Therapeutische Antikoagulation schützt vor schwerem Covid-19

Eine höher dosierte therapeutische Antikoagulation mit Enoxaparin oder Apixaban schützte in einer randomisierten Studie hospitalisierte Covid-19-PatientInnen häufiger vor Intubation oder Tod als die übliche prophylaktische Blutgerinnungshemmung.

Blutgerinnung

Hintergrund

Zu Beginn der Coronapandemie verstarben mehrere Betroffene an thrombotischen Komplikationen der Covid-19-Pneumonie, speziell an Thrombosen in den kleinen Lungengefäßen. Daraufhin untersuchten randomisierte Studien den Nutzen einer höher dosierten Antikoagulation, wie sie normalerweise zur Behandlung einer Lungenembolie gegeben wird. Üblich erhalten bettlägerige PatientInnen nur eine niedrig-dosierte thromboseprophylaktische Antikoagulation.

Die Studien ergaben widersprüchliche Ergebnisse, zeigten insgesamt jedoch aber einen geringen Nutzen. Jetzt untersuchte ein Team um Valentin Fuster vom Mount Sinai Hospital in New York erneut die Sicherheit und Wirksamkeit einer therapeutischen Antikoagulation bei nicht kritisch kranken PatientInnen mit Covid-19. Die Ergebnisse wurden auf einer Tagung des „American College of Cardiology“ in New Orleans vorgestellt und im „Journal of the American College of Cardiology“ veröffentlicht [1].

Daten von knapp 3.400 Covid-Erkrankten ausgewertet

Die FREEDOM-Studie fand zwischen dem 26. August 2020 und 19. September 2022 an 76 Kliniken in 10 Ländern (ohne deutsche Beteiligung) statt. Sie umfasste 3.398 Erwachsene (Durchschnittsalter 53 Jahre) mit bestätigter Covid-19-Diagnose. Alle PatientInnen mussten wegen eines akuten Atemnotsyndroms (ARDS) stationär aufgenommen werden. Zu Beginn der Studie war weder eine intensivmedizinische Betreuung noch eine invasive Beatmung erforderlich.

Die ProbandInnen wurden innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach der stationären Aufnahme in drei Gruppen randomisiert:

  • Gruppe 1 erhielt eine thromboseprophylaktische Antikoagulation mit Enoxaparin (n=1.141)
  • Gruppe 2 wurde eine höher dosierte therapeutische Dosis von Enoxaparin, wie sie auch zur Behandlung einer Lungenembolie verwendet wird (die aber nicht vorlag), verabreicht (n=1.136)
  • Gruppe 3 bekam eine therapeutische Antikoagulation mit Apixaban (n=1.121)

Endpunkt der Studie

Als primärer Endpunkt der Studie war das 30-Tage-Kompositum aus Gesamtmortalität, Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung, systemischer Thromboembolie oder ischämischem Schlaganfall definiert. Zu den sekundären Endpunkten gehörten die Gesamtmortalität, Intubationspflicht und Blutungen.

Die Ergebnisse der beiden therapeutischen Antikoagulationen wurden zusammengefasst und anschließend mit denen der prophylaktischen Antikoagulation verglichen.

Kein signifikanter Vorteil der therapeutischen Antikoagulation erkennbar

Der primäre Endpunkt trat bei 11,3% der PatientInnen mit der therapeutischen Dosis ein, verglichen mit 13,2% der ProbandInnen, die eine prophylaktische Antikoagulation erhalten hatten. Das ergibt zwar einen leichten Vorteil zugunsten der therapeutischen Dosis; die Hazard Ratio (HR) von 0,85 verfehlte jedoch bei einem 95%-Konfidenzintervall (95%-KI) von 0,69–1,04 (p=0,11) das Signifikanzniveau. Somit konnte auch diese Studie keinen eindeutigen Vorteil der therapeutischen Antikoagulation belegen.

Rückgang der Gesamtmortalität, weniger Intubationen, kaum Blutungsrisiken

Die Gesamtmortalität lag bei den PatientInnen im prophylaktischen Arm bei 7%, verglichen mit 4,9% in der therapeutischen Dosisgruppe. Die HR von 0,70 war mit einem 95%-KI von 0,52–0,93 (p=0,01) signifikant. Das ergibt ein um 30% vermindertes Sterberisiko, das sicherlich auch klinisch relevant wäre.

Eine Intubation war bei 8,4% bzw. 6,4% der PatientInnen erforderlich (HR 0,75, 95%-KI 0,58–0,98; p=0,03). Das bedeutet einen Rückgang um 25%.

Die Blutungsrisiken waren in der therapeutischen Dosisgruppe mit 0,4% etwas höher als unter der prophylaktischen Antikoagulation mit 0,1%. Die Differenz war jedoch nicht signifikant (p=0,18).

Fazit

Im primären Endpunkt, der auch das Thromboserisiko und Schlaganfälle inkludierte, ergab sich für höher dosiertes Enoxaparin oder Apixaban bei hospitalisierten Covid-19-PatientInnen kein signifikanter Vorteil gegenüber der üblichen prophylaktischen Antikoagulation. Allerdings mussten mit der therapeutischen Antikoagulation weniger Patienten intubiert werden oder starben.

Autor:
Stand:
14.03.2023
Quelle:

Stone, G. W. et al. (2023): Anticoagulation Strategies in Non-Critically Ill Patients Hospitalized with COVID-19: A Randomized Clinical Trial. Journal of the American College of Cardiology, DOI: 10.1016/j.jacc.2023.02.041.

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