
Hintergrund
Hypertonie ist sowohl ein Risikofaktor für zerebrovaskuläre Erkrankungen als auch für Demenz. Die medikamentöse Therapie von Bluthochdruck mit Antihypertensiva ist mit einem reduzierten Risiko für Schlaganfälle assoziiert und die Kontrolle des Blutdrucks ist eine Möglichkeit zur Reduktion des Demenzrisikos. Denn häufig – nämlich in 80% der Fälle – ist Demenz bei älteren Menschen mit zerebrovaskulären Erkrankungen, Alzheimer-Demenz oder Mischformen aus zerebrovaskulären Erkrankungen und Alzheimer-Demenz assoziiert.
In einer systematischen Übersichtsarbeit und Meta-Analyse aus dem Jahr 2020 zeigte sich ein Zusammenhang zwischen Blutdrucksenkung und einem reduzierten kognitiven Abbau [1]. Auch die Guidelines der Weltgesundheitsorganisation WHO empfehlen die Blutdrucksenkung bei Menschen mit Hypertonie, um das Risiko eines kognitiven Abbaus bis hin zur Demenz zu mildern.
Einige Experten raten zu einer intensiveren Blutdrucksenkung zum Schutz der Kognition, gerade bei Hochrisiko-Patienten mit bestimmten Komorbiditäten, etwa KHK, Schlaganfall, Herzinsuffizienz, chronischer Nierenerkrankung, COPD und Diabetes. Der angestrebte Zielwert bei der Blutdrucksenkung, welcher zu einem reduzierten Demenzrisiko führt, ist derzeit umstritten. Bislang gibt es auch keine klare Antwort darauf, ob eine aggressivere Blutdrucksenkung besser vor milden kognitiven Beeinträchtigungen (Mild Cognitive Impairment, MCI) und Demenz schützt.
Zielsetzung
Das Team um Dr. Caroline Dallaire-Théroux von der Québec-Université Laval, Kanada, prüfte, ob eine intensivere Blutdruckreduktion mit einem verringerten Demenz-Risiko einhergeht [2].
Methodik
In einer systematischen Übersichtsarbeit und Meta-Analyse analysierten die Autoren randomisierte klinische Studien, welche die Assoziation zwischen einer intensiven Senkung des systolischen Blutdrucks und dem kognitiven Outcome untersuchten. Zur Suche geeigneter Studien bedienten sich die Forscher der Datenbanken MEDLINE, Embase, CENTRAL, Web of Science, CINAHL, PsycINFO, the International Clinical Trials Registry Platform und ClinicalTrials.gov.
Die Durchsicht und Auswahl geeigneter Studien wurde von zwei unabhängigen Reviewern durchgeführt. Sie orientierten sich dabei am PRISMA-Statement (Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses).
Primäre und sekundäre Endpunkte
Der kognitive Abbau wurde als primärer Endpunkt definiert. Sekundäre Endpunkte waren die Demenz-Inzidenz, MCI, zerebrovaskuläre Ereignisse sowie die Gesamtmortalität.
Ergebnisse
Insgesamt gingen fünf Studien mit 17.396 Teilnehmern in die Auswertung ein sowie zwei zusätzliche noch laufende Studien. Alle fünf Studien hatten ein unklares oder hohes Bias-Risiko. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 3,3 Jahre mit einer Spanne von 2,0 bis 4,7 Jahren. Eine intensive Blutdrucksenkung war nicht signifikant assoziiert mit Kognition, Demenz-Inzidenz oder der Inzidenz von MCI im Vergleich zur üblichen Blutdrucksenkung. Einen Einfluss hatte die intensivere Blutdrucksenkung lediglich auf die Reduktion zerebrovaskulärer Ereignisse.
Fazit
Die Studienergebnisse zeigten keine signifikante Assoziation zwischen Blutdrucksenkung und einem geringeren Risiko für kognitiven Abbau, Demenz oder MCI. Allerdings bewerteten die Autoren die Evidenz aufgrund geringer Probandenzahlen, Bias-Risiko und der statistischen Heterogenität als niedrig.
Die Autoren sehen derzeit keinen Anlass für eine intensivere Blutdrucksenkung in der Prävention von kognitivem Abbau und Demenz.