Vorhofflimmern: Den Rhythmus aufrechterhalten

Eine frühe rhythmuserhaltende Therapie zusätzlich zur leitlinien-gerechten Therapie ist mit einem geringeren Risiko an kardiovaskulären Komplikationen bei Patienten mit Vorhofflimmern und erhöhtem Schlaganfallrisiko assoziiert als eine alleinige leitlinien-gerechte Therapie.

Herz Anatomie

Hintergrund

Patienten mit Vorhofflimmern (VF) haben auch unter einer leitlinien-gerechten Therapie ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen. Dabei ist das Risiko innerhalb des ersten Jahres nach Diagnosestellung am stärksten erhöht. Insgesamt erleiden ca. 5% aller VF-Patienten pro Jahr einen Schlaganfall, ein akutes Koronarsyndrom, eine Herzinsuffizienz oder einen kardiovaskulären Tod und 35-50% der VF-Patienten unter einer adäquaten Antikoagulationstherapie benötigen einen stationären Krankenhausaufenthalt oder versterben innerhalb von 5 Jahren. Eine frühe umfassende rhythmuserhaltende Therapie könnte die Komplikationen verhindern.

Bisher durchgeführte Studien zeigten jedoch keine Überlegenheit einer rhythmuserhaltenden Therapie im Vergleich zu antiarrhythmischen Medikamenten bei Patienten mit etabliertem Vorhofflimmern. Andere Berichte zeigten jedoch eine geringere Schlaganfallrate und Todesfälle unter einer rhythmus-kontrollierten Therapie einschließlich Ablationen.

Zielsetzung

Die EAST-AFNET 4-Studie (Early Treatment of Atrial Fibrillation for Stroke Prevention Trial) testet die Hypothese, ob eine frühe rhythmuserhaltende Therapie, eingebettet in eine umfassende Behandlung, Komplikationen bei VF-Patienten besser verhindern kann als die bisher üblichen Therapieansätze.

Methodik

In die prospektive, randomisierte, verblindete, multizentrische Studie wurden Patienten mit neu aufgetretenem VF (Diagnose < 1 Jahr) eingeschlossen, die ein erhöhtes Schlaganfallrisiko aufweisen. Die VF-Patienten wurden randomisiert und erhielten entweder eine leitlinien-gerechte Therapie oder zusätzlich zu dieser entweder eine Pulmonalvenenisolation mittels Katheterablation oder eine medikamentöse anti-arrhythmische Therapie direkt nach der Randomisierung.

Der primäre kombinatorische Endpunkt setzte sich zusammen aus kardiovaskulärem Tod, Schlaganfall, Herzschwäche oder akutem Koronarsyndrom (mit Krankenhausaufenthalt). Alle Patienten wurden ambulant nachbeobachtet. Die Untersuchungen erfolgten nach 12, 24 und 36 Monaten. Zusätzlich mussten die Patienten alle sechs Monate einen Fragebogen ausfüllen. Sekundärer Endpunkt war die Anzahl an Nächten im Krankenhaus pro Jahr. Der primäre kombinierte Sicherheitsendpunkt setzte sich zusammen aus Tod, Schlaganfall oder schwerwiegenden Nebenwirkungen aufgrund der rhythmuserhaltenden Therapie.

Ergebnisse

In 135 Studienzentren konnten 2.789 Patienten mit VF mit erhöhtem Schlaganfallrisiko in die Studie europaweit eingeschlossen werden. Hiervon erhielten 1.395 VF-Patienten eine leitlinien-gerechte Therapie und 1.394 VF-Patienten zusätzlich eine frühe rhythmuserhaltende Therapie. Im Median wurden die VF-Patienten 36 Tage nach Diagnosestellung in die Studie eingeschlossen (Interquartilsabstand (IQR): 6-112 Tage). Patientencharakteristika waren zwischen den beiden Gruppen ausgeglichen. Lediglich die Einnahme von Digitalisglykosiden und Beta-Blockern war  leicht erhöht und die Einnahme von Statinen verringert in der Gruppe der leitlinien-gerechten Therapie.

Klinische Ergebnisse

  • Nach der dritten Interimsanalyse wurde die Studie aufgrund der Wirksamkeit nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5,1 Jahren gestoppt.
  • Ein Ereignis des kombinierten primären Endpunktes trat bei 249 Patienten mit früher rhythmuserhaltender Therapie auf (3,9 pro 100 Personenjahre) und bei 316 Patienten unter Standardtherapie (5,0 pro 100 Personenjahre) (Hazard Ratio (HR): 0,79; 96%-Konfidenzintervall (KI): 0,66-0,94; p = 0,005 ).
  • Dieses Ergebnis bestätigte sich auch nach Korrektur von relevanten Kovariaten (HR: 0,78; 95%-KI: 0,66-0,92; p = 0,004) und in Subgruppen-Analysen.
  • Bei der mittleren Anzahl an Nächten im Krankenhaus traten keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen auf (5,8 ± 21,9 vs. 5,1 ± 15,5 Tage pro Jahre; p = 0,23).

Der primäre Sicherheitsendpunkt

  • Die Prozentzahl der Patienten bei denen ein primärer Sicherheitsendpunkt auftrat unterschied sich zwischen den Gruppen nicht (Standardtherapie: 223 Patienten vs. frühe Rhythmuskontrolle: 231 Patienten).
  • Schwerwiegende Nebenwirkungen aufgrund einer rhythmuserhaltenden Therapie traten bei 4,9% der Patienten mit früher Rhythmuskontrolle auf und bei 1,4% unter Standardtherapie.

Fazit

Die Studie zeigt, dass Patienten die die Diagnose Vorhofflimmern erhalten und zusätzlich aufgrund verschiedener Faktoren ein erhöhtes Schlaganfallrisiko aufweisen von einer frühen rhythmuserhaltenden Therapie zusätzlich zur leitlinien-gerechten Therapie profitieren. Unter diesem Therapieansatz traten weniger kardiovaskuläre Ereignisse auf, wenn auch die Anzahl an Nächten im Krankenhaus pro Jahr nicht differierten. Die Sicherheit der Therapie ist gegeben und so sollten diese Ergebnisse bei zukünftigen Entscheidungen bzgl. einer rhythmuserhaltenden Therapie bei neu diagnostizierten VF-Patienten berücksichtigt werden. Man muss jedoch anmerken, dass in diese Studie nur VF-Patienten eingeschlossen wurden, bei denen kürzlich die Diagnose gestellt wurde. Daher kann kein genereller Rückschluss gezogen werden, ob diese Therapie auch bei bereits länger erkrankten VF-Patienten hilfreich ist.

Autor:
Stand:
12.10.2020
Quelle:
  1. Kirchhof P. et al. (2020): Early Rhythm-Control Therapy in Patients with Atrial Fibrillation, New England Journal of Medicine, DOI: 10.1056/NEJMoa2019422
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