Frühe Blutdrucksenkung verringert Schwangerschaftskomplikationen

Eine antihypertensive Behandlung von Schwangeren mit milder Hypertonie ist umstritten. In einer Studie verringerte die frühzeitige Senkung des Blutdrucks jedoch das Komplikationsrisiko in der Schwangerschaft, ohne negative Auswirkungen auf das Geburtsgewicht zu haben.

Schwangere misst Blutdruck

Hypertonie in der Schwangerschaft

In den Vereinigten Staaten entwickelt sich bei ≥ 2 % der Schwangerschaften eine chronische Hypertonie. Bluthochdruck in der Schwangerschaft ist mit einem 3-5fach erhöhten Risiko für Präeklampsie, Plazentaablösung, Frühgeburten, bezogen auf das Gestationsalter unterdurchschnittlichem Geburtsgewicht oder perinatalem Tod verbunden. Die Hypertonie gefährdet dabei auch die Gesundheit der Schwangeren. Das Risiko für Tod, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, Lungenödem oder akutem Nierenschaden ist bei Schwangeren mit Hypertonie 5-10mal erhöht gegenüber Schwangeren mit Normotonie.

Umstritten: Antihypertensive Therapie in der Schwangerschaft

Während ein Bluthochdruck ab ≥140/90 mmHg (milder Bluthochdruck) in der Normalbevölkerung als behandlungsbedürftig gilt, ist eine antihypertensive Behandlung bei Werten <160/110 mmHg (schwerer Bluthochdruck) bei Schwangeren umstritten. Tatsächlich reduziert eine antihypertensive Therapie in der Schwangerschaft die Häufigkeit von schwerem Bluthochdruck, aber sie verbessert nicht unbedingt die Outcomes für die Mutter, den Fetus oder das Neugeborene. Tatsächlich war eine antihypertensive Medikation mit einem, bezogen auf das Gestationsalter, unterdurchschnittlichen Geburtsgewicht assoziiert.

Vermehrte Komplikationen bei Hypertonie

Andererseits gab es auch Hinweise, dass mit Blutdruckwerten über 140/90 mmHg in der ersten Schwangerschaftshälfte ein erhöhtes Risiko für Schwangerschaftskomplikationen einherging. Ein Team um Dr. Alan Tita von Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Center for Marnix E. Heersink School of Medicine an der Universität von Alabama in Birmingham (USA) führte daher eine Vergleichsstudie zwischen einem frühen Beginn der antihypertensiven Therapie ab Werten ≥140/90 mmHg, mit dem Ziel den Blutdruck auf <140/90 mmHg zu reduzieren, und einem späten Beginn der Behandlung ab Werten ≥160/105 mmHg durch. Die Studie sollte die Frage beantworten, ob eine Senkung des Blutdrucks unter 140/90 mmHg das Komplikationsrisiko während Schwangerschaft und in der Geburt senken kann, ohne dass das fetale Wachstum beeinträchtigt wird [1].

Endpunkte Schwangerschaftskomplikationen

In die open-label Multicenterstudie wurden schwangere Frauen mit einem Fetus vor der 23. Gestationswoche und einer milden Hypertonie aufgenommen. Die Frauen wurde in eine Gruppe randomisiert, die sofort eine antihypertensive Therapie erhielt (aktive Behandlungsgruppe), und eine Gruppe, bei der der Bluthochdruck erst dann behandelt wurde, wenn er auf Werte von systolisch ≥160 mmgHg und/oder diastolisch ≥105 mmHg anstieg. Der kombinierte primärer Endpunkt bestand aus dem Auftreten einer schweren Präeklampsie, medizinischer Frühgeburt nach weniger als 35 Wochen Schwangerschaft, Plazentaablösung, fötalem oder neonatalen Tod. Als Sicherheitsoutcome wurde ein Geburtsgewicht definiert, das unter der 10. Perzentile der Standardwachstumskurve bezogen auf das Gestationsalter lag. Die sekundären Endpunkte schlossen verschiedene ernstere Komplikationen auf Seiten der Mutter oder des Neugeborenen ein.

Weniger Komplikationen, normales Geburtsgewicht

Insgesamt wurden 2.408 Frauen in die Studie aufgenommen. In der aktiven Behandlungsgruppe traten die primären Endpunkte seltener ein als in der Kontrollgruppe (30,2% vs. 37,0 %). Das adjustierte Risikoverhältnis betrug 0,82 (95 % Konfidenzintervall [CI] 0,74-0,92; p<0,001). Der Prozentsatz der Kinder, deren Geburtsgewicht die 10. Perzentile der Standardwachstumskurve bezogen auf das Gestationsalter unterschritt, lag in der aktiven Behandlungsgruppe bei 11,2 % und in der Kontrollgruppe bei 10,4 %. Das adjustierte Risikoverhältnis betrug 1,04 (95 % CI 0,81-1,31; p=0,76). Die Inzidenz für ernste Komplikationen bei der Mutter betrug 2,1 % resp. 2,8 % (Risikoverhältnis 0,75; 95 % CI 0,45-1,26). Die Inzidenz schwerer Komplikationen beim Neugeborenen war 2,0 % resp. 2,6 % (Risikoverhältnis 0,77; CI 0,45-01,30). Die Inzidenz von Präeklampsie war 24,4 % resp. 31,1 % (Risiko Verhältnis 0,79; 95% CI 0,69-0,89) und von Frühgeburten 27,5 % (Risiko Verhältnis 0,87; 95 % CI 0,77-0,99).

Fazit

Bei schwangeren Frauen mit milder chronischer Hypertonie war eine Strategie, die eine Senkung des Blutdrucks auf ≤140/90 mmHg zum Ziel hatte, mit einem besseren Ausgang der Schwangerschaft verbunden, als der Ansatz die antihypertensive Behandlung in der Schwangerschaft erst bei einer schweren Hypertonie zu beginnen.  Die frühzeitige Senkung des Blutdrucks war dabei nicht mit einem größeren Risiko für ein zu niedriges Geburtsgewicht verbunden.

Autor:
Stand:
25.04.2022
Quelle:

Tita, Szychowski, Boggess et al. (2022): Treatment for Mild Chronic Hypertension during Pregnancy. Online ahead of print DOI: 10.1056/NEJMoa2201295

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