
Möglicherweise haben sich die kognitiven Folgen bei Menschen mit mildem Schlaganfall heute, nach Einführung von Therapien wie der Lyse oder Thrombektomie, verringert, meinte Umarova. In der CogStroke Studie wurden 238 von einem Schlaganfall Betroffene einer neuropsychologischen Testung über alle kognitiven Domänen hinweg unterzogen. Die Daten wurden in den ersten Tagen nach Schlaganfall und drei Monate danach erhoben. Als Vergleich dienten Daten aus der Schweizer Bevölkerung kontrolliert für Alter, Ausbildung und Geschlecht. Bereits vorbestehende kognitive Störungen vor dem Schlaganfall wurden anamnestisch und fremdanamnestisch sowie durch Auswertung der Kodierung vor Schlaganfall ausgeschlossen. Ebenfalls ausgeschlossen wurden Betroffene mit Aphasie.
Überwiegend milde Schlaganfälle
Das mittlere Alter der Patienten lag bei 67 Jahren, 17% waren unter 55 Jahre, 48% über 70 Jahre alt. Die Geschlechter waren in etwa gleich stark vertreten. 52% wiesen einen hohen Bildungsgrad definiert als mindestens 12 Ausbildungsjahre auf. Im Mittel waren die erfassten Schlaganfälle leicht: der Wert nach der National Institutes of Health Stroke Scale (NIHSS) lag nach 24 Stunden bei 2,8 und 89% hatten dank der Verfügbarkeit der Thrombektomie innerhalb von 24 Stunden am Berner Zentrum einen NIHSS-Wert von unter 5 nach 24 Stunden.
Trotzdem häufig kognitive Einschränkung
Die ersten kognitiven Tests wurden im Mittel 2,8 Tage nach dem Schlaganfall durchgeführt. Es zeigte sich trotz der meist milden Schlaganfälle bei der Hälfte der Untersuchten ein mindestens mildes Defizit in den Domänen Lernen und/oder verbales Gedächtnis (ca. 30% auch schwere Defizite). Jeder Dritte wies auch Einschränkung in den Exekutivfunktionen auf. 78% der Patienten war in zwei und mehr kognitiven Domänen mittelschwer bis schwer eingeschränkt. Insbesondere junge Patienten würden entlassen und die Einschränkungen oft nicht bemerkt, erläuterte Umarova. Die Betroffenen würden dann erst bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz konfrontiert und das könne ihrer Erfahrung nach rasch in eine Depression münden. Eine hohe Aufmerksamkeit für kognitive Beeinträchtigungen auch bei jungen Patienten mit einem milden Schlaganfall sei daher wichtig.
Interindividuelle Variabilität verstehen
Analog dem Resilienz-Konzept bei der Demenz geht Umarova auch von einer Resilienz durch eine höhere kognitive Reserve beim Schlaganfall aus [3]. Dabei ist die kognitive Reserve bei Schlaganfall nicht nur die Zahl der Ausbildungsjahre und den Bildungsgrad definiert, sondern auch durch abwechslungsreiche und stimulierende berufliche und Freizeitaktivitäten, erklärte sie. Eine durch die Ausbildung definierte hohe kognitive Reserve war in der untersuchten Kohorte besonders bei den unter 55 Jahre alten Patienten sowohl kurz nach Schlaganfall als auch drei Monate später mit einem günstigen Ergebnis in der Domäne Lernen assoziiert. Bei Definition der kognitiven Reserve durch Beruf und Freizeitaktivitäten zeigte sich ein günstiger Effekt einer hohen kognitiven Reserve für das Lernen auch bei den älteren Betroffenen. Auch die Domänen exekutive Funktionen und Gedächtnis zeigten bei höherer kognitiver Reserve günstigere Ergebnisse nach dem Schlaganfall.
Fazit
Auch Patienten mit einem milden Schlaganfall und junge Betroffene haben zu einem hohen Anteil nach dem Ereignis klinisch relevante kognitive Einschränkungen. Ausbildung, berufliche Tätigkeit und die Kognition stimulierende Freizeitaktivität vor dem Schlaganfall bestimmten die kognitive Reserve, die ähnlich wie bei Demenz protektiv zu sein scheint.