Neueinführung Hetlioz

Das neu zugelassene Medikament Hetlioz enthält den Wirkstoff Tasimelteon und wird zur Behandlung von Schlaf-Wach-Störungen mit Abweichungen vom 24-Stunden-Rhythmus (Non-24-hour sleep-wake disorder, kurz Non-24 bzw. hypernykthemerales Syndrom) bei völlig blinden Erwachsenen ohne Lichtwahrnehmung eingesetzt.

Blindenhund

Tasimelteon, der Wirkstoff von Hetlioz, soll bei der Synchronisation des 24-Stunden-Rhythmus helfen, indem es die biologische Uhr (Master clock) im suprachiasmatischen Nucleus (SCN) im Hypothalamus adjustiert.

Tasimelteon ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Melatonin-Rezeptor-Agonisten mit Wirkung auf den zirkadianen Rhythmus. Blinde Menschen ohne Lichtwahrnehmung leiden häufig an Schlaf-Wach-Störungen, da sich ihr zirkadianer Rhythmus nicht am Licht orientieren kann. Das Schlafmuster Blinder folgt oft einem längeren Rhythmus als dem Standard-24-Stunden-Zyklus. In Folge schlafen die Patienten zu untypischen Zeiten ein oder wachen wieder auf.

Neben Licht koordiniert Melatonin den körpereigenen Schlafzyklus. Das Hormon wird von den Pinealozyten in der Epiphyse während der Dunkelheit produziert. Tasimelteon imitiert die endogene Melatonin-Wirkung, indem es selektiv an die Melatoninrezeptoren MT1 und MT2 bindet. Melatoninrezeptoren modulieren als Gi-Protein-gekoppelte Rezeptoren die neuronale Aktivität von wachheitsbeeinflussenden Neuronennetzwerken. Sie befinden sich insbesondere in der Hypophyse, im Nucleus suprachiasmaticus (MT1) und der Retina (MT2). Nach der Rezeptorenbindung von Tasimelteon stellt sich ein Gefühl der Ermüdung ein, zudem werden die Einschlafphase verkürzt und die Durchschlafzeit verlängert.

Dosierung von Hetlioz

Hetlioz ist für die Dauereinnahme vorgesehen. Die vom Hersteller Vanda Pharmaceuticals empfohlene Dosis beträgt einmal täglich eine Kapsel mit 20 mg Tasimelteon. Die Kapseln sollten täglich zur gleichen Zeit, etwa eine Stunde vor dem Schlafengehen, ohne Nahrung geschluckt werden. Nach einer fettreichen Mahlzeit sind mindestens zwei Stunden abzuwarten, bevor Hetlioz eingenommen wird. Nach der Einnahme sollten die Patienten alle weiteren Aktivitäten einstellen und sich nur noch auf die Vorbereitung der Nachtruhe beschränken.

Studien und Hintergrundinformationen

Die Zulassung von Hetlioz basiert insbesondere auf zwei randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studien. An der ersten Studie (SET) nahmen 84 völlig blinde Patienten mit Non-24 teil. Die Probanden erhielten randomisiert eine Stunde vor dem Zubettgehen täglich 20 mg Tasimelteon oder ein Placebo. Die Wirksamkeit wurde nach Synchronisation mit dem 24-h-Zyklus bewertet, gemessen an der zeitlich veränderten Menge des Melatonin-Metaboliten 6-Sulfatoxymelatonin im Urin.

Zwischen 20 und 60 Prozent Anpassung

Im Ergebnis passten sich 20 Prozent der Patienten der Verumgruppe nach einmonatiger Behandlung an den physiologischen Rhythmus an. In der Placebogruppe gelang das nur 3 Prozent. Nach sieben Monaten sah die Bilanz für Tasimelteon in einer Untergruppe besser aus. Nach dieser Behandlungszeit hatten sich nahezu 60 Prozent an einen 24-h-Zyklus synchronisiert.

Dauerhafte tägliche Einnahme notwendig

In der zweiten Studie (RESET) wurde gezeigt, dass eine dauerhafte tägliche Einnahme von Hetlioz erforderlich ist, um die Synchronisation aufrecht zu erhalten. Zunächst bekamen 57 Probanden etwa zwölf Wochen Hetlioz. 20 von ihnen sprachen auf diese Run-In-Phase an. Aus dieser Gruppe bekamen 10 Patienten das Medikament für weitere acht Wochen, die anderen 10 erhielten ein Placebo. In der Verum-Gruppe blieb die Synchronisation bei 9 von 10 Patienten erhalten, in der Placebo-Gruppe nur bei 2 von 10.

Zulassung vor allem wegen fehlender Alternativen

Objektiv betrachtet ist eine Wirksamkeit bei gerade einmal 20 Prozent der Studienteilnehmer nicht besonders hoch. Ungeachtet dessen empfahl der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP), das Medikament in Europa zuzulassen. Das – wenn auch mäßige – Ansprechen auf Tasimelteon sei aufgrund fehlender zugelassener Therapie für das Non-24 als wichtig und bedeutsam einzustufen.

Autor:
Stand:
01.08.2016
Quelle:

European Medicines Agency (EMA)

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