
Paracetamol gilt bislang als sicheres Analgetikum/Antipyretikum und wird in allen Stadien der Schwangerschaft verordnet bzw. rezeptfrei in der Apotheke abgegeben. Möglicherweise aber beeinflusst der Wirkstoff die Fertilität von Töchtern im Mutterleib.
Tierexperimentelle Studien zeigten eine verminderte Anzahl von Primordialfollikeln bei weiblichen Feten, nachdem Paracetamol in der Schwangerschaft zugeführt wurde. Die Autoren der Studie schlossen daraus auf eine mögliche Fertilitätsstörung im höheren Lebensalter. Das sei insbesondere besorgniserregend, weil Erstgebärende in den westlichen Industrieländern immer älter werden. Dr. David Møbjerg Kristensen vom Kopenhagener Universitätsklinikum und sein Team publizierten ihre Studienergebnisse im Fachjournal Endocrine Connections (2018; DOI: 10.1530/EC-17-0298).
Paracetamol vermindert Oozytenreserve
Die peripartale Sicherheit von Paracetamol gerät in jüngster Zeit ins Wanken. Erst im letzten Jahr wurde der Wirkstoff mit einer gestörten Entwicklung des männlichen Fortpflanzungssystems in Verbindung gebracht (2017; DOI: 10.1530/REP-17-0165). Möglicherweise wirkt sich Paracetamol auch auf weibliche Nachkommen aus. Kristensen und Kollegen untersuchten dafür wiederholt drei voneinander unabhängige tierexperimentelle Studien. Aktueller Forschungsschwerpunkt war der Einfluss von Paracetamol in der Schwangerschaft von Mäusen und Ratten auf die Oogenese der weiblichen Nachkommen.
Im Ergebnis wies der Wurf Paracetamol-exponierter Nager tatsächlich weniger Oozyten auf. Wie Frauen werden auch weibliche Nagetiere mit einer begrenzten Anzahl an Follikeln geboren. Sind diese aufgebraucht, setzt die Menopause ein. In diesem Zeitfenster endet die reproduktive Lebensspanne und eine Fortpflanzung ist auf natürlichem Weg nicht mehr möglich. Beim Menschen sinkt die Oozytenreserve natürlicherweise im Alter. Übertragen hieße das, je weniger Eizellen vorhanden sind, umso geringer ist die Chance auf Nachkommen für Spätgebärende, so die Wissenschaftler.
Größter Einfluss in Frühschwangerschaft
In Tiermodellversuchen erhielten trächtige Mäuse und Ratten Paracetamol in einer Dosis, die vergleichbar mit der ist, die schwangere Frauen zur Schmerzlinderung einnehmen. Paracetamol passiert wie Alkohol, Drogen und andere xenobiotische Substanzen die Plazentaschranke per Diffusion. So wird das Ungeborene mit dem Wirkstoff exponiert. Am stärksten beeinträchtige Paracetamol die Fertilität, wenn der Wirkstoff im Frühstadium der Schwangerschaft zugeführt wurde. Der deutlichste Rückgang an pränatal angelegten Primordialfollikeln wurde bei Mäusen 13,5 Tage nach der Befruchtung und bei Ratten 16,5 Tage postkoital verzeichnet. Dieser Gestationsabschnitt liegt analog zur 10. Schwangerschaftswoche bei Frauen und ist - Kristensen zufolge - besonders empfindlich für Störungen.
Relevanz bei schwangeren Frauen unklar
Paracetamol wird weltweit von Schwangeren angewendet, insbesondere bei Kopfschmerzen und Fieber. In Dänemark gab der Studie zufolge jede zweite Frau an, Paracetamol in der Schwangerschaft einzunehmen. In den USA liegt der Anteil bei 76 Prozent und in Frankreich nehmen nahezu 90 Prozent der schwangeren Frauen das Analgetikum. Noch ist nicht klar, ob sich die Studienergebnisse auf den Menschen übertragen lassen. Dazu sind weitere Beobachtungsstudien erforderlich. Möglicherweise gibt es aber tatsächlich einen Zusammenhang zwischen der pränatalen Einnahme von Paracetamol und Fertilitätsproblemen im Erwachsenenalter. Kristensen fügte hinzu: „Ein solcher Effekt, auch wenn er durch eine pränatale Paracetamol-Exposition nur gering ist, ist in der westlichen Welt, in der sich das Alter bei der Geburt ständig erhöht, problematisch.“