
Meldungen zu 39 Fällen schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkungen, einschließlich fünf Todesfällen, bei der Anwendung von diphenhydramin-/dimenhydrinathaltigen Antiemetika bei Kindern unter 3 Jahren veranlassten das BfArM im August 2017 ein Stufenplanverfahren, Stufe II, einzuleiten. Nun erklärte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte das Verfahren für abgeschlossen.
Neue Obergrenze für die Tagesdosis
Zur Risikominimierung wurde eine neue Obergrenze für die Tagesdosis von diphenhydramin-/dimenhydrinathaltigen Antiemetika, für Kinder unter 3 Jahren, bei oraler und rektaler Galenik eingeführt. Die neue Obergrenze für die Tagesdosis liegt bei 5 mg/kg Körpergewicht/24 Stunden. Eine Überschreitung dieser Obergrenze kann bei Kindern in der genannten Altersgruppe zu schwerwiegenden, mitunter lebensbedrohlichen, Nebenwirkungen führen und muss daher zwingend vermieden werden. Folgende Nebenwirkungen wurden am häufigsten gemeldet:
- Krampfanfälle
- Überdosis
- Somnolenz
- Pulsänderungen
Kein Einsatz bei leichter Gastroenteritis oder fieberhaften Infekten
Zusätzlich zur neu festgelegten Dosis-Obergrenze wurden neue Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen aufgenommen. Wie Studien zeigen konnten, haben Dimenhydrinat und Diphenhydramin zur Therapie einer leichten Gastroenteritis in der genannten Altersgruppe keinen Vorteil im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit einer Substitution von Flüssigkeit und Elektrolyten. Somit sollten diphenhydramin-/dimenhydrinathaltigen Antiemetika in diesem Fall nicht angewendet werden.
Bei Kleinkindern können diphenhydramin-/dimenhydrinathaltige Arzneimittel Krampfanfälle auslösen. Diese Patientengruppe neigt überdies zu Fieberkrämpfen, so dass Dimenhydrinat und Diphenhydramin nicht bei fieberhaften Infekten verabreicht werden sollte.
Gewichtsgrenze bei fester Formulierung
Diphenhydramin-/dimenhydrinathaltigen Antiemetika mit der Wirkstärke 70 mg, feste Formulierung, sind bei Kindern mit einem Körpergewicht unter 14 kg kontraindiziert.
Risiken der Anwendung bei Kleinkindern seit längerem bekannt
Die deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) publizierte bereits 2012, zusammen mit der Kommission für Arzneimittelsicherheit im Kindesalter (KASK), ein Positionspapier zu den Risiken bei der Anwendung von Antihistaminika der ersten Generation, insbesondere Dimenhydrinat und Diphenhydramin, bei Kleinkindern. Es wurde darauf hingewiesen, dass die genannten Antihistaminika der ersten Generation durch die Bindung an zerebrale H1-Rezeptoren, insbesondere bei Kindern, zentralnervöse Symptome auslösen können. Die zentralnervösen Symptome umfassen Benommenheit, bei toxischen Dosen Halluzinationen oder Krampfanfälle und bei Säuglingen einen möglichen Atemstillstand.
Die Anwendung zur Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen bei Reisekrankheit bei Säuglingen und Kleinkindern konnte in Studien nicht bestätigt werden, da vor allem Kinder zwischen 4 und 10 Jahren unter Kinetosen leiden.
Den vollständigen Text zur Anhörung finden Sie unten stehend.