
Hintergrund der Warnung waren zwei Fallbeispiele aus der UAW-Datenbank. Zwei Glioblastom-Patientinnen waren gestürzt, nachdem Sie nach einer Temozolomid-Behandlung Methadon außerhalb der Zulassung eingenommen hatten.
Antiproliferativer Effekt von Methadon wird kontrovers diskutiert
In den Laien- und Fachmedien wird seit einigen Jahren ein fraglicher antiproliferativer Effekt von Methadon in der Tumortherapie kontrovers diskutiert. Aussagekräftige Daten aus klinischen Studien hierzu liegen bis dato nicht vor. Zusammenfassend wird der Einsatz von Methadon zur Tumortherapie wegen unzureichender Datenbasis derzeit von den relevanten medizinischen Fachgesellschaften abgelehnt. Auf ihrer Webseite verweist die AkdÄ auf eine Übersicht über den Diskussionsstand und über die in Deutschland verfügbaren Arzneimittel mit Methadon und ihre zugelassenen Indikationen.
Methadon möglicherweise Ursache für die Stürze
Die AkdÄ weißt mit zwei Fallberichten darauf hin, dass die hinsichtlich ihrer Wirksamkeit nicht belegte Tumorbehandlung mit Methadon zu schwerwiegenden Folgen für die Patienten führen kann. Patienten sind sturzgefährdet und Frakturen können durch die starke analgetische Wirkung verschleiert werden. Diese Risiken sollten bei der Off-Label-Anwendung von Methadon in der Tumortherapie mit in Betracht gezogen werden.
Wahrscheinlichkeit, dass Methadon die Ursache für die Stürze und Folgeerscheinungen war?
Wie die AkdÄ informiert gab es eine dänische Fall-Kontroll-Studie. Diese zeigte ein erhöhtes Fraktur-Risiko unter der analgetischen Behandlung mit Opioiden einschließlich Methadon (adjustierte Odds Ratio 1,39; 95 % CI (1,05–1,83). Ein Anstieg des Frakturrisikos war bereits bei kumulativer Einnahme von weniger als zehn definierten Tagesdosen (DDD) zu beobachten. Daher ist anzunehmen, dass der Anstieg eher durch Stürze als durch eine Schwächung der Knochenstruktur verursacht wurde, da die Einnahmedauer zu kurz war, um größere Veränderungen der Knochenstruktur zu ermöglichen (4). Als Ursachen für eine Opioid-induzierte Schwächung der Knochenstruktur werden direkte Effekte auf die Osteoblasten sowie ein Opioid-induzierter Hypogonadismus diskutiert (5–7).
Alternative Ursachen nicht ganz ausschließbar
Alternative Ursachen für die Stürze können in beiden Fällen nicht komplett ausgeschlossen werden, da beide Patienten parallel Dexamethason und als Antiepileptikum Levetiracetam erhielten. Glioblastome selbst können ebenfalls Koordinationsstörungen sowie eine Stand- und Gangunsicherheit hervorrufen. Auch wenn diese Faktoren eine Rolle gespielt haben, könnte das Sturzrisiko durch eine den Ärzten unbekannte Methadoneinnahme verstärkt worden sein. Die Methadoneinnahme hat demnach zu einem Schaden für den Patienten beigetragen.
Im Fall 1 wurde die Diagnose der Fraktur um mehrere Wochen verzögert. Es fehlte eine eindeutige Schmerzangabe.
Im Fall 2 wurden ebenfalls zunächst differenzialdiagnostisch andere Ursachen für die Symptomatik in den Vordergrund gestellt. Hätten die Ärzten von der Methadoneinnahme gewußt, so wären bei den beobachteten Symptomen mit hoher Wahrscheinlichkeit die richtigen Maßnahmen zur Reduktion des Sturzrisikos eingeleitet worden.
Fazit
Zusammenfassend ist aus Sicht der AkdÄ aber wahrscheinlich, dass Methadon die Verwirrtheit, Gangunsicherheit und letztendlich den Sturz in beiden beschriebenen Fällen ausgelöst oder zumindest begünstigt hat.