
Eine Alternative ist die Stimulierung der T-Zell-Antwort. T-Zellen sind zentral für die Überwindung von COVID-19 (Abk. für Coronavirus disease 2019), betonte Professor Dr. Juliane Walz von der Abteilung für peptidbasierte Immuntherapie der Universitätsklinik Tübingen [1]: Die bekämpfen in der Akutsituation die SARS-CoV-2-Viren, ermöglichen eine Langzeit-Immunität und induzieren eine Immunität auch dann, wenn B-Zellen defizient sind. Daher war das Ziel der Tübinger Arbeitsgruppe, einen Corona-Impfstoff zu entwickeln, der als T-Zell-Aktivator fungiert und eine besonders hohe T-Zell-Immunität erzielt, um die Gruppe der Menschen mit B-Zell-Defizienz und dadurch bedingtem hohem Risiko für eine schweren Verlauf von COVID-19 zu schützen.
Das Spike-Protein ist nicht alles
Aus Blut von Rekonvaleszenten, die COVID-19 überstanden hatten, wurden häufige T-Zell-Epitope/Peptide für SARS-COV-2 identifiziert. Sechs Peptide wurden für die Entwicklung der Vakzine ausgewählt. Sie stammten alle von verschiedenen viralen Komponenten und waren nicht auf das Spike-Protein begrenzt. Wichtig war auch, dass verschiedenen HLA-Typen abgedeckt wurden. Als neues Adjuvanz verwendeten die Forscherinnen und Forscher den TLR1/2-Agonisten XS15, der in Montanide ISA 51 VG, einer Öl-in-Wasser-Emulsion mit ebenfalls immunoadjuvanten Eigenschaften, emulgiert wurde. So kann nach der subkutanen Injektion am Bauch eine Depotbildung erreicht werden, um eine kräftige lokale Immunantwort zu erreichen, erläuterte Walz.
Sicher und effektiv bei gesunden Probanden
Im Phase-I-Teil der CoVAC-1-Studie zeigte sich bei 36 gesunden Probanden im Alter von 18 bis 80 Jahren die erwartete lokale Reaktion mit Granulombildung, Erythem und Schwellung [2]. Allergische Reaktionen oder Zeichen einer systemischen Entzündungsreaktion wie beispielsweise Fieber wurden aber nicht beobachtet.
Bei allen Probanden, auch den älteren, ließ sich nach 28 Tagen eine Interferon-γ(IFN-γ)-T-Zellantwort zeigen, berichtete Walz. Die T-Zell-Antwort war stärker als die bei COVID-19-Rekonvaleszenten oder die T-Zell-Antwort nach einer SARS-CoV-2-Impfung mit den zugelassenen Impfstoffen. Vor allem war eine Persistenz der T-Zellantwort über zwölf Monate festzustellen.
Immunogenität auch bei B-Zell-Defizienz
An mehreren Zentren wurden für den zweiten Teil der CoVAC-1-Studie (Phase-I/II) 50 Patientinnen und Patienten mit einer Krebserkrankung und einer behandlungsassoziierten B-Zell-Defizienz sowie vier Personen mit einer angeborener B-Zell-Defizienz geimpft. 83% hatten zuvor schon einen kommerziellen Impfstoff erhalten, aber keine Antikörper-Antwort entwickelt. Mit dem Tübinger Impfstoff zeigte sich bei 86% der Vakzinierten eine spezifische IFN-γ-T-Zellantwort an Tag 28.
Auch hier wurden die lokalen Reaktionen an der Injektionsstelle wie bei gesunden Probanden beobachtet, es gab aber keine ernsten Impfstoff-assoziierten Nebenwirkungen, keine unerwünschten Effekte des Grads 3 und kein Impfling zeigte immunassoziierte Nebenwirkungen.
Wie Walz berichtete, waren die induzierten CD4-T-Zellen von einem multifunktionalen Th1-Typ. Die CoVac-1-Peptide waren nicht von Veränderungen der bisherigen Virusvarianten inklusive Omicron betroffen. Damit hat dieser Impfstoff das Potenzial, auch gegen diese Varianten wirksam zu sein.
Phase-III-Studie läuft an
Wie Walz berichtete, ist die T-Zell-Antwort mit dem Peptid-Impfstoff ausgeprägter als bei einer mRNA-Impfung und der Impfstoff kann eine vorbestehenden SARS-CoV-2-T-Zell-Antwort weiter boostern. Ob diese Impfantwort vor schweren Verläufen schützt, muss die weitere klinische Entwicklung des Impfstoffs zeigen. Eine Phase-III-Studie mit CoVAC-1 für Patientinnen und Patienten mit B-Zell-Defizienz ist in Vorbereitung.
Auch für Menschen mit andersartiger Immunsuppression soll die Entwicklung weiter gehen. Außerdem soll das Prinzip der T-Zell-Aktivatoren auch auf andere Erkrankungen wie z.B. EBV oder CMV ausgeweitet werden. Bis zur Phase-II wurde die Entwicklung akademisch vorangetrieben, jetzt soll die weitere Prüfung von CoVAC-1 mit einem Industriepartner erfolgen.
Die Studie CoVAC-1 ist auf clinicaltrials.gov registriert unter NCT04954469 und wurde von der Universitätsklinik Tübingen finanziert