
Eine frühzeitige Antikoagulation nach einem Schlaganfall kann das Risiko eines erneuten Schlaganfalls und embolischer Ereignisse reduzieren. Gleichzeitig kann sich das Risiko einer sekundären hämorrhagischen Transformation von Hirninfarkten erhöhen. Gerade Patienten mit Vorhofflimmern haben ein sehr hohes Risiko für weitere thrombembolische Ereignisse.
Die frühe Gabe von Direkten Oralen Antikoagulanzien (DOAKs) nach einem ischämischen Schlaganfall oder einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) beim gleichzeitigen Vorliegen von nicht-valvulärem Vorhofflimmern (nv-VHF) ist mit einem besseren Outcome assoziiert im Vergleich zur Therapie mit dem Vitamin K-Antagonisten Warfarin. Dies liegt vor allem im geringeren Risiko für intrakranielle Blutungen unter der DOAK-Therapie begründet. Die AREST-Studie mit 91 Patienten zum Vergleich einer frühen Gabe des DOAKs Apixaban mit einer späten Warfarin-Gabe zeigte Apixaban als sicher [1].
Doch wann genau sollte die Sekundärprophylaxe nach dem Indexereignis begonnen werden? Bisher gilt die 1-3-6-12-Tage-Regel als bekannter Konsens. Die Regel besagt, dass man bereits einen Tag nach TIA mit der Antikoagulation beginnen kann, bei kleinen und nicht behindernden Infarkten nach 3 Tagen, bei Schlaganfall mit moderater Behinderung nach 6 Tagen und bei großen Infarkten nicht vor 12 Tagen nach dem Indexereignis.
Zielsetzung
Ein Team um Dr. Shunsuke Kimura vom National Cerebral and Cardiovascular Center in Suita, Japan, untersuchte das optimale Timing zum Start der Antikoagulation mit DOAKs nach einem Schlaganfall in Abhängigkeit der Schwere des Schlaganfalls/der TIA [2].
Methodik
Die Forscher nutzten zwei multizentrische Register zur Datenerhebung – SAMURAI-NVAF (Stroke Acute Management with Urgent Risk-factor Assessment and Improvement-nonvalvular atrial fibrillation) und RELAXED (Recurrent Embolism Lessened by rivaroxaban, an Anti-Xa agent, of Early Dosing for Acute Ischemic Stroke and Transient Ischemic Attack With Atrial Fibrillation).
Die Patienten wurden in vier Subgruppen eingeteilt: TIA, milde, moderate und schwere Schlaganfälle (basierend auf der National Institutes of Health Stroke Scale). In jeder der Subgruppen wurde eine frühe Gruppe festgelegt. Bei Patienten dieser Gruppe wurde die DOAK-Therapie früher als im Durchschnitt der jeweiligen Subgruppe begonnen. Zur Zuordnung in die jeweilige frühe oder späte Gruppe wurden bei allen Schlaganfallpatienten weitere klinische Faktoren berücksichtigt. In den Gruppen mit moderaten und schweren Schlaganfällen wurde eine mögliche hämorrhagische Transformation des Insultes mittels CT oder MRT an dem Tag geprüft, an dem die DOAK-Therapie gestartet wurde.
Es wurde ein kombinierter Endpunkt aus erneutem Schlaganfall oder systemischer Embolie, ischämischem Schlaganfall oder schwerer Blutungen innerhalb von 90 Tagen festgelegt. Zur externen Validierung der Registerdaten wurden sechs prospektive Register aus Europa genutzt.
Ergebnisse
Insgesamt gingen 1.797 Patienten in die Studie ein. Die Sekundärprophylaxe mit DOAKs wurde im Mittel zu folgenden Zeitpunkten in den Subgruppen gestartet:
- TIA: nach 2 Tagen
- Milder Schlaganfall: nach 3 Tagen
- Moderater Schlaganfall: nach 4 Tagen
- Schwerer Schlaganfall: nach 5 Tagen.
Schlaganfälle und systemische Embolien waren in der jeweiligen frühen Subgruppe mit 785 Patienten seltener als in der späten Gruppe mit 1.012 Patienten. In den frühen Subgruppen wurde die Antikoagulation mit DOAKs an Tag 1, 2, 3 und 4 nach dem Indexereignis gestartet. Die frühen Gruppen schnitten auch bei ischämischen Schlaganfällen besser ab. Schwere Blutungen traten in den frühen und späten Subgruppen mit einer ähnlichen Häufigkeit auf (0,8% vs. 1%).
Die Unterschiede zwischen den frühen und späten Subgruppen konnten in den europäischen Registerstudien nicht bestätigt werden. Dies bedeutet, dass die frühere Antikoagulation sich nicht nachteilig auswirkte.
Fazit
Die Studiendaten für die untersuchte 1-2-3-4-Tage-Regel sind positiv und scheinen das Risiko für einen erneuten Schlaganfall oder eine systemische Embolie nicht zu erhöhen. Auch kam es nicht zu schweren Blutungen. Die Autoren betonen, dass diese Regel jedoch nur für Patienten gelten könne, bei denen nichts gegen eine frühe Antikoagulation spricht. Somit sind Patienten mit großen Infarkten, hämorrhagischer Transformation von Infarkten und unkontrollierter Hypertension nicht zur Anwendung dieser Regel geeignet.
Die Autoren der Studie sehen in den Ergebnissen eine Bestätigung dafür, dass weitere randomisierte Studien auf der Suche nach dem optimalen Zeitpunkt für den Beginn der Sekundärprophylaxe mit DOAKS nach Schlaganfall oder TIA und nv-VHF durchgeführt werden sollten.