Nierenversagen und Hyperkalzämie nach Vitamin-D-Überdosierung

Auch vermeintlich harmlose Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D können zu schweren Überdosierungen führen.

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Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) berichtet aktuell über zwei Fallberichte, in denen vermeintlich harmlose Vitamin-D-haltige Nahrungsergänzungsmittel aus dem Internet zu Überdosierungen führten. Beide Patienten (weiblich/männlich) substituierten ohne ärztliche Empfehlung täglich hohe Dosen Vitamin D. Ohne Hinweis auf andere ursächliche Erkrankungen entwickelte sich ein akutes Nierenversagen bei ausgeprägter Hyperkalzämie. Nach einer raschen therapeutischen Intervention besserte sich der Zustand der Frau. Der männliche Patient hingegen hatte nicht so viel Glück. Neben schweren Komplikationen entwickelte er eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz mit ausgeprägter tubulärer Schädigung und Mikroverkalkungen.

Fallberichte: Nierenversagen und Dialyse

Eine 78-jährige Patientin (Frau A) und ein 60-jähriger Patient (Herr B) entschlossen sich – ohne laborchemische Kontrolluntersuchung oder ärztliche Empfehlung - zu einer eigenständigen Vitamin-D Substitution. Frau A führte täglich 10.000 IE Vitamin D3 pro Tag zu, Herr B substituierte pro Tag 50.000 IE Vitamin D. Beide erlitten ein akutes Nierenversagen bei ausgeprägter Hyperkalzämie. Die Kalziumkonzentration der Patientin betrug 3,42 mmol/l bei einem Referenzbereich von 2,15 – 2,58 mmol/l. Von Herrn B sind keine Werte bekannt. Andere ursächliche Erkrankungen wie primärer Hyperparathyreoidismus, Sarkoidose oder Tumorerkrankungen konnten ausgeschlossen werden. Der Zustand der Patientin besserte sich unter forcierter diuretischer Therapie und peroraler Kortisongabe zufriedenstellend. Herr B entwickelte schwere Komplikationen und muss fortan mit einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz leben. Die Nierenbiospie zeigte ausgeprägte tubuläre Schädigungen mit Mikroverkalkungen, passend zur hyperkalzämischen Schädigung.

Wissenswertes zu Vitamin D

Vitamin D gehört zu den fettlöslichen Vitaminen. Es wird insbesondere zur Aufrechterhaltung der physiologischen Kalzium- und Phosphatkonzentration im Serum benötigt und spielt eine zentrale Rolle im gesunden Knochenstoffwechsel. Ausgangsstoff von Calcitriol (wirkungsvollste Form von Vitamin D) ist Cholesterin. Zunächst wird Cholesterin in der Leber zu 7-Dehydrocholesterin (Provitamin D3) umgebaut. Das Provitamin gelangt in die Haut, in der mit Hilfe von UV-Strahlung Cholecalciferol (Vitamin D3) gebildet wird. Über weitere Zwischenschritte in Leber und Niere entsteht dann Calcitriol. Wenn die endogene Produktion nicht ausreicht wie beispielsweise bei Mangelernährung oder unzureichender UV-Bestrahlung, können Vitamin D3 oder Vitamin D2 oral substituiert werden. Dabei genügt üblicherweise eine Dosierung von 800 IE pro Tag.

Überdosierung von Vitamin D

Da Vitamin D zu den fettlöslichen Vitaminen gehört, ist bei einer erhöhten Zufuhr mit Überdosierungserscheinungen zu rechnen. Deshalb sollten höhere Dosierungen von Vitamin D – falls erforderlich – nur unter ärztlicher Aufsicht und bei regelmäßiger Labor-Kontrolle des Vitamin-D-Spiegels erfolgen. Überdosierungen gehen mit einem erhöhten Risiko für eine Vitamin-D-Intoxikation einher, die sich als Hyperkalzämie und Niereninsuffizienz manifestieren kann. Weitere Symptome einer Vitamin-D-Überdosierung sind psychische Veränderungen in Form von Müdigkeit, Leistungsschwäche und depressiver Verstimmung, gesteigertes Durstgefühl und vermehrtes Wasserlassen. Auch dyspeptische Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen sowie Arthralgien, Hypertonie, Arrhythmien, Pseudogicht, Pruritus und Myasthenie (insbesondere in den Oberschenkeln) können Anzeichen einer Vitamin-D-Intoxikation sein.

Modedroge Vitamin D

Vitamin D avanciert momentan zu einer echten „Modedroge“. Möchte man den (zum Teil pseudowissenschaftlichen) Meldungen im Internet glauben, hat fast jeder Mensch ein Vitamin-D-Defizit und es gibt kaum ein Organsystem, das nicht positiv auf Vitamin D anspricht. In Wahrheit aber sind positive Wirkungen von Vitamin D auf nicht-skelettale Erkrankungen überwiegend nicht belegt. Vielmehr wird vor einer eigenmächtigen hochdosierten Vitamin-D-Substitution gewarnt. Aus gutem Grund sind Vitamin-D-haltige Fertigarzneimittel mit einer Tagesdosis über 1000 IE in Deutschland verschreibungspflichtig. Wie aber in den oben beschriebenen Fällen geschehen, können hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel (mitunter von ausländischen Anbietern) über das Internet bezogen werden – mit fatalen Folgen.

Autor:
Stand:
07.12.2017
Quelle:

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)

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