EASD 2022: Häufiger Diabetes nach Hysterektomie

Allein in Frankreich werden jedes Jahr 80.000 Hysterektomien vorgenommen. Die Häufigkeit dieses Eingriffs scheint anzusteigen. Bei Frauen in jüngeren Jahren sind assoziierte Risiken bei der Therapieentscheidung zu bedenken, wie eine französische Kohortenstudie nahelegt.

Steigend

Bekannt ist bereits, dass eine Hysterektomie bei Frauen im Alter unter 50 Jahren mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert ist, berichtete Professor Dr. Fabrice Bonnet von der Universitätsklinik in Rennes, Frankreich [1-3]. Im Rahmen der französischen Kohortenstudie E3N war auch schon ein erhöhtes Risiko speziell für einen neu auftretenden Bluthochdruck bei hysterektomierten Frauen gezeigt worden [4]. Nun wurde auf Basis der Kohorte untersucht, ob auch das Risiko für einen neu auftretenden Diabetes mellitus nach Hysterektomie steigt.

E3N-Kohorte

Die E3N-Kohorte umfasst 98.995 Frauen, die zwischen 1925 und 1950 geboren und 1993 im Alter von 40 bis 65 Jahren rekrutiert worden waren. Ziel der prospektiven Kohortenstudie ist die Untersuchung von Risikofaktoren für Krebs und chronischen Erkrankungen bei Frauen. Alle zwei Jahre füllen die Teilnehmerinnen einen Fragebogen aus, der hormonelle und Lebensstilfaktoren, Therapien, medizinische Ereignisse und Erkrankungen erfasst. Die aktuelle Analyse zur Assoziation von Hysterektomie und inzidentellem Diabetes wurde nach einer Beobachtungsdauer von 16 Jahren durchgeführt. Es berichteten 2.672 von 83.582 Frauen, die initial keine Diabetesdiagnose hatten, in den 16 Folgejahren von einem Diabetes mellitus und wiesen eine Verordnung von Diabetesmedikamenten auf.

Hysterektomie und Diabetesrisiko

Es waren 16.426 der 83.582 Frauen hysterektomiert worden. Sie wiesen bei Studieneinschluss einige signifikante Unterschiede im Vergleich zu nicht hysterektomierten Frauen auf: Sie waren etwas älter (im Mittel 52,6 Jahre versus 50,9 Jahre; p<0,0001), hatten einen höheren Body-Mass-Index (BMI; 23,3 kg/m2 vs. 22,7 kg/m2; p<0,0001) und waren körperlich etwas weniger aktiv, waren aber signifikant häufiger von einer Menopause vor dem 45. Lebensjahr betroffen (29% vs. 16,1%; p<0,0001) und hatten häufiger eine Hormonersatztherapie erhalten (69,4% vs. 62,4%; p<0,0001). Es entwickelten 715 (4,2%) der Frauen mit Hysterektomie und 1.957 (2,9%) der Frauen ohne Hysterektomie im Verlauf neu einen Diabetes (p<0,0001).

Risiko bleibt bei Berücksichtigung anderer Faktoren

Bonnet berichtete über drei Modelle zur Adjustierung der Ergebnisse hinsichtlich weiterer Einflussfaktoren wie Alter, Rauchstatus, körperliche Aktivität, BMI, Adhärenz zur mediterranen Diät, Alter bei Menarche, Menopausenstatus, Alter bei Menopause, Zahl der Schwangerschaften oder Einnahme von oralen Kontrazeptiva und einer Hormonersatztherapie. Alle Modelle ergaben eine signifikante Assoziation von Hysterektomie und Diabetes-Neuerkrankung mit einer 20%igen bis 30%igen Risikoerhöhung (Hazard Ratio [HR] 1,20-1,30).

Das Alter spielt eine entscheidende Rolle

In einer weiteren Analyse prüfte Bonnet den Einfluss des Alters bei Hysterektomie auf das Diabetesrisiko. Während bei Frauen, die bei Hysterektomie 45 Jahre und älter waren, keine signifikante Risikoerhöhung feststellbar war, zeigte sich eine deutliche Risikoerhöhung bei einer Hysterektomie im Alter von unter 45 Jahren (HR 1,52; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,31–1,78; p<0,0001). Bei Hysterektomie im Alter von unter 40 Jahren war das Risiko für einen inzidentellen Diabetes ebenfalls signifikant erhöht (HR 1,38; 95%-KI 1,10–1,74; p=0,005).

Ovar-sparend operieren, wenn möglich

War eine Hysterektomie ohne Oophorektomie durchgeführt worden zeigte sich unabhängig vom Alter kein signifikant erhöhtes Diabetesrisiko (HR 1,13; 95%-KI 0,99–1,30; p=0,06), wohl aber bei Hysterektomie mit Oophorektomie (HR 1,26; 95%-KI 1,11–1,42; p=,0003). Es ist bekannt, dass eine reduzierte ovarielle Funktion und eine verringerte Anti-Müller-Hormon-Sekretion die Entwicklung eines Diabetes begünstigen [5]. Als weiteren möglichen Einflussfaktor für das erhöhte Diabetesrisiko nach Hysterektomie in jungen Jahren oder mit Oophorektomie ist das bereits beschriebene erhöhte Risiko für depressive Symptome nach dem Eingriff, meinte Bonnet. Bei der Indikationsstellung sollten die möglichen Folgen der Hysterektomie bedacht werden. Der Erhalt der Ovarien kann im Hinblick auf das Diabetesrisiko nach Hysterektomie günstig sein – wenn es die Indikation zur Hysterektomie zulässt. Nach Hysterektomie sollte in der weiteren Betreuung der Patientin auch an ein möglicherweise erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes gedacht werden.

Autor:
Stand:
04.10.2022
Quelle:
  1. Dr. Fabrice Bonnet: „Risk of incident diabetes after hysterectomy: results from the E3N cohort study“, 58th EASD Annual Meeting 2022, Stockholm/hybrid, 20. September 2022.
  2. Ingelsson E, Lundholm C, Johansson AL et al. (2011): Hysterectomy and risk of cardiovascular disease: a population-based cohort study. European Heart Journal. DOI: 10.1093/eurheartj/ehq477
  3. Choi HG , Koh YS, Lee SW (2022): Increased risk of coronary heart disease with hysterectomy in young women: A longitudinal follow-up study using a national health screening cohort. Maturitas. DOI: 10.1016/j.maturitas.2021.10.009
  4. Madika AL, MacDonald CJ, Gelot A et al. (2021): Hysterectomy, non-malignant gynecological diseases, and the risk of incident hypertension: The E3N prospective cohort. Maturitas. DOI: 10.1016/j.maturitas.2021.06.001
  5. Verdiesen RMG, Onland-Moret NC, van Gils CH et al. (2021): Anti-Müllerian hormone levels and risk of type 2 diabetes in women. Diabetologia. DOI: 10.1007/s00125-020-05302-5
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