im Vergleich zu den Patientinnen die ihre VHF-Diagnose vor der Krebsdiagnose erhalten hatten mit ca. 85% (Gesamtmortalität HR: 2,15; 95%-KI: 1,32-3,48 vs. 0,91; 95%-KI: 0,78-1,07). Ebenfalls war die kardiovaskuläre Mortalität bei Brustkrebs-Patientinnen mit VHF in den ersten 30 Tagen nach der Diagnose (HR: 3,00; 95%-KI: 1,28-7,00) erhöht im Vergleich zu denjenigen Patienten deren VHF-Diagnose vor der Brustkrebs-Diagnose lag (HR: 1,36; 95%-KI: 1,00-1,84). Die Brustkrebs-spezifische Mortalität hingegen unterschied sich nicht in den beiden Gruppen.

Fazit

Die Studie zeigte, dass die Inzidenz von VHF bei Frauen nach einer Brustkrebsdiagnose deutlich höher ist. Neben den traditionellen kardiovaskulären Risikofaktoren waren fortgeschrittene Brustkrebsstadien mit einem erhöhten VHF-Risiko assoziiert, was auf eine systemische Wirkung des Brustkrebses auf das Herz schließen lässt. Weiterhin zeigte sich, dass die Gesamtmortalität bei Brustkrebs-Patientinnen mit neu aufgetretenem VHF erhöht ist, was auf eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität zurückzuführen ist. Eine frühzeitige Einbindung der Kardiologie und die rechtzeitige Anwendung kardio-protektiver Medikamente nach der Brustkrebsdiagnose könnten diese Übersterblichkeit abmildern. Hierzu sind jedoch weitere prospektive Studien erforderlich.

Autor:
Stand:
14.12.2021
Quelle:

Guha A. et al. (2021): Incidence, risk factors, and mortality of atrial fibrillation in breast cancer: a SEER-Medicare analysis. European Heart Journal. DOI: https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab745

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