
Hintergrund
Die Aortenklappenstenose ist die dritthäufigste kardiovaskuläre Erkrankung nach der arteriellen Hypertonie und der koronaren Herzkrankheit. Ihre Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter und liegt je nach Studie bei den >65-Jährigen bei 2-7%. Patienten im fortgeschrittenen Alter leiden in der Regel unter der kalzifizierenden Form der Aortenstenose. Infolge der erhöhten Arbeits-Belastung durch die Aortenstenose kommt es zu einem Remodeling des linken Ventrikels mit einer zunehmenden Fibrosierung des Myokards. Die Stimmen mehren sich daher, dass eine Aortenstenose nicht nur als eine Klappen-Krankheit, sondern auch als Erkrankung des linken Ventrikels betrachtet werden sollte.
Schlüsselrolle der Myokardfibrose
Die myokardiale Fibrose infolge der Aortenstenose könnte auch eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung einer Herzinsuffizienz und damit auch für die Langzeitprognose von Patienten nach einer Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) spielen. Die TAVI hat sich in den vergangenen zehn Jahren als besonders schonendes Verfahren als Alternative zum chirurgischen Eingriff bei einer fortgeschrittenen Aortenstenose durchgesetzt. Ärzte des Herzzentrums der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) haben nun untersucht, inwieweit sich die Myokardfibrose auf die langfristigen Behandlungsergebnisse von Patienten mit schwerer Aortenstenose nach einer TAVI auswirkt[1,2].
Zielsetzung
Ziel der Studie war es, den Einfluss der myokardialen Fibrose auf das linksventrikuläre Remodeling, die Erholung und die Mortalität nach einer TAVI bei unterschiedlichen Subtypen der Aortenstenose festzustellen.
Methoden
In die Studie wurden 100 Patienten eingeschlossen, die im Herzzentrum für eine TAVI stationär aufgenommen worden waren. Vor dem Eingriff wurden transthorakale Echokardiographie (TTE), transösophageale Echokardiographie (TEE), 6-Minuten-Gehtest, Minnesota Living with Heart failure Quality of life questionnaire (MLHFQ) durchgeführt. Der NewYork Heart Association (NYHA) Status und NT-proBNP wurden bestimmt. Bei einem Teil der Patienten wurden darüber hinaus kardiovaskuläre Magnetresonanztomographie (Cardiovascular magnetic resonance imaging [CMR]) durchgeführt.
Evaluierung der Myokardfibrose
Im Anschluss an das Setzen der TAVI-Klappe wurde bei allen Teilnehmern eine Biopsie vom basalen Anteroseptum des linken Ventrikels entnommen. Am Präparat wurde das Ausmaß der myokardialen Fibrose mittels quantitativer Morphometrie bestimmt: Die blaugefärbten Areale (Kollagennachweis) wurden ins Verhältnis zum Gesamtgewebe gesetzt. Die Patienten wurden abhängig vom Grad der Myokard-Fibrose in zwei Gruppen eingeteilt. Als Richtwert diente der Median des Ausmaßes der myokardialen Fibrose. Die pathohistologische Untersuchung erfolgte geblindet gegenüber den jeweiligen klinischen Befunden und den Befunden der Bildgebung.
Nachbeobachtung und Endpunkte
Im Rahmen der strukturierten Nachbeobachtung wurden TTE, 6-Minuten-Gehtest, MLHFQ und die NT-proBNP Bestimmung nach jeweils 6 Monaten, 1 Jahr und 2 Jahren wiederholt. Als primärer Endpunkt der Studie wurde die kardiovaskuläre Mortalität und als sekundärer Endpunkt die Gesamtsterblichkeit während des Nachbeobachtungszeitraums von zwei Jahren definiert.
Ergebnisse
An der Studie nahmen 35 Frauen und 65 Männer teil. Das Durchschnittalter der Teilnehmer betrug 78 ± 7 Jahre. An KHK waren 70% der Teilnehmer vorerkrankt, an Vorhofflimmern 43%, an Diabetes 45% und an chronischer Niereninsuffizienz 54%. Fast dreiviertel der Patienten (74%) gehörten den NYHA-Klassen III und IV an. Als Median des Ausmaßes der myokardialen Fibrose (MF) wurden in der Kohorte 11% ermittelt. Dementsprechend wurden die Patienten in die Gruppen ≥11% (MF+) oder <11% (MF-)eingeteilt.
Mortalität im Nachbeobachtungszeitraum
Im Nachbeobachtungszeitraum verstarben insgesamt 22 der Teilnehmer, davon 14 an kardiovaskulären Ursachen. Patienten mit MF+ (n=13) waren signifikant häufiger von einem kardiovaskulären Tod betroffen als Patienten MF- (n=1). Kardiovaskuläre Mortalität betrug bei MF+ 26,5% und bei v MF- 2%. (P= 0,0003). Die multivariate Analyse zeigte, dass MF+ einen unabhängigen Prädiktor für kardiovaskuläre Mortalität darstellte (Hazard Ratio [HR] 27,4 (2,0-369), P = 0.01).
Fazit
Die Erstautorin der Studie Prof. Dr. Miriam Puls, Oberärztin der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG zieht folgendes Fazit: „Mit diesen Ergebnissen sollte ein neuer therapeutischer Ansatz erwogen werden, um das Langzeitüberleben von Patienten nach TAVI zu verbessern. In der Vergangenheit scheinen wir der linken Herzkammer nach TAVI zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet zu haben. Bislang gibt es keine konkrete Behandlung der Myokardfibrose, daher sollten anti-fibrotische Medikationen unbedingt in zukünftigen Studien getestet werden.“