Kassenärztlicher Trendreport zur COVID-Krise

Ein Trendreport des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland zeigt, dass die Lockdowns 2020 enorme wirtschaftlichen Folgen für die Vertragsarztpraxen hatten. Das ist auch für 2021 zu erwarten, daher wird ein neuer Schutzschirm gefordert.

Trend

Hintergrund

Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI) hat eine vorläufige Zusammenfassung der Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die vertragsärztliche Tätigkeit und die wirtschaftliche Situation der Praxen erstellt und als Trendreport unter dem Namen: „Veränderung der vertragsärztlichen Leistungsinanspruchnahme während der COVID-19-Krise – Tabellarischer Trendreport für das 1. bis 4. Quartal 2020“ veröffentlicht. [1]

Datenbasis des Trendreports

Der vorliegende Bericht knüpft an den 3. Zi-Trendreport zu den ersten drei Quartalen 2020 an. Grundlage des aktuellen Trendreports sind Frühinformationen aus den Abrechnungsdaten des 1. und 2. Quartals 2020 sowie aggregierte Informationen aus den Abrechnungsdaten des 1. und 2. Quartals 2019 von 16 der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Für das 3. und 4. Quartal wurden von 15 KVen Frühinformationen zu 2020 bzw. aggregierte Informationen aus dem Jahres 2019 zur Verfügung gestellt.

Inhalte des Trendreports

Der Trendreport fokussiert sich auf den Zeitraum von März 2020, 1. Lockdown, bis Ende des Jahres 2020. Thema sind die Auswirkungen der Kontaktbeschränkungen im 1. und 2. Lockdown (Lockdown „light“ ab November 2020) sowie der Pandemie-Situation auf die Tätigkeit von Vertragsärzten. In einer Pressemitteilung des ZI s werden folgende Thermen auf der Grundlage des Trendreports diskutiert:[2]

  • Fallzahlenrückgang während der Lockdowns
  • Rückgang nach Fachgebieten
  • Behandlungsanlässe SARS-CoV-2
  • Anstieg von Impfungen gegen Pneumokokken und Influenza
  • Telefonische Beratung und Videosprechstunden
  • Früherkennung im 4. Quartal

Fallzahlenrückgang während der Lockdowns

Anfang März 2020 im ersten Lockdown, der zur Eindämmung der SARS-CoV-2-Pandemie erlassen wurde, kam es zu einem starken Rückgang vertragsärztlicher und vertragspsychotherapeutischer Leistungen. Damals hatte sich die Anzahl der Konsultationen erst wieder ab Ende Mai normalisiert. Dies wiederholte sich auch im 2. Lockdown, der im November 2020 in Kraft trat. Zu Beginn des 4. Quartals waren die Gesamtfallzahlen gegenüber dem Vorjahr zwar zunächst leicht angestiegen (+6,3%), nahmen dann jedoch ab Anfang November um 4,5% gegenüber den Vorjahresmonaten stark ab.

Rückgang nach Fachgebieten

Bei Kinder- und Jugendärzten kam es mit bis zu -16,7% gegenüber den Vorjahresmonaten zum stärksten Fallzahlrückgang. Gefolgt wurden diese von den psychotherapeutisch tätigen Ärzten, die Fallzahlrückgange bis zu -14,1% zu verzeichnen hatten. Der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt in der Hausarztpraxis nahm um 13,2% ab. Bei den Fachärzten waren die Hals-Nasen-Ohren-Ärzte (-15%) und die Chirurgen (-12,5%) am stärksten betroffen.

Behandlungsanlässe SARS-CoV-2

Vom 1. Februar bis 30. Dezember 2020 gab es insgesamt rund 19,9 Millionen Behandlungsanlässe wegen des klinischen Verdachts oder des Nachweises einer SARS-CoV-2-Infektion. Dabei sind in dieser Zeit rund 9,55 Millionen PCR-Tests auf SARS-CoV-2 vertragsärztlich abgerechnet worden.

Impfungen

Impfungen gegen Pneumokokken und Influenza erlebten in der Krise einen Aufschwung. Die Zahl der Pneumokokken-Impfungen stieg von März bis Dezember 2020 um rund 1,13 Millionen und die Zahl der Influenza Impfungen um 3,54 Millionen gegenüber dem Vorjahreszeitraum. „Diese Zahlen zeigen einmal mehr: Die niedergelassenen Haus- und Fachärztinnen und -ärzte stehen bereit, die Menschen in Deutschland schnell, flächendeckend und unbürokratisch gegen das COVID-19-Virus zu impfen – wenn endlich dauerhaft genug Impfstoff in die Praxen fließt,“ schreibt das ZI in der Pressemitteilung zur Veröffentlichung des Trendreports.

Telefonische Beratung und Videosprechstunden

Während der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt deutlich abnahm, stieg die Anzahl der telefonischen Beratungen gegenüber dem Vorjahr um 2,7 Millionen auf insgesamt 6,3 Millionen an. Hinzu kamen im 2. und 4. Quartal weitere knapp 762.000 Stunden für telefonische Beratung, die über die zeitweise in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) eingeführten Zuschläge vergütet wurden. Von Anfang März bis Jahresende 2020 wurden insgesamt fast 2,5 Millionen Videosprechstunden durchgeführt. Im Vorjahreszeitraum lag diese Zahl bei wenigen Tausend.

Früherkennung im 4. Quartal

Mit Beginn des vierten Quartals 2020 verzeichnete man Fallzahlzuwächse bei Früherkennungsuntersuchungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im Einzelnen waren dies +10,3 Prozent beim Mammographie-Screening, +8,7% bei Kinderfrüherkennungsuntersuchungen und + 6,7% bei der Früherkennungskoloskopie. Man interpretiert diese Zuwächse als kurzzeitige Nachholeffekte. Während die Fallzahlen bei den Früherkennungskoloskopien ab November wieder stärker absinken (bis zu -10,2%), fallen sie beim Mammographie-Screening und bei den Kinderfrüherkennungsuntersuchungen im weiteren Verlauf nur geringfügig unter die Vorquartalswerte. Demgegenüber sinken die Fallzahlen bei den Disease-Management-Programm-(DMP)-Schulungen über das gesamte 4. Quartal hinweg ab (-18,4%).

Bewertung und Ausblick

Der Vorstandsvorsitzende des Zi Dr. Dominik von Stillfried führt aus, wie die Umsatzverluste gehandhabt werden: „Umsatzverluste einzelner Praxen müssen aus dem budgetierten Gesamthonorar, also letztlich durch die Ärzte und Psychotherapeuten untereinander ausgeglichen werden.“ Leistungen wie Vorsorgeuntersuchungen und ambulante Operationen, die extrabudgetär vergütet werden, sind dabei nicht berücksichtigt. Im Hinblick auf die aktuelle Situation fordert Stillfried: „Die im März 2021 vom Gesetzgeber getroffene Regelung, um pandemiebedingte Einschnitte bei den Praxen aufzufangen, ist aber kein Schutzschirm. Wer den enormen Einsatz der Vertragsärztinnen und -ärzte und ihrer Praxisteams in der Pandemie schätzt, spannt den Schutzschirm von 2020 für die Praxen wieder auf."

Autor:
Stand:
26.04.2021
Quelle:
  1. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI) (2021): Veränderung der vertragsärztlichen Leistungsinanspruchnahme während der COVID-19-Krise – Tabellarischer Trendreport für das 1. bis 4. Quartal 2020“. Trendreport
  2. ZI (2021): Mit zweitem Corona-Lockdown ab November 2020 erneut deutlicher Rückgang der ambulanten Behandlungsfälle // Arztpraxen mit Impfrekord gegen Influenza und Pneumokokken. Medieninformation
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